2. August 2017
Der zweite Tag bei den Young Masters und dem Womens Open im Erfurter Radisson Blu Hotel hielt alles was der erste Tag bereits als Versprechung andeutete. Kampfschach, Nervenkitzel und ganz großes Drama. Nachdem Marina Brunello zur Eröffnung der Runde den Preis für die Partie des Tages erhielt, wurden die mit Energydrinks von Umweltgerechte Kraftanlagen (UKA) ausgestatteten Damen im Young Masters und Womens Open in die dritte Runde geschickt. Die Partien im 17. Stock mit großartigem Ausblick auf Erfurt legten los wie die Feuerwehr. In der Partie zwischen Karina und Irina konnte Schwarz schnell einen leichten Vorteil dank des Läuferpaars erreichen. Karina schien die Gefahr zu merken und beschränkte sich anschließend nur auf die Verteidigung und das mit Erfolg! Am Ende stand die Punkteteilung, auch wenn sich Karina mit den weißen Steinen sicherlich erhofft hätte ein wenig mehr Druck ausüben zu können.
Im Duell der beiden Deutschen Meisterinnen Teodora Rogozenco in der u18 weiblich und Jana Schneider bei den Frauen insgesamt, behielt Jana die Oberhand. Zunächst konnte Jana gegen das Läuferpaar eine schöne weißfeldrige Blockade aufbauen. Diese begann jedoch nach einigen ungenauen Zügen zu bröckeln. Als Teodora sich bereits in Vorteil wähnte, kam der überraschende Einschlag auf d4 und die Partie war für Teodora verloren. 0 aus 3 sind für die junge Hamburgerin nicht die erhoffte Ausbeute, doch 6 weitere Runden laden dazu ein noch viele weitere Punkte zu sammeln.
Die Co-Führende Sarah Hoolt überraschte Filiz Osmanodja mit der französischen Verteidigung. Wie bereits in der ersten Runde griff Sarah am Damenflügel an. Alle Details der Partie könnt ihr in der Partieanalyse erfahren. Sarah konnte mit einem genialen Turmmanöver c8-c3-a3-a2 die Partie für sich entscheiden.
Deutlich gradliniger war der Sieg von Marina Brunello. Sie opferte bereits frühzeitig einen Bauern, bekam dafür jedoch hervorragendes Gegenspiel auf den schwarzen Feldern. Stück für Stück, ohne zu überhasten, ging sie gegen Fiona Siebers König vor und brachte ihn in Bedrängnis. Schlimmeres ließ sich irgendwann nur noch mit der Hergabe von Material verhindern, was letztendlich im vollen Punkt für Marina mündete.
Die letzte Partie im Young Masters war die Begegnung zwischen Atousa mit Schwarz und Josefine Heinemann. Josefine spielte fröhlich mit dem isolierten Bauern, bei vollem Brett und hatte immer einen leichten Vorteil bis es in ein, laut Engine, ausgeglichenes Endspiel ging. Doch dieses Endspiel war deutlich unangenehmer als es die trockene 0.00-Bewertung der Engine vermuten lässt. Mit einem gekonnten Bauernopfer zur weiteren Aktivierung des eigenen Königs erhöhte Josefine den Druck, dem Atousa letztendlich nicht standhalten konnte. Damit holt Josefine ihre erste 1, während Atousa weiter auf ihren ersten Sieg wartet.
Dass im Womens Open nun langsam die Favoritinnen gegeneinander spielen, sieht man daran, dass 4 der ersten 5 Bretter Remis ausgingen. An Brett 1 gab es jedoch eine Entscheidung. Subbaraman Vijayalakshmi gewann gegen die junge Georgierin Nini Chomeriki. Zwar behandelte Nino die Partie in der Eröffnungsphase deutlich besser, doch im weiteren Verlauf übernahm die ehemalige indische Nummer 1 die Kontrolle über die Stellung und führte die Partie gekonnt zum Sieg. Ein weitere Spielerin mit 100 %, also 3 aus 3, ist Ilze Berzina. Die in Riga arbeitende Rechtsanwältin und Nummer 1 der lettischen Rangliste konnte die letzte deutsche Spielerin mit 100% Lena Mader in die Knie zwingen. Die Partie war aber wahrlich nicht einseitig, zunächst konnte sich Lena einen klaren Vorteil erarbeiten, doch Ilze blieb geduldig, übernahm im richtigen Moment die Geschicke der Partie und überspielte ihre Gegnerin. Den Club 100% machte fast unsere Schachfreundin aus dem Iran komplett. In einem Endspiel mit 2 Läufern und 2 Bauern gegen Springer und 4 Bauern musste Mitra Hejazipour viel Technik gegen die zähe Verteidigung der Tschechin Karolina Orlsarova beweisen. Sie versuchte alles, aber am Ende musste die junge Iranerin nach langem Kampf ins Remis einwilligen.
Um 16 Uhr ging es also direkt zur 4. Runde des Young Masters und des Womens Open. Alexandra Kostenjuk schaute bereits gestern morgen im Turniersaal des Open vorbei um ihre Tochter zum Spielsaal zu bringen. Auf die Frage, ob sie gut geschlafen hätte und bereit sei für den Kampf, kam ein optimistisches Lächeln. Wir konnten uns also nicht nur auf eine großartige vierte Runde bei den beiden Hauptturnieren freuen, sondern auch auf eine angriffslustige Alexandra in ihrem Match gegen die führende Elisabeth Pähtz.
Klaus Steffan
Wenn einer der Männer hinter diesem Schachfestival nervös durch die Gänge des Radisson Hotels tigert, dann kann das mehrere Gründen haben. Es könnte zum Beispiel ein Fehler bei der Organisation des Turniers aufgetreten sein. Doch wie Spielerinnen aller Turniere bestätigen war dies bis jetzt nicht der Fall. Es könnte auch sein, dass er auf den Fahrstuhl wartet, der immer noch nicht im 17. Stock angekommen ist. Wenn man allerdings beim Erfurter Frauenschachfestival ist, dann ist klar, dass dieser Mann Thomas Pähtz ist, der sich noch nicht zu sehr über den anstehenden zweiten Sieg in Folge von seiner Tochter Elisabeth gegen die ehemalige Weltmeisterin Alexandra Kostenjuk freuen will, da wie wir alle wissen im Schach immer noch eine ganze Menge passieren kann, bis die Tinte auf dem Partieformular getrocknet ist. Doch wenige Minuten nachdem sich diese Szene abspielte, kam eine glückliche Elisabeth Pähtz durch die Tür des Organisationsbüros und nahm die Glückwünsche der versammelten Mannschaft entgegen. Nach einer heißen Partie in der italienischen Eröffnung, in der die Erfurterin einen Bauern opferte und dafür einen Monster-Springer auf e5 erhielt, entschied sich die Partie in der Zeitnot-Schlacht. Am Ende gewann die Spielerin, die wie man als Sportkommentator sagen würde „mehr für die Partie gemacht hat“, verdient und führt nun 2:0 gegen Alexandra. Aber die sympathische Russin wird sich natürlich nicht geschlagen geben und versuchen heute im Schnellschach zu zeigen, dass ein 2:0-Rückstand noch nicht das Ende der Welt und vor allem nicht das Ende dieses Wettkampfes ist.
Jonathan Carlstedt
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 22194