5. Oktober 2018
Wir haben uns diesmal reichlich Zeit gelassen mit der Auswertung des Monats August. Wie im Monat zuvor nahmen sieben Schachfreunde am Quiz teil, wobei keiner die volle Punktzahl erreichte. Dazu waren die Fragen unseres Historieexperten Dr. Michael Negele mitunter sehr schwierig, um auf die richtige Lösung zu kommen.
Die meisten Punkte im August erreichte Hajo Markus aus Walsrode. Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Buches "Damenschach in Ostdeutschland" von Wolfgang Pähtz! Von dem Werk sind nur 70 Exemplare im Selbstverlag erschienen. Das von uns verloste Exemplar wurde vom Autor persönlich signiert und hat die fortlaufende Nummer 11.
Frage | Antwort | Punkte |
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1. Am 3. August 1896 besiegte Emanuel Lasker (im Bild 1 links außen) in Nürnberg mit einer "Berliner Mauer" jenen Kollegen, dem der Weltmeister stets einen besonderen Respekt entgegenbrachte. Wer war dieser "Schachgigant" (Name und Lebensdaten, was ist in Bezug auf Lasker bemerkenswert)? | Ernst Richard Teichmann (* 23. Dezember 1868 in Lehnitzsch bei Altenburg; † 12. Juni 1925 in Berlin) - ein Tag älter als Lasker (und damit nicht am gleichen Tag geboren!) | 1 |
2. Wo ist Laskers Gegner auf dem Turnierbild (Bild 1) zu erkennen? Wo hatte dieser Meister seinen ersten Erfolg in einem internationalen Turnier? Wodurch war seine unerwartet schlechte Platzierung im Nürnberger Turnier begründet? | Ganz rechts sitzend mit Melone; 9. DSB-Kongreß Leipzig 1894 (Dritter hinter Tarrasch und Lipke); Teichmann war erkrankt, seine Augenverletzung beeinträchtigte ihn bis zu einer erfolgreichen Operation im Jahr 1904 beträchtlich. | 1 |
3. Wo kann man dieses Bildnis Laskers (Bild 2) leicht auffinden, wo aber dann nicht? Welche Stellung betrachtete Lasker aufmerksam? | In der ersten Auflage des Turnierbuches Nürnberg 1896 von S. Tarrasch und Chr. Schröder (Leipzig 1897), die zweite Auflage von 1921 verzichtet darauf. Es ist die Stellung aus der berühmten Partie Pillsbury-Lasker, St. Petersburg 4. Januar 1896 und zwar die Stellung vor dem 18. Zug von Schwarz: Tc3-a3! | 1 |
4. Mit seinem Triumph im Nürnberger Turnier 1896, an dem die gesamte damalige Schachelite beteiligt war, strich Weltmeister Lasker nicht nur den ersten Preis von 3.000 Mark ein, sondern unterstrich endgültig auch in Deutschland sein Primat in der Schachwelt. Das Nürnberger Turnierkomitee versuchte, einen Teil der Kosten aus dem Verkauf der Partien einzuspielen. Was sollte es kosten, eine Partie pro Turniertag zu veröffentlichen, für die Dauer des ganzen Turniers? Wie hoch war der Betrag, der dadurch eingenommen wurde? | 100 Mark für eine Partie pro Turniertag; es wurde laut dem Kassenbericht im Turnierbuch von 1897 (S. XXIV) immerhin 1031,75 Mark eingenommen. | 1 |
5. Wann und aus welchem Anlaß schrieb Lasker über diesen Meister (Bild 3): "Er ist in die Arena des öffentlichen Schachspiels ungefähr zur selben Zeit wie ich eingetreten. [...] Von ihm kann man rühmen, daß er nie Künstlerneid gefühlt hat. Er ist gegen seine Kollegen immer äußerst rücksichtsvoll gewesen."? | In seiner Schachspalte in der Berliner Zeitung am Mittag im Sommer 1911 nach Teichmanns Erfolg in Karlsbad, nachzulesen in Wiener Schachzeitung Nr. 17/20 1909, S. 299f. | 1 |
6. Wo trafen sich Lasker und sein geschätzter Kollege zum letzten Mal am Schachbrett? Wer hat diesem Anlaß besondere Aufmerksamkeit gewidmet, unter anderem mit den Worten: "Da - plötzlich - Lasker verliert die Dame gegen Turm und Springer! Sein Gesicht erstarrt, wird steinern, scharf wölbt sich die Hakennase, die Lider schließen sich verkniffen."? | Bei einer Konsultationspartie Lasker + Beratende gg. Teichmann + Beratende in Zürich im Juni 1919, der Künstler Max Oppenheimer (MOPP) beschrieb die Atmosphäre eindrucksvoll im Buch "Menschen finden ihren Maler", Zürich 1938, S. 18. | 1 |
7. Wo trat unser Mr. X zum letzten Mal öffentlich auf (Bild 4)? Was war danach sein trauriges Schicksal? | Berlin, Dezember, das von Bernhard Kagan initiierte 1924 Viermeisterturnier mit Paul Johner (Sieger) Akiwa Rubinstein (Zweiter), Teichmann (Dritter) und Jacques Mieses. Im Januar 1925 wurde Teichmann ins Rudolf-Virchow-Krankenhaus eingeliefert, wo er am 12. Juni (oft falsch 14. Juni) 1925 verstarb. | 1 |
8. Aus welchem Anlaß kam angeblich der berühmte Ausspruch "Genug des Stumpfsinns, Remis!" zustande? Wer hat dies wann überliefert? | Wettkampf mit Fritz Sämisch im Januar 1922 im Berliner Schachheim, auch von Bernhard Kagan gesponsert. 30 Jähre später berichtete Sämisch in Deutsche Schachrundschau Caissa 1952 auf S. 29 von diesem Match, in dem die zweiten Partie ein etwas unrühmliches Ende fand durch Teichmanns "Remiserklärung". | 1 |
Die Frage nach den Lebensdaten des gesuchten Schachmeisters Richard Teichmann stellte keinen Teilnehmer vor Probleme. Auch die Besonderheit mit dem nahezu gleichem Geburtstag wie Lasker war keine besondere Herausforderung.
