14. Juli 2014
In der zweiten Runde des Sparkassen Chess-Meetings errang Mitfavorit Fabiano Caruana gegen Ruslan Ponomarjow seinen zweiten Sieg und führt damit allein die Tabelle an. Der 22-jährige Italiener glänzte nach couragiertem Angriff am Ende mit einem hübschen Turmopfer, wonach der Exweltmeister aus der Ukraine das Matt nicht verhindern konnte.
Wie Caruana hatte auch Georg Meier am Sonntag gegen Peter Leko die weißen Steine. Die Partie zwischen dem Großmeister aus Trier und dem Ungarn ging nach knapp zwei Stunden als erste mit einem Remis zu Ende. Meier spielte Katalanisch und war damit gut beraten. Hinterher sagte er: "Ich überlege schon seit drei Jahren, was ich gegen Peter spiele. Inzwischen fand ich einige Ideen, wie man ihm begegnen kann." Am Sonntag hatte Georg keine große Mühe, ein Unentschieden zu erzielen. In der Partie kam es schon früh zu Vereinfachungen, und im 27. Zug blieben nur noch ungleichfarbige Läufer und je fünf Bauern übrig. Damit war die Punkteteilung perfekt. Mit 1,5 Punkten nach zwei Runden, und das gegen die erfahrenen Kramnik und Leko, könne er sehr gut leben, sagte Georg.
Im deutsch-deutschen Duell lieferten sich David Baramidze und Arkadij Naiditsch ein scharfes Gefecht. David startete mit Weiß einen riskanten Angriff am Damenflügel und nahm dafür eine schlechtere Bauernstruktur in Kauf. Nach einem Versehen büßte er einen Springer ein und musste Arkadij nach tapferer Gegenwehr zum Sieg gratulieren.
Im Spiel zwischen den Turniersenioren Michael Adams und Wladimir Kramnik sah der Russe mit zei Mehrbauern lange Zeit wie der sichere Sieger aus, doch der Engländer verteidigte sich heldenhaft und entschlüpfte ins Remis.
Stand nach 2 Runden: 1. Caruana 2,0 Punkte; 2. - 3. Meier, Naiditsch je 1,5; 4.-5. Adams, Leko je 1,0; 6.-7. Kramnik, Ponomarjow je 0,5; 8. Baramidze 0
Am Sonntag waren alle vier Partien schneller vorbei als zum Auftakt. Die Erklärung ist einfach: Kein Großmeister wollte das Finale der Fußball-WM in Rio de Janeiro zwischen Deutschland und Argentinien verpassen. Auch Wladimir Kramnik, der einen Fehlstart im Turnier hatte, war sehr darum bemüht, seine Partie gegen Adams noch vor dem Anpfiff zu beenden. Er hätte sich auch ein Finale Deutschland – Niederlande wie 1974 vorstellen können, sagte er. Doch es sei anders gekommen. Kramnik drückte wie die meisten Dortmunder Turnierteilnehmer Deutschland die Daumen, das einen großartigen Fußball spiele und eindeutig Favorit sei. So dachten auch Michael Adams, Arkadij Naiditsch und David Baramidze. Der Ukrainer Ruslan Ponomarjow hingegen tippte auf einen Sieg Argentiniens.
Georg Meier war gespalten und machte keinen Hehl daraus, dass sein Herz für Südamerika schlägt. Weil seine Mutter aus Uruguay stammt, „dem kleinen Bruder Argentiniens“, wie der Großmeister sich ausdrückte. „Ich habe sehr viel Zeit in Argentinien verbracht und deshalb eine persönliche Beziehung zu diesem Land.“ Dennoch sei Deutschland natürlich der Favorit.
Der Ungar Peter Leko ist nicht nur großer Fußballfan, sondern der beste Kicker unter den Großmeistern, die dieses Jahr in Dortmund starteten. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für Rasenschach und zeigte diese überall auf der Welt, wo er bei Turnieren die Figuren bewegte. Auch zu Deutschlands Finalgegner Argentinien hat Leko eine besondere Beziehung, wie er uns auf eine spezielle Frage hin erzählte. 1994 als 14-Jähriger startete er bei einem Schachturnier in Buenos Aires. Nachdem er den Journalisten von seiner Fußball-Leidenschaft erzählt hatte, nahmen sie ihn sogleich zu einem Match von River Plate Buenos Aires mit. Noch heute erinnert sich Leko gern daran:
„Das war ein großes Fest und Riesenerlebnis für mich. Nach dem Spiel ließen sie mich in die Umkleidekabine. Trainer war die Fußball-Legende Daniel Passarella, und der Torwart war Sergio Goycochea. Sie machten sofort ein Foto mit mir, und am nächsten Tag erschien das Bild auf der Titelseite der Sportzeitung. Das war ein unglaubliches Erlebnis. Obwohl ich noch sehr jung war, verstand ich, dass Fußball in Argentinien alles bedeutet.“
Fachkundig äußerte sich Leko zum jetzigen WM-Finale in Rio: „Im Endspiel ist Deutschland klarer Favorit für mich. Nicht nur, weil Di Maria wohl nicht fit sein wird, er ist ein großer Spieler am Flügel. Argentinien ist als Mannschaft sehr kompakt und ein ganz unangenehmer Gegner. Sie spielen vielleicht nicht so attraktiv, aber sehr effektiv. Das wird schon eine große Herausforderung für die Deutschen. Doch sie werden es packen. Die DFB-Elf spielt im Moment wahrscheinlich den attraktivsten Fußball überhaupt. Er ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch effektiv. Wenn jemand die Argentinier schlagen kann, dann ist es die deutsche Nationalmannschaft. Ich werde mir das Endspiel im Spielerhotel in einer großen Runde ansehen und drücke der deutschen Mannschaft von Beginn an die Daumen. Wie ich weiß, tun das auch sehr viele meiner Freunde in Ungarn. Es wird sicher ein interessantes Match.“
Dagobert Kohlmeyer
Dieser Artikel erschien im Original auf www.sparkassen-chess-meeting.de
Br. | Weiß | Elo | Ergebnis | Schwarz | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | Fabiano Caruana | 2789 | 1:0 | Ruslan Ponomarjow | 2723 |
2 | Georg Meier | 2632 | ½:½ | Peter Leko | 2737 |
3 | Michael Adams | 2743 | ½:½ | Wladimir Kramnik | 2777 |
4 | David Baramidze | 2616 | 0:1 | Arkadij Naiditsch | 2705 |
Pl. | Spieler | Elo | Land | Pkt. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 |
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1. | GM Fabiano Caruana | 2789 | ITA | 2,0 | x | 1 | 1 | |||||
2. | GM Arkadij Naiditsch | 2705 | GER | 1,5 | x | ½ | 1 | |||||
2. | GM Georg Meier | 2632 | GER | 1,5 | x | ½ | 1 | |||||
4. | GM Peter Leko | 2737 | HUN | 1,0 | ½ | x | ½ | |||||
4. | GM Michael Adams | 2743 | ENG | 1,0 | ½ | x | ½ | |||||
6. | GM Wladimir Kramnik | 2777 | RUS | 0,5 | 0 | ½ | x | |||||
6. | GM Ruslan Ponomarjow | 2723 | UKR | 0,5 | 0 | ½ | x | |||||
8. | GM David Baramidze | 2616 | GER | 0,0 | 0 | 0 | x |
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 9927