15. November 2015
Auch die zweite Runde der Europameisterschaft für Mannschaften im Schach, wie so viele andere Veranstaltungen aus den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, stand im Zeichen der schrecklichen Terroranschläge in Paris, bei denen an den verschiedenen Orten über 100 Menschen starben. Deshalb gab es vor der zweiten Runde eine Schweigeminute, sowie das Tragen eines schwarzen Trauerbandes für die Spieler. Als Schachspieler, die wir uns über Ländergrenzen und Grenzen von Religionen hinaus friedlich duellieren, Freundschaften schließen und dem königlichen Spiel hingeben und damit das Leben leben, das die Terroristen bekämpfen, ist es eine Selbstverständlichkeit und das Mindeste was getan werden kann. Und auch wenn Schach für uns alle ein wichtiger Teil unseres Lebens ist, wird in diesem Moment auf schockierende Weise klar...es ist nur ein Spiel.
Trotzdem wurde wieder hart gekämpft und die Ergebnisse dieses Kampfes hätten für unsere Mannschaften kaum unterschiedlicher ausgehen können. Für die deutschen Herren ging es gegen Spanien. Die spanische Mannschaft hatte vor einigen Jahren den Abgang von Alexej Schirow zu verkraften, stellt aber trotzdem eine starke Mannschaft und hat mit David Anton Guijarro einen talentierten Mann für die Zukunft am Start.
Bei den Deutschen wechselte zur 2. Runde Dieter Liviu Nisipeanu für Rainer Buhmann ein. Dieter hatte es in seiner ersten Partie, mit den schwarzen Steinen, mit der spanischen Nummer 1 GM Vallejo Pons zu tun. Der Weltklasse-Großmeister aus Spanien wählte die Englische Eröffnung, gegen die Dieter wiederum eine aggressive Antwort mit frühem e5 und f5. Der Schlagabtausch ließ nicht lange auf sich warten und Dieter hatte auf ein Mal einen Bauer weniger. Doch er hatte alles im Griff und die Partie verflachte in einem Turmendspiel zum Remis.
Georg an zwei hatte es mit Weiß mit dem bereits erwähnten jungen spanischen Großmeister zu tun. Er spielte ein gute Partie, konnte aber nicht in entscheidenden Vorteil nach der Eröffnung kommen, was nicht daran lag, dass er es nicht versuchte. Nach langem Kampf endete die Partie in einer verdienten Punkteteilung.
Daniel Fridman hatte GM Ivan Salgado Lopez gegenüber sitzen. Liefen die Partien an den ersten beiden Brettern relativ gradlinig, wogte die Stellung bei Daniel hin und her. Zunächst schien Salgado nach der Eröffnung im Mittelspiel die bessere Stellung erreicht zu haben. Doch Daniel kämpfte sehr ideenreich und auf ein Mal machte die Stellung eine 180-Grad Wendung. Plötzlich hatte Daniel alle Trümpfe in der Hand. Ab Zug 49 jedoch ging es wieder in die falsche Richtung aus deutscher Sicht. Dabei muss ich ehrlich sagen, diese Einschätzung kann ich nur dank Engine geben, denn in einer Stellung wo beide Könige auf Matt zu stehen scheinen, brennt meine schachliche Festplatte durch. Daniel jedoch muss mit weniger werdender Zeit die besten Züge finden. Leider war dies dann der letzte Swing in der Partie und er musste nach 68 Zügen aufgeben.
Dennis hatte zwischenzeitlich auch eine angenehme Stellung und hätte kurz nach der Eröffnung sogar eine Zugwiederholung herbeiführen können. Doch mit Weiß gegen Renier Vazquez Igarza wollte Dennis auf den vollen Punkt spielen, das ging zunächst auch sehr gut, doch dann verlor er im Endspiel den Pfaden. Sein Gegner ließ ihn ins Remis, um den Mannschaftssieg zu sichern. Doch Dennis hat sich nichts vorzuwerfen, er hat die ganze Zeit im Dienste der Mannschaft um den vollen Punkt gekämpft. Ein starker Mannschaftsspieler.
