23. November 2014
Magnus Carlsen erspielte und erkämpfte sich verdient den Schachweltmeistertitel 2014. Der norwegische Schachgigant verteidigte damit erfolgreich in Sotschi seinen Titel, den er im vergangenen Jahr in Chennai erstmalig eroberte. Sein ehrwürdiger Kontrahent Viswanathan Anand hatte es mehrfach in der Geschichte der Schachweltmeisterschaften erfolgreich gezeigt, wie der Titel verteidigt werden kann. Man konnte im November 2013 nicht unbedingt zu der Annahme gelangen, dass der Tiger von Madras im Kandidatenturnier ein fulminantes Comeback hinlegt und sich erneut 12 Monate später im WM-Kampf mit dem Mozart des Schachs duelliert. Daher großes Kompliment und Respekt für den Kämpfer Anand, der dieses Jahr längeren Widerstand leistete. Weltmeister Carlsen zeigte sich den Herausforderungen der Titelverteidigung kraftvoll gewachsen und versetzte Norwegen in einen Freudentaumel. Herzlichen Glückwünsch an den alten und neuen Weltmeister Magnus Carlsen!
In der das WM-Match 2014 entscheidenden 11. Partie gewann Magnus Carlsen mit den weißen Figuren nach dem 45. Zug. Bernd Schroller merkte bei Spiegel-Online nach dem 27. Zug … Tb4 von Viswanathan Anand an:
"Das will der Schachfan sehen. Anand sucht schon heute eine Entscheidung. Er bietet Carlsen die Qualität und hofft auf den Freibauern auf der b-Linie. Die Visiere sind unten. Ein Remis ist hier ernsthaft nur noch eine von drei Möglichkeiten.“
Schachexperte Johannes Fischer fasst die letzte Begegnung im olympischen Medienzentrum in Sotschi zwischen den beiden großen Schachspielern auf ChessBase so zusammen:
"Anand hatte Schwarz und einmal mehr stand die Berliner Verteidigung auf dem Brett. In komplizierter Stellung opferte Anand eine Qualität, um Chancen zu bekommen. Doch Carlsen nutzte seinen materiellen Vorteil, um Anand seinerseits unter Druck zu setzen. Mit knapper werdender Zeit fand Anand nur den Übergang in ein verlorenes Endspiel.“
Die Süddeutsche Zeitung merkt auf ihrer Online-Site nach der letzten Partie an:
"In der entscheidenden, elften Partie, hat Anand zuletzt noch einmal alles versucht, seinen Rückstand im Duell um die Schachkrone wettzumachen, um zumindest das Stechen zu erreichen. Aber seine Bemühungen scheiterten am präzisen Gegenspiel des jungen Weltmeisters, der immer die Übersicht behielt. Nach 45 Zügen gab der Inder auf.“
Stefan Löffler, einst aktiver Blogger mit eigenem Schachblog, schrieb in der FAZ unter dem Titel Nächste Krönung für Carlsen:
"Für Anand, der in wenigen Wochen 45 wird, dürfte es die letzte Chance gewesen sein, wieder Weltmeister zu werden. In zwei Jahren wird Carlsen seinen Titel eher gegen den in den letzten Monaten auf Rang zwei der Weltrangliste vorgepreschten Fabiano Caruana oder gegen den in Berlin lebenden Armenier Lewon Aronjan verteidigen müssen.“
Der WM-Kampf zwischen Magnus Carlsen und Viswanathan Anand wird in den nächsten Tagen und Wochen noch intensiv erörtert und diskutiert werden. Schachkommentator Bernd Schroller merkt auf Spiegel-Online an:
"Über das Niveau dieser Titelkämpfe wird in den kommenden Wochen sicher noch ausführlicher diskutiert werden. Die Eröffnungsvorbereitung spielte in diesem Jahr eine wesentlich größere Rolle als in Chennai. Gerade die Abspiele in der Berliner Verteidigung, aber auch das Damengambit haben hier eine Aktualisierung erfahren.“
Johannes Fischer, oben bereits erwähnt, nahm sich auf Zeit-Online unter dem Titel Carlsen kontert Anand auch dem größten Überraschungsmoment der 11. Partie von Sotschi an:
"Beide spielten auf Gewinn, Anand zu sehr. Damit nahm er sich die Chance, in der zwölften Partie noch einmal mit Weiß zu spielen. Erstaunlich auch, dass Anand, der schon so viele WM-Kämpfe gespielt hat, in der entscheidenden Phase die schlechteren Nerven bewies.“
Am Sonntag, dem Tag der Entscheidung in der russischen Universitäts- und Sportstadt, erschien um 9.36 Uhr in der FAZ ein Text von Michael Eder unter Ein Königreich der großen Ideen und furchtbaren Fehler. Der Autor bemerkt:
"Beim Schach geht es darum, in die Zukunft zu schauen, das ist, was die Spieler auf der Bühne versuchen, und das ist, woran die Analysten im Hintergrund arbeiten, wenn sie die Computerprogramme starten und Millionen Möglichkeiten durchspielen lassen. Schach ist Logik. Problemlösung. Wissenschaft. Aber auf der Bühne ist es auch Psychodrama, weil es unter Zeitdruck stattfindet und in der Inszenierung eines Zweikampfes.“
Die Salzburger Nachrichten werfen auch einen Blick auf die letzte Schachpartie von Sotschi und den Triumph von Magnus Carlsen inklusive begeisterter norwegischer Stimmen:
"Mit den weißen Figuren zwang er den 44-jährigen Kontrahenten in der 11. Partie nach vier Stunden Spielzeit zur Aufgabe. 'Masterly Magnus! Zum zweiten Mal Weltmeister!', schrieb die norwegische Zeitung 'Aftenposten' in ihrer Online-Ausgabe. Carlsens Vater Henrik sagte der Zeitung 'Dagbladet': 'Das ist großartig.' In der Spanischen Partie hatte Anand zuletzt noch einmal alles versucht, seinen Rückstand im Duell um die Schachkrone wettzumachen, um zumindest das Stechen zu erreichen. Aber seine Bemühungen scheiterten am präzisen Gegenspiel des jungen Weltmeisters, der immer die Übersicht behielt. Nach 45 Zügen gab der Inder auf und gratulierte Carlsen zum Sieg.“
An dieser Stelle möchte mich für Ihr Interesse bedanken.
Bleiben Sie mir gewogen.
Michael Wiemer
Der 51-jährige Michael Wiemer erlernte einst in Leipzig bei MoGoNo unter Anleitung von Trainer Paul Gaffron die Feinheiten des königlichen Spiels. Mit 14 Jahren spielte er seine ersten internationalen Fernschachpartien. Schach ist für ihn immer wieder faszinierend. Seine private Schachbibliothek ist ein beredtes Zeichen davon.
Michael Wiemers Lieblingsspieler in der Schachgeschichte ist Bobby Fischer.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19164