Brief an Bundesinnenminister Thomas de Maizière

Sehr geehrter Herr Dr. de Maizière!

Kennen Sie die Entscheidung aus Ihrem Haus auch selbst? Bitte erklären Sie allen, wie die Entscheidung zustande kam und welchem Gewinn sich Ihr Haus durch eine andere Verwendung von 130 000 € Fördermitteln  verspricht. Gerade sächsische Schachvereine sind sehr aktiv in der vom Bundesamt für Migration, eine Behörde, die auch Ihrem Haus zugeordnet wird, getragenen und finanzierten Initiative „Integration durch Sport“.

Jedes Jahr vermeldet die Bundesregierung neue Rekorde bei den Einnahmen im Bundeshaushalt, Zuwächse um Milliarden (als Zahl x mal 1.000.000.000 €). Da muss aus uns unbekannten Gründen bei einer bundesweiten Sportorganisation, dem Deutschen Schachbund, unbedingt bescheidene 130.000 € eingespart werden?

Die Einladung Ihrer CDU-Landtagsfraktion Sachsen nach Leipzig zur Vorstellung Ihrer Sportpolitik habe ich erhalten.

Nun möchte ich wissen, wie Sie zu Schach und die Mitgliedschaft beim DOSB, zu Förderungswürdigkeit und tatsächlicher Förderung stehen aus Sicht des Landes Sachsen und mit Ihrer Sicht als Innenminister der Bundesrepublik Deutschland.

Bevor Sie meine Meinung lesen, gebe ich Ihnen vorab noch ein paar Links und am Ende der Nachricht finden Sie Aussagen namhafter Politiker, Manager und Sportler zu Schach als Sport:

Lesenswert: http://www.nexxgo.de/skandal-laut-bmi-ist-schach-nicht-mehr-foerderungswuerdig/  pikant ist, wie aber das BMI für Schach wirbt: http://www.sgbmi.de/sportarten/schach/

Erklärung des Europaparlamentes zu „Schach in der Schule“ http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2012-0097+0+DOC+XML+V0//DE -> man beachte besonders die Punkte A-C

„Der Schach ist im IOC recognized organisation. Das unterscheidet ihn von anderen Verbänden sehr deutlich und gibt ihm eine ganz besondere Stellung innerhalb der Sportfamilie international und selbstverständlich auch national.“ Auszug aus der Rede von Frau Dr. Thiel am 07.12.2013 in Wiesbaden, DOSB-Tagung


Hier mein persönlicher Standpunkt:

Liebe Politiker!

Ich höre schon wieder Ihre Lippenbekenntnisse am 1. Juni – Weltkindertag. Da wird landauf landab wiederholt betont, wie wichtig Kinder, Familie und Bildung ist. Viel wird angekündigt, gemacht wird wie immer wenig bis nichts. Oft war zu beobachten, dass kurz danach sogar an den zukünftigen Säulen der Gesellschaft, den Kindern, gespart wird.

Während andere Länder Schach als Unterrichtsfach einführen, leistet man sich in Deutschland ein veraltetes Schulsystem von vor 100 Jahren, mit 16 unterschiedlichen Auslegungen (16 Bundesländer) und noch einmal innerhalb der Länder, Kommunen und Städten. Die föderale Struktur ist nicht nur hier mehr als hinderlich und hemmt die Entwicklung in die Moderne. Viele Studien in Deutschland und weltweit belegen, dass Schach sich stark auf die Lernleistungen der Kinder auswirkt. Zeigen nicht die PISA-Studien, dass unbedingt weitere Anstrengungen zum Wohle der Kinder und der Gesellschaft unternommen werden sollten?

Seit Jahren haben wir beeindruckende Teilnehmerzahlen im Grundschulschach und beim Grundschulschachturnier, abseits der Großstädte und Ballungszentren. Alle Lehrer, die zum Turnier kamen, sind regelmäßig erstaunt, wie ruhig es zugeht, dass kein lautes Wort nötig ist, dass keine Kappeleien oder Rangeleien zu beobachten sind. Die Lehrer wünschen sich dies auch im Schulalltag.

Liebe Politiker! Was ist Ihnen das Gemeinwohl und die Zukunft des Landes wirklich wert?

Sollte es nicht wert sein, die Arbeit der ehrenamtlichen Schachtrainer, Schachfunktionäre zu unterstützen? Sparen Sie nicht in Wahrheit durch diese geringen Ausgaben wesentlich mehr Geld ein, was sonst fließen sollte für  zusätzliche Sozialarbeiter, Pädagogen… Ein Lehrer verdient im Jahr ca. 40.000 - 60.000 €. Schaffen Sie mit 130.000 € eine bundesweite Abdeckung?

Bekommen Sie nicht ein mehrfaches von diesem investierten Betrag zurück, weil die Kinder bessere Schulleistungen, Schulabschlüsse erbringen, die Wirtschaft geeigneten Nachwuchs findet, der die Gesellschaft mit entsprechenden Leistungen und Erfolgen im Berufsleben entschädigt? Sparen Sie nicht auch bei zusätzlichen Angeboten, um Schulabgänger für eine Lehrausbildung fit zu machen?