Leider eine knappe Niederlage, doch heute kann alles wieder vergessen sein. Da geht es als klarer Favorit gegen die Herren des Gastgeber.
Unsere Damen gestalteten den Tag erfolgreicher. Nach dem unglücklichen 2:2 gegen Montenegro wechselte Melanie gegen die Schweiz für Filiz ein.
An eins hatte es Elisabeth mit Monika Müller-Seps zu tun. Kurz zusammengefasst kann man sagen, dass Elisabeth die Königsindische Eröffnung mit Weiß gut behandelte und sich einen Vorteil erspielte, der sich schnell in was Zählbares (2 Bauern) auszahlte. Doch damit war der Spaß noch nicht vorbei. Das Endspiel stellte sich als schwer heraus und im Turmendspiel habe ich, wie schon häufiger an dieser Stelle erwähnt, ohnehin keine Kompetenz. Klar ist nur, dass Müller-Seps die Stellung von einer leicht schlechteren in eine Verluststellung verwandelte. Voller Punkt für Elisabeth.
Zoya an Brett zwei überspielte zunächst ihre Gegnerin Dr. Gundula Heinatz mit den schwarzen Steinen. Doch dann verflachte die Partie in ein remises Endspiel.
Melanie spielte laut eigener Aussage auf ihrer Homepage das erste Mal Schottisch, nachdem beide Seiten nicht mehr im Buch waren, errang Melanie die Oberhand und schließlich den vollen Punkt.
Die Partie des Tages spielte aber Josefine Heinemann mit Schwarz gegen Lena Georgescu. Als gespannter Beobachter von einer spanischen Insel namens Mallorca war das eine reine Nervenschlacht für mich, nur zu erahnen, wie es für Josefine am Brett gewesen sein muss. Am Ende jedoch behielt Josefine die Oberhand und gewann eine sehr taktische Partie.
Ein hoher und verdienter Sieg. Heute haben unsere Mädels die Gelegenheit die Männer zu rächen, denn es geht gegen die spanische Damenmannschaft.
Der Funk aus Reykjavik gibt durch, dass die Bedingungen alles in allem gut sind. Der Spielsaal ist gut, das Hotel ist gut, allerdings gibt es beim gemeinsamen Essen gelegentlich Platzprobleme einen gemeinsamen Tisch zu finden. Nicht ganz optimal um das Gemeinschaftsgefühl zu pflegen. Im Vergleich zu vergangenen Olympiaden hat die Anreise samt Gepäck reibungslos geklappt.
Das Turnier steht aber noch ganz am Anfang, weiter Daumendrücken ist angesagt.
4 | Spanien | Elo | 2½:1½ | Deutschland | Elo |
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1 | GM Francisco Vallejo Pons | 2684 | ½:½ | GM Liviu Dieter Nisipeanu | 2683 |
2 | GM David Anton Guijarro | 2630 | ½:½ | GM Georg Meier | 2654 |
3 | GM Ivan Salgado Lopez | 2615 | 1:0 | GM Daniel Fridman | 2627 |
4 | GM Renier Vazquez Igarza | 2565 | ½:½ | GM Dennis Wagner | 2575 |
7 | Deutschland | Elo | 3½:½ | Schweiz | Elo |
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1 | IM Elisabeth Pähtz | 2462 | 1:0 | WGM Monika Müller-Seps | 2272 |
2 | WGM Zoya Schleining | 2354 | ½:½ | WIM Dr. Gundula Heinatz | 2204 |
3 | WGM Melanie Ohme | 2301 | 1:0 | WFM Laura Störi | 2115 |
4 | Josefine Heinemann | 2224 | 1:0 | Lena Georgescu | 2014 |
Jonathan Carlstedt
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 20474