20. Februar 2025
Sie haben längst die Rollen getauscht. Daniel Rose, 17 Jahre alt, spielt an Brett eins. Torsten Rose, 55, sitzt an Brett zwei. Früher war das andersherum. Geblieben ist die Faszination, gemeinsam ein Team zu bilden. „Das ist einfach ein tolles Gefühl, mit meinem Sohn dieses Turnier zu spielen“, sagt Torsten Rose. Sein Sohn betont: "Mein Vater hat mir Schach beigebracht, mich zu meinen ersten Turnieren gefahren und die Familienmeisterschaft war unser erstes gemeinsames Turnier - es eine besondere Tradition, die wir so lange wie möglich fortsetzen wollen." Beim ersten Mal war Daniel neun Jahre alt, nun ist es ihr siebter Start. Als Mannschaft „Die Geisterfahrer“ treten die beiden schachbegeisterten Mitglieder der Familie Rose bei der Deutschen Familienmeisterschaft an. Die findet am 9. März wieder in Berlin statt.
Dieses Turnier hat eine lange Geschichte. Und die diesjährige Auflage ist ein Jubiläum: die Nummer 25. Im Jahr 1984 erfand Manfred Kalmutzki, der 2021 verstorben ist, die Vorläufer dieser Familienmeisterschaften. In den ersten sechs Jahren wurde sie als reine Dresdner Familienmeisterschaft ausgetragen. 2001 dann die erste Deutsche Familienmeisterschaft – mit 76 Teams. Nun ist es wieder soweit: Die nächste Offene Deutsche Meisterschaft für Familienteams findet statt. Veranstalter ist der Deutsche Schachbund (DSB) Ausrichter in bewährter Manier der Berliner Schachverband (BSV).
Das Turnier zieht zweifellos seinen Reiz daraus, dass wirklich jeder die Chance hat, Deutscher Meister zu werden. Kurzum: Es geht um einen Titel. Vielleicht nicht den wichtigsten, aber einen der originellsten. Meister werden als Familienteam - in welchem Sport ist so etwas schon möglich?
Für den Schüler Daniel und seinen Vater Torsten Rose, von Beruf Rechtsanwalt, gibt es noch viele andere Aspekte. „Es ist einerseits ein entspanntes Turnier“, sagt Torsten Rose, „andererseits gehen das auch viele sehr ernsthaft an. Die Kombination macht es zu einem schönen Erlebnis.“ Viele Kinder treten mit an, oftmals an der Seite eines Elternteils, oder mit Geschwistern. „Das für viele kleine Schachspieler ist das doch das Größte – dass der Papa die Mama, oder ein großer Bruder, sie so an den Turniersport heranführen“, sagt Torsten Rose. Bei ihm und seinem Filius war es ähnlich. Daniel lernte einst die Schach-Regeln vom Papa, bevor er mit sechs Jahren in den SV Königsjäger Süd-West in Berlin eintrat. Auch im Verein ist es übrigens mittlerweile so: Die Rollen wurden getauscht. Der Papa spielt mittlerweile in der zweiten Mannschaft, der Sohn in der ersten. Daniel Rose betont aber, ihm sei es wichtig, mit seinem Vater in ihrem Sport (für den sich seine Mutter und die ältere Schwester nicht so recht begeistern können) möglichst viel Zeit zu verbringen: "Wir haben gemeinsam auch schon an vielen Einzelturnieren teilgenommen."
Daniel schwimmt auf der Erfolgswelle, ist gerade Berliner Vizemeister in der U18 geworden und hat die 2000er-Elo-Schwelle überschritten. „Er ist mittlerweile klar stärker als ich. Das läuft aktuell sehr gut bei ihm“, sagt Torsten Rose und hofft deshalb insgeheim, dass den „Geisterfahrern“ vielleicht auch mal ein Sprung unter die Top drei bei der Familienmeisterschaft gelingt. Um sich ein bisschen auf das Turnier vorzubereiten, haben sie auch hin und wieder unter den ungewöhnlichen Zeitbedingungen (zwölf Minuten plus fünf Sekunden Zeitgutschrift pro Zug) geübt. „Diese Bedenkzeit hat man ja nicht alle Tage“, so Rose. Aber, wie gesagt, die Priorität lautet: Spaß haben. Bleibt nur noch eine Frage: Warum der Name "Die Geisterfahrer"? Nun, vor der ersten Teilnahme kramte der kleine Daniel in einer Spielzeugkiste und fischte ein Polizeiauto mit integrierter Lautsprecheransage heraus: "Geisterfahrer auf der A7". Heute sagt Torsten Rose mit einem Lachen: "Für mich war das ein toller Teamname. Allen, die aber die Assoziation haben, der Name hänge mit dem Irrlichtern meiner Figuren auf dem Schachbrett zusammen, sei gesagt: Das stimmt nicht."
Man merkt schon: Bei dieser Meisterschaft geht es nicht bierernst zu. Im Gegenteil: Die Ausschreibung lässt viel Spielraum für Spaß und Familien-Konstellationen jeglicher Art. Mannschaften bestehen aus zwei Spielern, die auf vielfältiger Weise miteinander verwandt sein können. Die Mitgliedschaft in einem Schachverein ist nicht notwendig. Gespielt werden sieben Runden im Schweizer System. Spielort ist der BVV-Saal im Rathaus Mitte. Anmeldungen sind noch möglich.
Für den Berliner Schachverband ist das Familien-Turnier im Übrigen nicht das einzige Highlight in diesen Tagen. Der Berliner Meister IM Raphael Lagunow und Nationalspielerin FM Lara Schulze führen das Feld der Normenjäger an, wenn der BSV vom 24. Februar bis 2. März wieder seine Normenturniere für talentierte und ambitionierte Spieler ausrichtet - im VIP-Raum des Poststadions. Dieses Jahr gibt es ein GM- und ein IM-Turnier, für das der Berliner Verband ein attraktives Feld aus den Berliner Vereinen sowie einigen ausgewählten Gästen zusammengestellt hat. Im Großmeisterturnier müssen sich unter anderem mit GM Witali Siwuk und GM Maxim Wawulin zwei Spieler mit über 2500 Elo den Angriffen der Normenjäger erwehren. (mw)
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