7. März 2025
Wenn es darum geht, das Frauenschach in Deutschland zu fördern, fällt immer wieder auch ein Vorschlag: Es sollte hierzulande mehr attraktive Frauenturniere geben. Die Jussupow-Schachschule, eine gemeinnützige GmbH, leistet aktuell im bayerischen Schwaben einen wertvollen Beitrag. In Zusammenarbeit mit der Schachgesellschaft Augsburg 1873 findet das offene Internationale Turnier zum Weltfrauentag am 8. März statt. Das Turnier läuft nun den dritten Tag – und ist ein Musterbeispiel dafür wie es gehen kann. Ein Mix aus Mädchen-Breitenschach und Frauen-Leistungsschach (IM-Normen sind möglich), mit knapp 50 Teilnehmerinnen. „Wir haben hier ein sehr hohes Niveau, auch in taktischer Hinsicht“, sagt Turnierdirektor GM Artur Jussupow.
Manchmal, sagt WFM Nadja Jussupow, sei doch die Rechnung ganz einfach: „Wo Frauen sind, sind auch Mädchen. Denn wenn die Mama Schach spielt, komme ich doch als Kind schnell auf die Idee, ihr nachzueifern. Die Mama ist doch ein Vorbild.“ Auf diesem, irgendwie logischen, Familieneffekt setzen sie auch in Augsburg. „Mit diesem Turnier steuern wir unseren Teil bei und schaffen mit eine Grundlage dafür, dass die Basis im Mädchen- und Frauenschach irgendwann breiter wird“, sagt Nadja Jussupow, die in Augsburg Hauptschiedsrichterin ist – aber vor allem auch eine Mission als DSB-Referentin für Frauenschach hat. Dabei darf sie auch auf die Unterstützung von deutschen Top-Spielerinnen wie GM Elisabeth Pähtz und WGM Josefine Heinemann zählen. Auch sie haben ihren Anteil daran, dass in Augsburg gerade ein Turnier die Brücke vom Mädchen- zum Frauenschachsport schlägt.
Regelmäßig bringen sich Pähtz und Heinemann in der Jussupow-Schachschule als Trainerinnen im Online-Bereich ein. Die Frontfrau im deutschen Frauenschach, Elisabeth Pähtz nennt das „eine Herzensangelegenheit. Es macht einfach Spaß, den Mädchen was mitzugeben“. Und natürlich sind die beiden Nationalspielerinnen auch Vorbilder für die Titelträgerinnen von morgen. Bis zu 50 Mädchen sind bei diesen Online-Kursen mit Pähtz, Heinemann und anderen starken Spielerinnen dabei – und ein Teil dieser Schach-Schülerinnen sitzt nun in Augsburg auch am Brett der B-Gruppe. Das Teilnehmerfeld ist sehr jung, besteht sogar überwiegend aus Kindern und Jugendlichen. „Das ist das Resultat unseres Mädchenschach-Projektes“, sagt Nadja Jussupow, die gemeinsam mit ihrem Mann Artur Jussupow Basisarbeit leistet. „Es geht darum, die Mädchen erst zu begeistern – und sie dann nicht zu verlieren, sondern an das Wettkampfschach heranzuführen“, sagt die DSB-Referentin: „Das geht nicht auf Knopfdruck, sondern ist ein Entwicklungsprozess.“
Jussupow wird auch beim anstehenden DSB-Kongress, im Mai in Paderborn, mit einigen Anträgen um die weitere Förderung des Frauenschachs kämpfen. In diesem Jahr dürfte sie womöglich dafür leichter Gehör finden, denn der DSB hat gemeinsam mit der Deutschen Schachjugend eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um perspektivisch die mageren neun Prozent an weiblichen Mitgliedern im Verband möglichst zu verdoppeln. „Ich weiß, dass im Bundeskongress, der mich ja auch als Referentin gewählt hat, viele mit einem Herz für Frauenschach sitzen – auf deren Stimme zähle ich bei meinen Anträgen.“ Man darf gespannt sein.
Einstweilen aber der Sport in Augsburg im Mittelpunkt. Geht es in der B-Gruppe vor allem um Spaß und Spielpraxis für die 19 Mädchen und jungen Frauen, herrscht in der A-Gruppe ein harter Konkurrenzkampf um die Preisgelder. Die Siegerin bekommt am Ende der sieben Runden immerhin 2000 Euro, die Zweitplatzierte noch 1500 Euro und die Dritte noch 1000 Euro. „Es geht auch darum, solche Turniere zu schaffen, damit starke Frauen, die beruflich auf Schach setzen, auch vor der Haustür spielen können – und nichts ins Ausland zu Turnieren müssen“, sagt Nadja Jussupow. Turnierdirektor Artur Jussupow sagt: „Es sind enge und spannende Spiele, oft von sehr viel Taktik bestimmt. Es macht großen Spaß, das zu verfolgen, die die Spielerinnen um jeden Punkt kämpfen.“
In Gruppe A fand mittlerweile der erste Doppelrunden-Tag statt und brachte einige überraschende Ergebnisse. Die Tabellenführung übernahm danach WIM Mariia Manko aus der Schweiz, die mit taktischen Mitteln zwei Internationale Meister besiegte – zunächst Mai Narva (Estland) und anschließend Anna Zatonskykh (USA). Damit steht sie mit drei Punkten aus drei Partien an der Spitze. Nicht weniger überraschend ist die Glückssträhne von Mariya Anissimova (Deutschland). Ursprünglich für Gruppe B angemeldet, wurde sie aufgrund eines Elo-Zuwachses in die A-Gruppe hochgestuft. Sie erhielt in der ersten Runde ein Freilos und profitierte in der zweiten Runde davon, dass WGM Beloslava Krasteva (Bulgarien) in Gewinnstellung einen taktischen Schlag übersah. In der dritten Runde hatte Anissimova sogar Chancen auf einen Sieg gegen IM Deimante Daulyte-Cornette (Frankreich), musste sich jedoch mit einem Remis zufriedengeben. Gut dabei im Teilnehmerfeld ist auch noch WGM Kateryna Dolzhykova (Deutschland), die ebenfalls 2,5 Punkte hat.
Das Turnier geht noch bis Sonntag, über insgesamt neun Runden. Spielort ist das Hotel am alten Park, Frölichstraße 17. Das Turnier wurde vom dritten Augsburger Bürgermeister Bernd Kränzle eröffnet, Schirmherr ist Prof. Dr. Robert K. Frhr. von Weizsäcker. Die Haupttrophäe „Vera“ wurde von der Emanuel-Lasker-Gesellschaft gespendet. (mw)
// Archiv: DSB-Nachrichten - Frauenschach // ID 36328