30. April 2017
Heute auf der Empore im Spielsaal raunte ein Berliner Schachfreund zu mir: "Ich bin froh die 9 Euro Eintrittsgeld investiert zu haben." Weltstars praktisch zum Anfassen. Weltstars, die man sonst nur im Fernsehen, pardon, im Live-Internet bewundern kann. Die Augen gehen über: Caruana, Vachier-Lagrave, Aronjan, Anand, die Musitschuk-Schwestern, Kostenjuk. Allein die OSG Baden-Baden sorgt mit ihrem Starauflauf für großes Aufsehen. Dazu noch Schachlegende Anatoli Karpow bei Hockenheim am ersten Brett. Auf ihn waren vor Rundenbeginn die meisten Smartphones, Tablets, Kameras und Augen gerichtet. Dagobert Kohlmeyer, der extra wegen Karpow gekommen war, versuchte seinem Freund noch ein paar Worte zu entlocken. Mehr als eine kurze Begrüßung wurde es nicht. Zu sehr war die Schachlegende auf die Partie fokussiert.
"Wie in Dresden 2008" antwortete ich dem Schachfreund. "Da warst Du noch so klein" witzelte ich zu dem damals 31-Jährigen und hielt meine Hand einen Meter über den Boden.
Mit dem Maritim-Hotel in der Stauffenbergstraße, direkt vis-a-vis vom Bundesverteidigungsministerium, haben die Schachfreunde Berlin eine hervorragende Austragungsstätte gefunden, die in der Hauptstadt wohl nur noch vom riesigen Hotel Estrel in Neukölln getoppt wird, wo der Berliner Schachverband 2006 eine zentrale Endrunde der Berliner Mannschaftsmeisterschaft mit weit über 1.400 Spielern durchgeführt hatte. Das Maritim selbst hat aber auch gigantische Ausmaße. Ein schachspielender Hotelgast verglich die Entfernung von seinem Zimmer zum Spielsaal mit der Entfernung von der Bushaltestelle zum Hotel - ungefähr 5-7 Minuten zu Fuß. In den beiden unteren Etagen reiht sich Saal an Saal, einer größer als der andere. Allein in den zwei Restaurants, wo das Frühstücksbüfett serviert wird, hätten wohl alle Hotelgäste aus den 505 Zimmern gleichzeitig Platz. Laut Hotel-Website haben die 48 Räume und Säle eine Kapazität von 5.500 Personen! Da bekommt man doch locker 200 Bundesliga-Spieler, Dutzende Konferenzteilnehmer und Berliner Verbandsschachspieler, die zahlreichen Zuschauer und die nicht wenigen Teilnehmer eines Bridgeturniers unter.
Dank dieser hervorragenden Herberge sind schon einmal die äußeren Bedingungen auf einem sehr hohen Level. Für den nicht unwesentlichen Rest sorgen dann die Mitglieder der Schachfreunde Berlin und viele weitere Helfer, die im und um den großen Spielsaal alles Erdenkliche tun, um für das Wohl der Spieler, Teilnehmer und Zuschauer zu sorgen. Über einige kleine Pannen wie fehlenden Strom, fehlende Spielernamen auf dem Kommentatorenmonitor oder fehlende englische Ansagen oder Schilder sieht man da gern hinweg. Das mit den deutschen Ansagen ("Die Bretter sind freigegeben") sorgt dann auch höchstens für eine kleine Verzögerung an den Tischen mit den zahlreichen ausländischen Spielern und Spielerinnen.
Erfreulich ist die Tatsache, das die Zuschauer im Gegensatz zu vielen anderen hochrangigen Schachturnieren, nicht von den Spielern weggesperrt werden. Nur eine Markierung auf dem Fußboden soll diese von den Akteuren fernhalten. Das klappt erstaunlich gut und hat zudem den angenehmen Nebeneffekt, das man vielen Schachmeistern und -meisterinnen sehr nahe kommt, wenn die sich die Beine vertretend zwischen den Zuschauern herumspazieren.
Als ob so eine zentrale Endrunde mit beiden Bundesligen nicht schon ausreichen würde, hat Cheforganisator (und DSJ-Geschäftsführer und Schachfreunde-Vorsitzender) Jörg Schulz auch gleich noch die erste Bundesvereinskonferenz nach Berlin geholt. Mit bis zu 19 Teilnehmern waren die sechs Workshops an den ersten beiden Tagen gut gefüllt. Vor den Workshops trafen sich die rund 40-45 Workshop-Teilnehmer bereits ab 9 Uhr zu einer gemeinsamen Veranstaltung. Heute stand z.B. eine Podiumsdiskussion mit DSB-Präsident Herbert Bastian, dem DSJ-Vorsitzenden Malte Ibs und zwei Landesverbandspräsidenten auf dem Programm. Bei vielen Themen fehlte am Ende auch die Zeit, weil ja jeder ab 14 Uhr seine Lieblingsmannschaft oder seine/n Lieblingsspieler/in verfolgen wollte.
Nachfolgend noch eine kleine Bilderauswahl. Ein größerer Nachschlag folgt im Laufe der nächsten Woche. Wer bis dahin nicht warten möchte, kann sich gern aus meinem Originalmaterial in meiner Dropbox bedienen.
Alle Dateien sind nur einige Monate verfügbar. Das Material kann frei mit Herkunftsangabe verwendet werden.
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 21924