10. November 2024
Okay, Zusatzkosten für Übergepäck aufgrund von massenweise errungenem Edelmetall fielen weg. Aber das tat der guten Laune beim Abflug der deutschen Delegation am heutigen Sonntagnachmittag keinen Abbruch. Nicht nur, weil es – immerhin – eine Medaille wurde (Bronze für WFM Charis Peglau), sondern weil die Koffer voll waren mit Erinnerungen von der Jugend-Weltmeisterschaft in Brasilien. „Es war insgesamt ein riesiges Erlebnis“, sagte Bundesnachwuchstrainer IM Bernd Vökler, der mit seinen Trainerkollegen GM Henrik Teske und IM Robert Baskin ein insgesamt positives Fazit zog.
Als die Siegerehrung um 22 Uhr Ortszeit (zwei Uhr nachts in Deutschland) über die Bühne ging, war einer jedoch enttäuscht: FM Bennet Hagner hatte eine Medaille „mein klares Ziel“ genannt. Am Ende wurde es der undankbare vierte Platz – und das auch noch nach Wertung. „Schade, dass es nur Blech wurde“, sagte Vökler, aber man müsse festhalten: „Beim Kampf um die Medaillen lag Glück und Pech eng nebeneinander.“ Die Elo-Liste hätte auch wenig ausgesagt, viel Nichteuropäer seien „deutlich unterbewertet“ gewesen.
"Nur Blech" - aber auch Hagner spielt ein tolles Turnier
Beachtliche 8,5 Punkte hatte Hagner errungen, ebenso viele wie der Zweitplatzierte FM Krzysztof Racek und Bronzesieger Nikita Kalinin. Der neue Weltmeister FM Javier Habans Aguerrea aus Spanien hatte nur einen halben Punkt mehr. Bitter. Mit einem brillanten Angriff in Runde zehn hatte sich Bennet Hagner eine sehr gute Ausgangsposition für die letzte Runde geschaffen. Doch der abschließende Sieg gegen FM Daniyel Sapenov kam zu spät. In der U16 kam es in Runde zehn zum einzigen deutschen Duell zwischen Leon Philipp Klaska und Tim Sauer. Sie trennten sich mit einem Remis und lagen am Ende beide mit sieben und 6,5 Punkten in Schlagdistanz zu den Medaillenrängen. Tim Sauer lobte am Ende Trainer Baskin: „Er hat mir viele neue Varianten gezeigt. Auch wenn nicht alle im Turnier zum Einsatz kamen, war es sehr lehrreich".
Mit acht Punkten aus elf Partien belegte Charis Peglau einen starken dritten Platz. Der Abstand zur Erstplatzierten WIM Afruza Khamdamova (gegen die sie auch ihre einzige Niederlage einstecken musste) betrug am Ende aber 2,5 Punkte. Peglau wiederum hatte nach Ihrem Remis gegen WFM Ernestina Adam (Argentinien) Glück, dass sie zumindest aufgrund der besseren Wertung noch Bronze holte. Denn WFM Leila Tabermakova (auf Rang vier) hatte am Ende ebenfalls acht Zähler. Allerdings auch FM Yana Zhapova auf Rang zwei. Charis Peglau legte jedenfalls einen beeindruckenden Schlussspurt hin und holte 3,5 Punkte aus den letzten vier Partien. „Bis auf das Spiel gegen die Erstplatzierte bin ich sehr zufrieden“, sagte sie: „Ich habe alles gegeben.“
In der U14 lagen Daniel Gregoire Nunez (6/11) und Laertes Neuhoff (5,5/11) zum Schluss im Mittelfeld. In der U18 wurde FM Kevin Haack (6/11) bester Deutscher auf Rang 32 – er muss sich mit seinem Titel als Problemlöser-Weltmeister trösten. In dieser Altersklasse holte Max Weidenhöfer 4,5 Punkte.
Sarah Neininger (6,5 Punkte) spielt in der U14 ein gutes Turnier. Johanna Richter (fünf Punkte) musste nach gutem Start einige Niederlagen einstecken. Charis Zwillingsschwester Dora Peglau holte in der U16 5,5 Punkte. Coco Lepu Zhou (6,5) kam auf Rang 13 – und war nicht zufrieden: „Ich bin angetreten, um mindestens in die Top Ten zu kommen. Aber wenn man drei weiße Stellungen mit jeweils plus eins nicht gewinnt, braucht man sich nicht zu wundern.“
Was vor allem aber bleibt für junge Spieler: persönliche Highlight einer exotischen Turnierreise. Für Laertes Neuhoff war es „eindeutig das Sandboarding!“ Coco Lepu Zhou hat den Tagesausflug am freien Tag genossen: die traumhafte Natur Brasiliens mit Felsen, Strand und kaltem Regen. „Ich habe viele Geschichten zu erzählen, wenn ich heimkomme“, sagte sie. Dora Peglau und Daniel Nunez Gregoire führten das tägliche Volleyballspiel als größten Spaßfaktor an. Bundesnachwuchstrainer Vökler, mittlerweile auch Volleyball-Experte: „Und in der Tat sah man bei allen nach einer Woche immense Fortschritte.“
Vielen ist es gelungen, mit Sportlerinnen und Sportlern aus anderen Ländern ins Gespräch zu kommen, ja sogar Beziehungen aufzubauen. Rekordhalter hier „die Sunnyboys der Delegation“, wie sie Bernd Vökler nennt: Max Weidenhöfer hat mit sieben seiner Gegner die Partien analysiert – Sprachbarrieren wurden weggeräumt. Er hat gleich fünf Turniereinladungen erhalten, unter anderem nach Paris, New York und Brasilien. Fleißig Länderpunkte sammelte er auch auf anderen Gebieten: Mit Teilnehmern aus über 15 Ländern hat er Karten gespielt und Schach geblitzt. Und dann waren da noch die Mädels mit ihrer WG. Die habe, so Coco, Charis und Dora „super funktioniert“ - trotz wenig Platz und merkwürdiger Ausstattung: „Wir hatten fünf Betten, aber keinen Tisch – und ein Fenster, dass sich nicht schließen ließ.“ Pause. „Aber wir hatten viel Spaß.“ Und so hatten sie am Ende vor allem eines im Gepäck, das oft mehr zählt als Edelmetall: schöne Erinnerungen. (mw)
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