24. März 2014
Heute ist Ruhetag beim Kandidatenturnier. Den brauche ich auch. Einige Spieler vielleicht auch. Fassen wir mal die Ereignisse der letzten Runden zusammen: In der 8. Runde trafen die beiden Führenden Anand und Aronian aufeinander.
Diese Stellung entdeckte ich als ich endlich dazu kam, in die Liveübertragung zu schauen. Mit der geballten Kraft aller meiner DWZ-Punkte schlussfolgerte ich: Aha, noch nichts verpasst!
Erst einen Augenblick später bemerke ich, dass die Partie bereits vorbei ist. Remis im 19. Zug nach Zugwiederholung. Wieso nur lässt man sich darauf ein?
Aronian soll in der Pressekonferenz von einer missglückten Eröffnung gesprochen haben - und Anand? Der hat wohl das Reglement besser gelesen als ich. Deswegen weiß er, was ich vor ein paar Tagen noch nicht wusste: Haben am Ende des Turniers 2 Spieler gleiche Punktzahl, entscheidet zunächst der direkte Vergleich. Erst dann kommt die Frage, wer mehr Partien gewonnen hat!
Bitte entschuldigen Sie diese Ungenauigkeit in meinem letzten Bericht. Und durch diese Zugwiederholung hat Anand nun 1,5 aus 2 gegen Aronian und wäre bei Punktgleichheit Sieger.
Ansonsten passierte in Runde 8 nicht viel. Karjakin gewann gegen Svidler, was keine ernsten Auswirkungen auf die Spitze des Feldes hatte. Der Rest trennte sich nach teilweise heiterem Verlauf friedlich.
Und jetzt kam Runde 9 und nichts ist mehr wie vorher! Andreikin spielt Remis gegen Svidler. Das macht nichts. Alle anderen Partien werden aber entschieden.
Kramnik wurde von Karjakin in der Eröffnung überrascht und spielt dann lange eine schlechte Stellung bis zur Aufgabe aus.
Aronian spielt munter auf die Stellung von Mamedyarov ein und der verteidigt sich mittels eines Qualitätsopfers so gut, dass Aronian verliert. Das ist bitter für den Wahl-Berliner! Warum? Weil gleichzeitig Topalov seinen Sizilianer gegen Anand in einen schlechten Franzosen verdirbt und Anand gewinnt! An dieser Stelle saß ich im Kreis von Freunden, die am Freitag noch völlig ausflippten, als Werder Bremen in der (Fußball-) Bundesliga gegen Freiburg verlor. Ich beobachte die Partie auf meinem Smartphone. Als sie zu Ende ist und meine Enttäuschung für alle sichtbar wird, wundern sich alle, dass ich beim Schach ähnlich leiden kann wie bei Ballsportarten.
Schauen wir dem Tiger von Madras also ins Auge und dabei auf die Tabelle! Anand führt mit 6 aus 9 und einem ganzen Punkt Vorsprung das Feld an. In den verbleibenden 5 Partien muss Aronian also nicht nur diesen 1 Punkt aufholen sondern 1,5! Denn bei Punktgleichheit wäre ja Anand Sieger. Auf Platz drei liegen jetzt punktgleich Kramnik, Mamedyarov und der von mir in meinem letzten Bericht noch als schwach bezeichnete Karjakin! Auch diese Spieler müssten noch mindestens 1,5 Punkte aufholen, um mit Anand gleichzuziehen. Wie das dann mit dem direkten Vergleich sein wird ist noch unklar. Alle müssen noch einmal gegen Anand spielen. Andreikin und Svidler folgen mit 4 Punkten. Am Ende der Tabelle liegt jetzt mit 3,5 Topalov.
Festzuhalten bleibt: Anand führt völlig verdient. Er spielt absolut stabil und gewinnt, sobald seine Gegner einen Fehler machen. Ich bin gespannt, was in den nächsten 5 Runden noch kommt. Ich wünsche Ihnen und mir gute Nerven!
Michael Woltmann
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 9623