Richard Teichmann auf dem Foto zu lokalisieren war für niemanden schwierig. Punktabzug gab es aber für den Grund für seine schlechte Plazierung. "Kränklich" reichte uns nicht aus. Gleich mehrere Teilnehmer antworteten uns sehr ausführlich mit zusätzlichen Informationen: Teichmann verlor sein Augenlicht als Schüler durch einen Spielkameraden und trug seitdem ein Glasauge. Beim Turnier breitete sich eine Entzündung aus.
Nur unser Augustgewinner hatte bei dieser Frage eine Punktlandung. Alle anderen Teilnehmer erreichten maximal einen halben Punkt. Beide Teilfragen erwiesen sich als recht schwierig.
Für die richtigen Zahlen gab es den vollen Punkt bei drei Teilnehmern. Mit "über 1000 Mark" haben wir uns nicht zufrieden gegeben. Ausführlich waren die Antworten teilweise bei den Kosten für die Partien. Und hier gab es Abweichungen zur Lösung von Michael Negele: Eine Partie kostete demnach nur 10 Mark, ein Paket mit einer Partie täglich kostete 100 Mark insgesamt (also nicht pro Partie!), zwei Partien täglich 200 Mark und drei Partien täglich 300 Mark.
Diese Frage wurde von niemandem komplett richtig beantwortet. 6 der 7 Teilnehmer bekamen aber wenigstens einen halben Punkt.
Komplett richtig lag wieder einmal nur unser Augustgewinner. Die Beratungspartie als Teillösung war noch einfach, doch Max Oppenheimer erwies sich als nahezu unlösbar.
Nur zwei Teilnehmer geizten mit detaillierteren Informationen (zum Krankenhaus), weswegen es hier Punktabzug gab. Sehr ausführlich waren die Antworten, die die Todesursache (chronisches Nierenleiden) nannten.
Vier Teilnehmer erreichten die volle Punktzahl. Am ausführlichsten war die Antwort unseres Augustsiegers, die wir nachfolgend komplett wiedergeben.
Der Ausspruch "Genug des Stumpfsinns, remis" kam nach Friedrich Sämisch ("Deutsche Schachrundschau Caissa", Heft 2/1952, Seite 29) anläßlich eines Wettkampfes Teichmann-Sämisch im Berliner Schachheim Ende Januar 1922 so zustande:
"In meinem Match gegen Teichmann verlor ich die erste Partie als Nachziehender, weil ich in einer indischen Partie eine gut aussehende Stellung erlangt hatte, sie aber überschätzte und unbegründet auf Gewinn spielte. Diese Schlappe wollte ich in der zweiten Partie ausgleichen, und es kam auch so, wie ich es mir gedacht hatte. Der Altmeister verteidigte das Damengambit orthodox (…), muss „eingeschlafen“ sein und beging einen unverständlichen Fehler, der einen Bauer einbüßte. Als das passierte, stand Teichmann ärgerlich auf, beschimpfte sich und begab sich zu den Tarock-Tischen, um diesen Unglücksfall seinem Spezial-Freund (Lucien) Einbild zu erzählen, einem sehr starken und kenntnisreichen russischen Meister. (…) Ich stand nun wirklich besser: einmal deswegen weil ich Weiß hatte (woran ich damals noch glaubte), zweitens hatte Teichmann das Damengambit orthodox verteidigt (was nach Tarrasch nicht gut sein konnte) und drittens hatte ich einen Bauern mehr. Aber im weiteren Verlauf der Partie erwachte der alte Löwe und bereitete mir die größten Schwierigkeiten, wie übrigens immer in solchen Fällen. (…) So auch diesmal, wobei sich plötzlich einen Stellung ergab, in der ich entweder in eine Zugwiederholung einwilligen (also remis), oder die Qualität opfern musste. (…) Also Grund genug, darüber ernsthaft nachzudenken, als plötzlich Teichmann aufstand, und mit den klassisch gewordenen Worten die Figuren zusammenschob: „Genug des Stumpfsinns, remis.“ Und davon ging, ohne meinen Protest abzuwarten. Ich lief verzweifelt zu Meister Einbild, der die Wettkampfleitung übernommen hatte, und lief Sturm dagegen, das ginge doch nicht, ich stehe auf Gewinn usw... Doch Meister Einbild verstand es, mich zu beruhigen. Er verließ den Tarock, begann mit mir zu analysieren und betonte: „Wenn Teichmann sagt, es ist remis, dann wird es auch so sein“, und in der Tat, wir fanden keine Gewinnfortsetzung für mich."
Eine Kurzfassung dieses Geschehens gab schon vorher Rudolf Spielmann in seinem Buch "Ein Rundflug durch die Schachwelt" aus dem Jahr 1929 auf Seite 58.
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - Laskerjahr // ID 8685