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Mongolei gewinnt die Interkontinentale Onlinemeisterschaft für Gefangene

12. November 2021

Mongolei, Gewinner der Meisterschaft

Nachdem bereits 2019 eine Gefängnis-Weltmeisterschaft (ohne deutsche Beteiligung) stattfand, hat die FIDE am 13. und 14. Oktober in Zusammenarbeit mit dem Sheriff von Cook County (Illinois/USA), Tom Dart, eine interkontinentale Onlinemeisterschaft für Gefangene durchgeführt. Die Meisterschaft war Bestandteil des Anfang des Jahres gestarteten Projektes "Schach für die Freiheit", mit dem die FIDE die Bildung und die Resozialisierung der Gefangenen unterstützen will. Unterstützer des Projektes sind u.a. auch die Exweltmeister Anatoli Karpow und Nona Gaprindaschwili.

43 Mannschaften aus 31 Ländern waren am Start, darunter eine deutsche Mannschaft mit Häftlingen der JVA Berlin-Tegel. Gespielt wurde mit Viererteams und einer Bedenkzeit von 10 Minuten plus fünf Sekunden zusätzlich je Zug. Nach Vor- und Zwischenrunde hatten es die Mongolei und Simbabwe in das Finale geschafft. Im ersten Wettkampf setzte sich Simbabwe mit 2½:1½ durch, doch mit einem 3:1 im Rückkampf holte sich die Mongolei den Gesamtsieg.

Sheriff Tom Dart und FIDE-Präsident Arkady Dvorkovitch

Der mongolische Sieg war nach Meinung der mongolischen IM und WGM Batchimeg Tuvshintugs keine große Überraschung. Die Nationalspielerin verwies in einem Interview auf das hohe Amateurniveau des mongolischen Schachs. In allen Gefängnissen des Landes spielt Schach schon seit 1956 eine große Rolle. Auch FIDE-Präsident Arkady Dvorkovitch fand lobende Worte für den Sieger und die unterlegenen Afrikaner:

Ich möchte der Mongolei zum Sieg gratulieren und Simbabwe zum zweiten Platz. Dies sind großartige Errungenschaften und eine große Inspiration für viele Menschen, die sich der Schachgemeinschaft anschließen. Ich war ein paar Tage zuvor mit dem Sheriff von Cook County, Tom Dart*, in Chicago, um das US-Team vor Ort im Gefängnis zu begrüßen, und hatte ein schönes Gespräch über Schach und spielte mit einem der Insassen eine Partie. Für mich persönlich und für die FIDE ist es eine große Inspiration, dieses Projekt fortzusetzen und auf immer mehr Länder auszudehnen. Und ich hoffe, dass Sie als die besten Mannschaften dieser Meisterschaft Ihre Erfahrungen teilen und weiterhin Schach lernen und Schach spielen und diese Liebe an andere Menschen in Ihrer Umgebung weitergeben.

*Tom Dart hat vor zwanzig Jahren die Idee zum Schach in Gefängnissen entwickelt und ist Initiator dieser interkontinentalen Meisterschaft.

Die deutsche Mannschaft

Pfarrer Stefan Friedrichowicz arbeitet seit 2010 in der JVA Tegel. Während seiner seelsorgerischen Tätigkeit fragte er die Gefangenen, ob sie Schachspielen könnten. Und spielte mit ihnen eine Partie. Daraus entstand die Idee zu einer Schachgruppe, das Spielmaterial spendierten Sponsoren. Die 8 bis 10 Bretter waren ständig besetzt und es fanden sich schnell starke Leute, die beim Training und Spielen hinzukamen.
Durch Michael Beuster wurde der Kontakt zum Berliner Schachverband (BSV) aufgebaut. Der damalige Präsident, Carsten Schmidt, spielte wenig später selbst Simultan in der JVA. Er war damals der zweite Simultangeber nach Beuster (DWZ ca. 1900) selbst. Nach ihm folgte mit Robert Rabiega sogar ein Großmeister.
Die Zusammenarbeit mit dem BSV ermöglichte der JVA-Schachgruppe ab 2014 die Teilnahme an der Berliner Feierabendliga, einem Mannschaftswettbewerb unter der Woche an den Spielabenden der Vereine. Sämtliche Wettkämpfe fanden in der JVA Tegel statt.

Auf die interkontinentalen Meisterschaften der FIDE wurde die Schachgruppe durch ihren Trainer Frank van Hasselt aufmerksam. Van Hasselt, der vor Kurzem am Rising-Stars-Turnier in Berlin teilnahm, nahm Kontakt mit dem Weltverband auf. In der Schachgruppe kamen 6-8 Spieler in die engere Auswahl für die deutsche Mannschaft. Vier schafften es schließlich in das endgültige Aufgebot.

Friedrichowicz und Beuster berichteten einige Tage später auf YouTube in einer dreiteiligen Serie vom Turnier und stellten einige schöne Partiefragmente vor. Deutschland spielte eine sehr erfolgreiche Vorrunde, mußte dann aber in der Zwischenrunde die Konkurrenz ziehen lassen.

