4. Juni 2018
Der siegreiche Lübecker ist Teil einer bekannten und sehr netten deutschen Schach-Familie: Frederik Svane vom Lübecker SV v.1873 (neueste Elo 2198) siegte mit einer erstaunlichen Souveränität in der A-Gruppe der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft DSAM. Dass der Zweite, Martin Niering, Rochade Magdeburg, mit 4,0 Punkten ein phantastisches Turnier spielte, darf hier und beim Bundestrainer nicht unerwähnt bleiben, aber ... der erst 14jährige Lübecker Frederik Svane rauschte eben so kraftvoll wie vom Turbo getrieben durch das Turnier und schloss es mit glanzvollen 4,5 Punkten ab!
Das Turnier in Leipzig umfasste diesmal insgesamt 315 Spieler, darunter 35 Damen = 11% - in sieben Leistungsklassen. Hinzu kamen die 30 Spieler des parallel ausgetragenen Dähne-Pokal-Finales. Hier schnappte sich der per ChessBase qualifizierte, hohe Rating-Favorit IM Hagen Poetsch, SC Heusenstamm (Elo 2484) den echt silbernen Pott. Details zu diesem spannenden Wettbewerb wird DSB-Pokalchef Thomas Wiedmann veröffentlichen.
Neue Deutsche Schach-Amateurmeisterin (A) 2017/18 ist die Landestrainerin des NRW-Verbandes: WGM Carmen Voicu-Jagodzinsky (aktuelle Elo 2204) spielte gut, wurde in der knallharten A-Gruppe Achte und somit Deutsche Meisterin der Amateure. Deutlich wurde an den Teilnehmer- und international klingenden Siegerlisten, dass sich Clubs deutschen Schachs - durchaus zum eigenen Vorteil - gesellschaftlichen Aufgaben stellen. Drei Beispiele: Die noch sehr junge serbische WFM Jovana Miljkovic wurde neue Deutsche Schach-Amateurmeisterin (C), der Aachener Borna Mohammed Nia, gelangte ins deutsche Finale der B-Gruppe und wurde Dreizehnter von 37 und Schachfreund Sivaram Nalliboyana wurde mit 90% deutscher Meister der G-Gruppe.
Zwei sozusagen Doppelmeister wurden gekürt, denn WFM Jovana Miljkovic, wurde nicht "nur" beste Dame ihrer Leistungsklasse (wir vermuten sie schon bald in Gruppe B, Gruppe A, ... danach richten wir eine neue ein!), sondern überhaupt Gruppenerste und kann sich nun aussuchen, ob sie nicht lieber Deutscher Schach-Amateurmeister (C) 2017/18 sein möchte - ganz genauso wie die Erfurterin Margarethe Wagner, der dieses Kunststück in der Gruppe F gelang! Fast wäre es hier zum familiären Doppelsieg gekommen, denn Margarethes etwas stärkerer Schwester, dem Fräulein Victoria, gelang in der E-Gruppe der vierte Rang, Tendenz: na klar, nach oben. - Ungemein spannend war die B-Gruppe, in der sich der momentan anscheinend alles gewinnende Buxtehuder Ralf Schöngart, nunmehr Deutscher Schach-Amateurmeister (B) 2017/18, buchholzzart vor Tobias Röhr, Aufbau Magdeburg, zu platzieren vermochte. Beide machten 4,0 Punkte - der schachliche Videobeweis musste also ran.
Und es laskerte auch in Leipzig. Das Doppelfinale erhob sich auch deshalb in dieser gut erreichbaren Stadt, weil es der Gründungsort des Deutschen Schachbundes DSB ist. Ganz klar, der Jubilar Emanuel Lasker wurde auch hier stolz herausgestellt; ein riesiges Plakat, vermutlich auch ein paar von IHM einmal berührte Schachfiguren, vor allem aber ein exzellenter, schwungvoller Vortrag vom "Chefhistoriker" des DSB, Dr. Michael Negele, priesen den sich jährenden Geburtstag des ersten deutschen Schachweltmeisters und nicht zuletzt der neu geschaffene DSAM-Lasker-Preis, ein Schönheitspreis für die beste DSAM-Partie der angebrochenen Saison, nahm die Huldigungen an "unseren Emanuel" auf. Der Preis ging für seine Partie aus der DSAM München, Gr. D mit Rainer Mothes an Stefan Multhauf (1622), den der überreichende Dr. Negele sogar zufällig kannte. Die beiden gleichrangigen Ehrenden Erwähnungen (Zweiter Schönheitspreis) wurden Martin Werner und Samuel Maar zuerkannt, für die Partien Peter Schmidt (1930) - Martin Werner (2025), DSAM Kassel, Gr. B (5.21) und Samuel Maar (1992) - Ralf Schöngart (2121), DSAM München, Gr. B (1.11).
Nicht nur nebenbei war ein Großmeister in den Reihen der DSAM! GM Lothar Vogt simultanisierte gegen die Uhr und DSAM-Spieler - wer schon einmal ein Uhren-Simultan gesehen hat, der weiß, dass es anfangs für den Meister ein geruhsames Schreiten zwischen gewöhnlich für ihn gut ausschauenden Stellungen ist, aber dann ... das sind nicht umsonst gewiefte FINAL-Teilnehmer! Und dann ist da die Uhr. Dass die heute nicht mehr ticken, macht die Lage für den Großmeister kurz vor knapp ja nicht weniger dramatisch. Am Ende schaffte es der Großmeister dennoch, mit +13 =7 und -4 (also in der Summe 16,5 - 7,5) einen Sieg zu erringen.
In der traditionell folgenden "Gala des deutschen Schachs" atmeten alle tief durch, nicht zuletzt die Organisatoren, während die Preise überreicht wurden. Der besondere Genuss war Ullrich Krause, dem DSB-Präsidenten und zugleich Vormann des Lübecker SV v. 1873, dann doch anzumerken, als er seinem Vereinsfreund Frederik Svane zum Titel gratulieren konnte. DSB-Präsidiumsmitglied Klaus Deventer war mit dabei, vielleicht als Schutz für den aus Berlin transportierten Dähne-Pokal, eigentlich also traf sich die deutsche Schachszene an diesem Tag in ihrem Mittelpunkt: dem DSAM-Finale.
Ralf Mulde
// Archiv: DSB-Nachrichten - Breitenschach // ID 23181