München 2025, fünfter Tag: Bonhage und von Weizsäcker - so klein ist die Schachwelt. Keymer und Wagner lassen Federn.

Matthias Wolf

Bislang unbekannte Bande zwischen dem Turnierfotografen und dem ehemaligen DSB-Präsidenten - Ein Hauch von neuer Spannung in den Meisterklassen

Die Welt ist klein. Die Schachwelt noch kleiner. Heute trafen sich bei den Deutschen Meisterschaften in München zwei Männer, die sich bisher nicht kannten – und doch was gemeinsam haben: Turnierfotograf Stev Bonhage und ein großer Mann des deutschen Schachsports: Professor Dr. Robert Klaus Freiherr von Weizsäcker. Der ehemalige DSB-Präsident (in dessen Amtszeit die Olympiade 2008 in Dresden stattfand) und Fernschach-Nationalspieler machte heute den ersten Zug. Fotografiert von Bonhage, dessen Uropa Franz Eiche, aus der DDR geflohen, einst der Fahrer von Bundespräsident Richard von Weizsäcker war – der Vater von Robert von Weizsäcker. “Als ich meiner Oma am Telefon berichtet habe, wen ich heute getroffen habe, hat sie vor Freude angefangen zu weinen”, sagte Bonhage. Klar, dass die beiden sich einiges zu erzählen hatten. Am Rande eines Turniers, das “wirklich in einem außergewöhnlichen Ambiente stattfindet”, schwärmte von Weizsäcker: “Ein faszinierender Spielsaal.” Dann ging es sportlich in der Black Box ans Eingemachte, Top-Favorit GM Vincent Keymer ließ beim Remis gegen GM Dennis Wagner heute erste Federn. Ebenso IM Dinara Wagner, die zwar auch weiter führt - aber von WGM Jana Schneider über weite Phasen schwer unter Druck gesetzt wurde und nur noch ein Remis schaffte.

Meisterklassen: Heute war der Tag der Sieg-Premieren.

Heute keimte wieder zumindest ein wenig Hoffnung auf - in beiden Meisterklassen. Motto: Die Führenden sind nicht unfehlbar. Oder, um es mit GM Klaus Bischoff, unserem Kommentator, zu sagen: Das Remis von Wagner als auch Keymer seien "völlig normale Ergebnisse - beide hatten Schwarz und mussten schauen, dass es überhaupt ein Remis wird. Insbesondere Dinara." DSB-Sportdirektor Kevin Högy: "Hätte man beiden vor dem Turnier gesagt, dass sie 4,5 aus fünf Partien holen würden - sie hätten sofort unterschrieben." Also: Nur ein Hauch von Spannung...

Für die jungen Spieler und Spielerinnen ist es ein Auf und Ab. Nach ihrem ersten Sieg gestern unterlag WFM Lisa Sickmann heute WGM Josefine Heinemann deutlich, die sich danach aber selbstkritisch gab: “Ich glaube, die Partie war nicht so toll. Aber am Ende bin ich froh, weil es mein erster Sieg war.” Zuvor waren ihr nur drei Remis gelungen. Nun ist das Glas zumindest halbvoll. “Es war nicht die beste Partie aller Zeiten, aber ein Gewinn.” Es war der Tag der ersten Erfolgsgefühle. FM Lara Schulze besiegte Talent WFM Charis Peglau, Sie habe sich “die ganze Partie über gut gefühlt”, so Schulze. Mit 2,5 Punkten stehe sie jetzt exakt bei 50 Prozent, “was völlig akzeptabel ist”.

Eine Sieg-Premiere gab es auch in der offenen Meisterklasse, für GM Niclas Huschenbeth. “Es fühlt sich sehr gut an, war auch sehr wichtig”, sagte er nach dem Erfolg gegen IM Marco Dobrikov. Das Duell sei “nervenaufreibend” gewesen, aber das Resultat lasse ihm die Hoffnung, “noch irgendwann oben mitzumischen”. Morgen geht es jetzt gegen Keymer. “Da freue ich mich drauf, das wird eine richtig schöne Herausforderung.” Die Konkurrenz wittert zumindest ein wenig Morgenluft. Wenngleich es dabei bleibe, so Huschenbeth: “Vincent noch einzuholen wird schwer – aber ich will zumindest nach vorne komme und nicht nur am Tabellenende rumgurken.” (mw)

Die Dopingjäger von der NADA waren wieder da: Diesmal in informeller Mission

Interessanter Sidekick heute im Fat Cat: Die Nationale Anti-Dopingkommission NADA, die gestern mit sechs Kontrolleuren angerückt war, rückte mit ihrem Info-Stand “Gemeinsam gegen Doping” an. Viele Spielerinnen und Spieler nahmen das Angebot von Paula Marx und Hendrik Lohmer, mit einer VR-Brille virtuell eine Dopingkongtrolle durchzuspielen, sehr gerne an. “Das war jetzt richtig interessant”, sagte FM Christian Glöcker. Niklas Mörke, als Pressemann der Deutschen Schachjugend heute in München, wollte die VR-Brille gar nicht mehr absetzen: “Voll spannend.“ “Gerade für junge Spieler und Spielerinnen ist das Thema wichtig”, sagte Paula Marx: “Dann wissen sie bereits vor ihrer ersten Kontrolle, was auf sie zukommt.” Doch nicht nur über das aufwändige Prozedere, Meldesystem und die NADA-App wurde informiert, wer wollte, konnte auch viel über verbotene Substanzen erfahren. Damit keiner in Fallen tappt - Prävention im besten Sinne. “Für viele war das heute der erste Kontakt mit uns von der NADA”, sagte Paula Marx. Der Besuch kam jedenfalls besser an als der der Kolleginnen und Kollegen gestern. (mw)

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