Nach 3. ... Sd4
Nach 3. ... Sd4

Der deutsche Spieler hatte mit Schwarz hatte den seltenen (und schlechten) Zug Sc6-d4 gemacht und Weiß zum Nehmen auf e5 eingeladen. So kam es auch: 4. Sxe5?? Dg5! Schwarz ignoriert den Angriff auf f7 und nimmt seinerseits den Punkt g2 und e5 aufs Korn. Nach 5. Lxf7+ Ke7 6. Sf3?? Dxg2 7. Sxd4 Dxh1 7. Ke2 De4+ wurde es Zeit für Weiß langsam aufzugeben.

Nach 1. ... Df6
Nach 1. ... Df6

An Brett 2 gegen Palästina kam es zu nebenstehender Stellung. Weiß (Herr H. von der JVA) nahm sich hier zweieinhalb Minuten Zeit und zog dann 2. Tfe1! Nach 2. ... Dxb2 kam a tempo 3. Se5! Schwarz ahnte noch nichts Schlimmes und schnappte sich auch noch den Läufer: 3. ... Dxb5. Nach 4. Sg4! war die Stellung schon aufgabereif.

1. Teil

2. Teil

3. Teil

Trailer

Übertragungen der FIDE

Vorrunde

Zwischenrunde

Finale

Ergebnisse Vorrunde

Gruppe 1

Pl. Mannschaft Land Pkt. 1 2 3 4 5 6 7
1. Philippinen 15,5 x 2 4 1
2. Mongolei 14,0 2 x 2 4
3. Vereinigte Arabische Emirate 10,5 ½ x 3 3
4. Armenien 8,5 0 2 1 x 3
5. Australien 6,5 ½ 0 1 x 3
6. Kirgistan 5,0 3 ½ 1 1 x
- Iran - x

Angaben ohne Gewähr

Gruppe 2

Pl. Mannschaft Land Pkt. 1 2 3 4 5 6 7
1. Argentinien 17,0 x 2 3 3 4
2. USA - Chicago 16 x 1 3 4 3
3. Trinidad & Tobago 15,5 ½ x 4 4 3
4. Kolumbien 13,5 2 3 x 3 2 2
5. Ekuador 7,5 1 1 0 1 x 3
6. Jamaika 4,5 1 0 0 1 x
7. Uruguay 4,0 0 1 0 2 1 x

Angaben ohne Gewähr

Gruppe 3

Pl. Mannschaft Land Pkt. 1 2 3 4 5 6 7
1. Kroatien 13,0 x 1 3 2 3 4
2. England 19,0 3 x 4 4 4 4
3. Portugal 10,0 1 0 x 3 3 3
4. Trinidad & Tobago 3 8,5 2 0 1 x 4
4. Turks- und Caicosinseln 8,5 1 0 1 x 4
6. Trinidad & Tobago 2 1,0 0 0 1 0 0 x
- USA - Pennsylvania - x

Angaben ohne Gewähr

Gruppe 4

Pl. Mannschaft Land Pkt. 1 2 3 4 5 6 7 8
1. Russland 28,0 x 4 4 4 4 4 4 4
2. Deutschland 17,5 0 x 4 3 3 3 ½ 4
3. Italien 17,0 0 0 x 2 3 4 4 4
4. Spanien - Katalonien 11,0 0 1 2 x 2 2 4
5. Tschechien 1 10,5 0 1 1 1 x 3 3
6. Norwegen 1 9,0 0 1 0 1 x 3
7. Ukraine 3 9,0 0 0 1 x 3
8. Georgien 3 3,0 0 0 0 0 1 1 1 x

Angaben ohne Gewähr

Gruppe 5

Pl. Mannschaft Land Pkt. 1 2 3 4 5 6 7 8
1. Simbabwe 19,5 x 2 4 4 2 4
2. Mazedonien 14,5 ½ x 3 4 4 3
3. Niederlande 12,0 2 1 x 3 3 3
4. Tschechien 2 6,5 0 0 1 x 2 1
5. Georgien 2 6,0 0 0 0 2 x 1 3
5. Ukraine 1 6,0 0 2 2 x 2
7. Russland 2 3,5 0 1 1 ½ 1 0 x
- Norwegen 2 - x

Angaben ohne Gewähr

Gruppe 6

Pl. Mannschaft Land Pkt. 1 2 3 4 5 6
1. Georgien 1 12,5 x 4 3 3
2. Palästina 11,5 0 x 4 2
3. Russland 3 9,0 1 x 1
4. Serbien 5,5 1 0 x 0
5. Ukraine 2 1,5 ½ 1 0 1 x
- Zypern - x

Angaben ohne Gewähr

Zwischenrunde

Gruppe 1

Pl. Mannschaft Land MP BP
1. Mongolei 10 15,5
2. Russland 8 14,0
3. Philippinen 6 12,5
4. Palästina PST 3 9,0
5. Georgien 3 8,0
6. Deutschland 0 1,0

Gruppe 2

Pl. Mannschaft Land MP BP
1. Simbabwe 10 14,5
2. Nordmazedonien 7 13,5
3. USA 5 10,0
4. England 4 9,5
5. Kroatien 3 6,0
6. Argentinien 1 6,5

// Archiv: DSB-Nachrichten - Breitenschach // ID 10785

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