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Interview mit Dennis Wagner

9. Februar 2015

Dennis Wagner Gibraltar 2015

Tradewise Gibraltar Chess Festival

Am 5. Februar ging das Tradewise Gibraltar Chess Festival zu Ende und Dennis Wagner daraus als Star hervor. Jonathan Carlstedt hat Dennis zu seinem Erfolg in Gibraltar befragt:

J.C.: Zunächst herzlichen Glückwünsch zu Deinem großartigen Ergebnis auf Gibraltar, du hast 7,5 aus 10 gemacht, Platz 6 belegt und gewinnst 34,6 Elopunkte. Wie habt ihr dieses grandiose Ergebnis gefeiert? D.W.: Nach dem Galadinner mit Siegerehrung, welches bis Mitternacht ging, habe ich noch einige Stunden mit meinen Freunden Alexander und Rasmus, sowie GM Naroditsky aus den USA geblitzt. 

J.C.: In meinem letzten Bericht habe ich Dich "der Unglaubliche"? genannt. Gefällt dir der Spitzname oder muss daran noch gefeilt werden?

D.W.: Der Spitzname beschreibt wohl ganz gut die besondere Leistung in Gibraltar, aber bei den nächsten Turnieren geht es wieder von vorne los.

J.C.: Zum Turnier: Während des Turniers wurdest Du vom Bundestrainer GM Dorian Rogozenco betreut. Kannst du uns einen Eindruck vom Tagesablauf bei einem solchen Turnier geben?

D.W.: 9 Uhr: Wecker, 9:30 Uhr: Frühstück, 10-12.00 Uhr: Vorbereitung mit Dorian und alleine, 12.30 Uhr: Spaziergang an der frischen Luft, 13 Uhr: Mittagessen, ab 14 Uhr: etwas Entspannung vor der Partie, 15 Uhr: Beginn der Schachpartie.
Nach der Partie haben wir dann noch zusammen zu Abend gegessen und die Partien des Tages besprochen. Generell mag ich es, bei einem Turnier mehr oder weniger die selbe Routine beizubehalten.

J.C.: In der zweiten Runde wartete Super-GM Peter Swidler auf Dich, wie hast du es geschafft Dich auf die Partie zu konzentrieren und nicht vor diesem großen Namen zu erstarren? Wie beurteilst Du die Partie gegen Swidler?

D.W.: Ich war natürlich etwas aufgeregt, gegen einen solch starken Spieler antreten zu dürfen, habe mich aber auch auf die Erfahrung gefreut. Gegen seine Grünfeld-Verteidigung habe ich eine recht seltene, aber sichere Variante ausgewählt. Er verbrauchte viel Zeit und nach der Eröffnung hatte ich eine leicht angenehmere Stellung trotz Minusbauern plus Zeitvorteil. Dennoch gelang es ihm recht überzeugend, meinen leichten Druck zu neutralisieren, sodass die Partie schließlich ins Remis verflachte.

J.C.: Danach hast Du 3,5 aus 4 geholt, u.a. mit Siegen gegen Grandelius und Bologan. Was waren die Eckpfeiler für diese guten Ergebnisse und wie hast Du es bei all den Erfolgen geschafft, Dich wieder auf die nächste Partie zu konzentrieren?

D.W.: Besonders wichtig war die Partie gegen Grandelius, mein erster Sieg gegen einen elomäßig Stärkeren. In dieser Partie gelang es mir, meinen Gegner zeitlich unter Druck zu setzen und nachdem ich ihn in einem ausgeglichenen Endspiel vor Probleme stellte, brach er dann in Zeitnot zusammen. Danach begann das Turnier eindeutig in die richtige Richtung zu laufen. Trotz der guten Ergebnisse habe ich immer versucht, objektiv zu bleiben, ohne in den Partien fahrlässig zu werden.

J.C.: In der siebten Runde hast Du neben Topalow gegen GM Bachmann gespielt, in der Eröffnung schien Topalow mehr an Deiner als an seiner Partie interessiert zu sein. Wie ist es auf Augenhöhe mit all den Weltstars zu stehen?

D.W.: Natürlich ist es sehr interessant, mit so vielen starken Spielern im gleichen Turnier zu spielen. Besonders Supergroßmeister wie Topalow, Nakamura und Swidler trifft man eher selten in einem Open. Die Aussicht, gegen solche Spieler antreten zu dürfen, hat mich weiter motiviert.

J.C.: Gegen Bachmann musstest du Deine einzige Niederlage quittieren, trotzdem ging es weiter mit den 2600ern als Gegner. Gewöhnt man sich im Laufe des Turniers daran, ständig gegen 2600er zu spielen?

D.W.: Ich habe wirklich sehr viele 2600er-Gegner im Turnier abbekommen und gezeigt, dass ich mit ihnen bereits gut mithalten kann und sie auch besiegen kann. Aber ich wurde auch mit ein paar 2700ern konfrontiert. Diese haben während der Partie einen erheblich stärkeren Eindruck auf mich gemacht. Gegen Spieler dieses Kalibers erhielt ich nie reale Gewinnchancen, aber immerhin remisierte ich alle meine Partien gegen sie.

J.C.: Die letzten 3 Runden waren ein weiteres Highlight, Du hast 2,5 aus 3 gegen einen Schnitt von 2660 gemacht. Hast Du damit gerechnet, dass Du nach der Niederlage noch stärker zurückkommst?

D.W.: Mit so einem Abschluss des Turniers war natürlich nicht zu rechnen. Aber nach der Niederlage wollte ich mich unbedingt wieder zurück an die Spitze des Turniers kämpfen.

J.C.: Im Laufe des Schachjahres arbeitest Du sehr viel und eng mit dem Bundestrainer zusammen. Bei solchen Turnieren geht es vor allem um Eröffnungsvorbereitung und die richtige Einstellung. Kannst Du uns ein paar Geheimnisse aus eurer Arbeit verraten, wie man sich auf solche starke Gegner vorbereitet und wie man die richtige Einstellung findet?

D.W.: Bei einem solchen Turnier ist das wichtigste häufig nicht die tiefe Analyse einer Variante, sondern die richtige Wahl der Eröffnung, sowie die korrekte Einstellung zur Partie und zu dem Gegner. In diesen Aspekten der Vorbereitung hat mir Dorian am meisten geholfen und ich bin für die gute Zusammenarbeit sehr dankbar.

J.C.: Nach diesem Turnier bist Du bei über 2550 Elo, wohin verschlägt es Dich als nächstes?

D.W.: Ich versuche, nach wie vor, die 2600 anzupeilen. Als nächstes großes Event steht im April das Aeroflot Open in Moskau an.

J.C.: Nochmals herzlichen Glückwunsch zu dem guten Turnier und vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast.

// Archiv: DSB-Prinzen // ID 19390

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