Am Freitag, den 6. August verschied in Bamberg im 87. Lebensjahre
Herr Chorrektor a. D. Franz Schrüfer,
Ehrenmitglied des Deutschen Schachbundes.
Wir verlieren in ihm einen unserer hervorragendsten, fruchtbarsten Problemkomponisten, einen Mann von seltener Liebenswürdigkeit und Bescheidenheit und wahrer Herzensgüte.
Sein Andenken wird im Deutschen Sehachbunde allzeit in Ehren bleiben!
Der Vorstand des Deutschen Schachbundes, e.V.
Dieser Trauerkundgebung schließt sich die Deutsche Schachzeitung, deren Mitarbeiter der Verewigte viele Jahre hindurch war, vollinhaltlich an.
Schrüfer trat in unserer Zeitung 1870 als Problemkomponist hervor. Geboren wurde er am 17. März 1823. Er scheint erst durch die Gründung des Bamberger Schachklubs (1868), dessen Vorstand er dann, von 1870 bis 1895, war, zu ausdauernder Schachtätigkeit angeregt worden zu sein. Vielleicht hatte ihn vorhin sein Beruf zu sehr in Anspruch genommen. Er war bis in sein hohes Alter hinein noch als Chorrektor bei St. Martin in Bamberg tätig und trat erst am 1. Januar 1899 in den Ruhestand.
Den späten Beginn der Kompositionstätigkeit schien Schrüfer durch umso größeren Eifer wettmachen zu wollen. Sein Name wurde alsbald in allen Ländern bekannt, und Schrüfer hatte auch überraschend schnell die Anerkennung seiner hohen Meisterschaft errungen. Die Turniererfolge begannen mit dem Sieg in Livorno 1876 (Nuova Rivista-Turnier), was dem Bamberger Klub Gelegenheit zu einer Ehrung gab, wie sie einem Problemkomponisten selten zuteil wird. 1876 errang Schrüfer auch eine Ehrende Erwähnung im Düsseldorfer Problemturnier. 1882 gewann er den vierten Preis im Vierzügerturnier von Brentanos Chess Monthly (vgl. Bd. II, S. 82). Die vorzüglichsten Leistungen reichte er aber 1883 und 1885 zu den Turnieren in Nürnberg und Hamburg ein. Er gewann in Nürnberg den ersten Preis in der Fünfzügerabteilung, den zweiten Preis in der Vierzügerabteilung und den zweiten Preis für die Gesamtsendung. In Hamburg erhielt er den ersten Preis in der Vierzügerabteilung, den dritten Preis in der Dreizügerabteilung und den ersten Sendungspreis. Damit trat er in die vorderste Reihe der deutschen Komponisten. 1892 gewann er in Dresden in der Vierzügerabteilung den dritten Preis. 1890 wurde er im Turnier der Münchner Neuesten Nachrichten durch Ehrende Erwähnung ausgezeichnet, womit aber kein Niedergang in der Leistung ausgedrückt erschien, weil dieses Turnier so zahlreich beschickt war, daß sehr viele hervorrufende Meister kein höheres Kesultat erzielen konnten.
Den Beweis hierfür hat er erbracht, da er noch 1901, im Turnier der Leipziger Illustr. Zeitung den ersten Preis errang, in einem Alter von 78 Jahren! Denjenigen unserer Leser, welche die Gesamtleistung Schrüfers nach Möglichkeit zu überblicken wünschen, geben wir die Problemnummern in unserer Zeitung an: 2945-2947, 2980, 2981, 3207, 3215, 3248, 3632, 3633, 3646, 3660, 3664, 3665, 3677, 3825-3828, 3839, 3882, 3967, 3987, 4007, 4138-4140, 4304, 4305, 4954, 5077, 5342, 5347, 5354, 5476, 5656, 5697, 5698, 5826, 5830, 5840, 6231, 6501, 6567, 6570, 6586, 6606, 6607, 6681, 6900, 7021, 7070, 8695, 8837, 8882, 8942, 9635, 9777, 9920, 10291, 10436, 10517, 10540.
Über die ersten Probleme, welche Schrüfer veröffentlichte, äußerte sich die damalige Redaktion unserer Zeitung dahin, daß sie weniger elegant, als schwierig seien. Später rang er sich zur Formvollendung durch. Äußerst sorgfältig scheint er immer gearbeitet zu haben, denn es sind uns über Inkorrektheiten in seinen Problemen nur wenige Mitteilungen zu Gesicht gekommen. Die nachstehenden sechs Kompositionen markieren die Anfangszeit, den Mittelpunkt und die Schlußperiode der Kompositionstätigkeit Schrüfers. (Die fortlaufende Nr. 8882 haben wir einem Problem zugewiesen, welches 1894, S. 247, ohne eine Nummer abgedruckt worden war. Die unter 8882 im Jahrg. 1897 vorkommende Aufgabe erschien schon viel früher unter Nr. 6570.)
Anmerkung: Die Aufgaben wurden nicht mit übernommen. (Webmaster)
Schrüfer war auch ein eifriger Spielpraktiker; noch 1892 gewann er im Hauptturnier des fränkischen Schachfestes zu Kronach neben Dr. Alafberg einen ersten Preis. Oftmals unterzog er sich der Mühe, als Preisrichter in Problemturnieren zu funktionieren. Zuletzt im Turnier des Deutschen Schachbundes 1902. Anläßlich des 80. Geburtstages verlieh ihm der Deutsche Schachbund die Ehrenmitgliedschaft; vorher war er schon Ehrenmitglied des Münchener Schachklubs geworden.
1895, als er nach 25 Jahren das Amt eines Vorsitzenden des Bamberger Schachklubs niederlegte, wurde er zum Ehrenvorstand desselben ernannt. 1904 traf ihn leider das Mißgeschick, auf der Straße zu Fall zu kommen und sich derartig zu verletzen, daß er fortan das Haus nicht mehr verlassen konnte. Dies beschleunigte offenbar das unerbittlich herannahende Erlöschen der Kräfte.
Über die früheren Lebenstage können wir nur wiedergeben, was in Bamberg darüber berichtet wird: "Seine musikalische Ausbildung erhielt er teils im hiesigen Lehrerseminar, teils am Kgl. Konservatorium in München, woher er die besten Zeugnisse mitbrachte. Er wäre sicher befähigt gewesen, in der Musikwelt einen hervorragenden Platz einzunehmen, allein verschiedene Umstände wirkten zusammen, ihn an Bamberg zu fesseln und die Chorrektorstelle anzunehmen. Seine Kompositionen zeugen von tiefem Geist und Gemüt."
Der Deutsche Schachbund ließ seinem Ehrenmitgliede durch den 2. Vorsitzenden, Herrn Schenzel in Nürnberg, einen Kranz auf Schrüfers Grab niederlegen, der Bamberger Schachklub tat das Gleiche durch Herrn Stubenrauch.
Quelle: Deutsche Schachzeitung 9/1909, S. 278/279