Warum interessieren sich Firmen und Konzerne für Vorträge von Schachspielern über rationales Denken und Entscheidungsfindung? Sicherlich, weil sie sich nicht nur einen Nutzen versprechen, sondern auch den Nutzen kennen!

Wenn man geistige Höchstleistung bringen will, muss man auch körperlich fit sein. Diese Erfahrung haben viele bei Klausuren und Prüfungen gemacht, die sich über Stunden hinziehen. So ist es auch beim Schach! Unser Schachnachwuchs ist parallel auch in anderen Vereinen und Sportarten aktiv.

Wir, Schachspieler, verursachen keine Kosten, die auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, wie man es regelmäßig zu Fußballspielen beispielsweise erlebt. Bezahlen die Vereine und die Fußballverbände die Polizeieinsätze? Aber alle zahlen für den Wahnsinn Fußball - von Montag bis Sonntag rollt der Fußball in den Medien. Die Verantwortlichen und die Spieler kassieren Millionen! Aber kein Cent fließt in die Kostenerstattung der Polizeipräsenz!

Da sind doch 130.000 € lächerlich. Was spart das BMI? Geht es Deutschland so schlecht? Hat der Innenmeister mit der Einsparung von 130.000 € plötzlich so viel mehr Geld in der Kasse? Kann er davon die Polizeipräsenz verstärken, die Einbruchs- und Diebstahlraten in meiner Region drastisch reduzieren, wo doch überall auch an Personal gespart wird?

Armes Deutschland! Was kannst Du Dir noch leisten, wenn 130.000 € für einen Bundesverband im Sport nicht mehr reicht? Für wie viele Bundestrainer in anderen Sportarten reicht denn der bescheidene Etat des Deutschen Schachbundes?

Schach trägt erheblich zum friedlichen Miteinander der Kinder und aller Menschen bei. Man setzt sich eben am Schachbrett auseinander – keine Fußtritte, kein Beinstellen, keine Fouls! Liebe Bildungspolitiker! Wachen Sie auf und unterstützen Sie aktiv den Deutschen Schachbund! Zeigen Sie uns und den Kindern, dass Sie wirklich von den vielen positiven Auswirkungen von Schach auf die Kinder und die Schule überzeugt sind!

Schrumpfen Sie nicht den größten Schachverband der Welt außerhalb des ehemaligen Ostblocks! Sondern schlagen Sie daraus Kapital für alle, zum Wohle des eigenen Landes!

Hören Sie sich an, was Pädagogen Ihnen sicherlich auch sagen würden:

Aktuell aus 2014: https://www.youtube.com/watch?v=T8hdtUoi9MI

http://www.vogtland-schach.de/2014/05/karl-marx-gs-plauen-gewinnt-zum-dritten-mal-den-wanderpokal/

Ich würde mich freuen, wenn Sie, liebe Politiker, mir Ihre Meinung und Ihren Standpunkt mitteilen.

Viele Grüße
F. B. aus P.


Zitate

Dr. Richard von Weizsäcker (Alt-Bundespräsident): Ich finde Schachförderung - auch im Wege der Schule - eine Sache, die nicht nur dem Schach, sondern vor allen Dingen den jungen Menschen zugute kommt.

Walter Schusser (Siemens AG): Unsere Ingenieure müssen laufend Probleme lösen, den technischen Vorsprung erarbeiten, über den Standard von Heute hinausdenken! Alles Eigenschaften, die den guten Schachspieler auszeichnen.

Dr. Hans-Georg Moldenhauer (Ex-Vizepräsident des Deutschen Sportbundes sowie Ex-Vizepräsident des Deutschen Fußballbundes): Wer behauptet, Schach sei kein Sport, der kann auch behaupten, Fußball sei kein Sport.

Boris Becker (Tennisspieler): Mit Schach schule ich mein Gefühl für Geometrie, was für Tennis und Schach gleichermaßen wichtig ist.

Marco Bode (Fußball-Nationalspieler): Als ich in einen Schachverein eintrat, nachdem ich mein erstes Schachbuch gelesen hatte (eine Sammlung elementarer Eröffnungen), stellte ich fest, dass man Schach auch als Sport auffassen kann. Um gut Schach zu spielen, braucht man Technik, Taktik, Ausdauer und Kraft. Genau wie bei vielen anderen Sportarten muss man Schach regelmäßig trainieren, um sich zu verbessern.

Otto Schily (Politiker): Schachspielen begleitet mich seit frühester Jugend. Ich finde, es ist eine der schönsten Möglichkeiten, sich geistig zu betätigen. Dazu gehört viel Konzentration und geistige Frische, aber auch körperliche Fitness. Schach ist ein faires Spiel. Fouls gibt es eigentlich nicht.

Dr. Helmut Pfleger (Arzt): Schach ist gesund, da es das körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden fördere.

Willi Weyer (Früherer Präsident des Deutschen Sportbundes): Heute verstehen wir das Schachspiel als Sport, als einen Sport, der den ganzen Menschen fordert. Als Auswirkungen des Sports werden besonders Eigenschaften wie Ausdauer, Belastbarkeit, Aktivität, Selbstbewusstsein, Leistungsbereitschaft, Selbstkritik, Toleranz, Fairness und soziale Einstellung festgehalten. Es kann keinen Zweifel darüber geben, dass diese positiven Effekte auch für den Schachsport zutreffen.

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