30. Mai 2021
Mit Arik Braun, Rasmus Svane und Matthias Blübaum werden die deutschen Farben beim kommenden FIDE World Cup in Sotschi vom 10. Juli bis zum 6. August gleich dreifach vertreten sein. Somit sind insgesamt drei von fünf in der Finalrunde stehenden deutschen Spieler schlussendlich durchgekommen. Für Alexander Donchenko und Dmitrij Kollars reichte es leider nicht. Beide scheiterten denkbar knapp an ihrer großmeisterlichen Gegnerschaft.
Der erste Qualifikant ist Arik Braun. Der ehemalige Jugendweltmeister hatte von allen auch die denkbar beste Ausgangsposition. Weil Arik die erste Partie gegen seinen Gegner Aleksandr Rakhmanov (2651) mit den schwarzen Steinen gewinnen konnte, reichte gestern mit Weiß bereits ein Remis. Zwar stand Arik nach der Eröffnung blendend, aber dann kam irgendwann der Schlendrian auf. Kurze Zeit später fand sich Arik in einem unangenehmen Endspiel wieder. Das jedoch hielt er mit seiner gesamten Klasse und Routine souverän Remis. Mit 1,5:0,5 gewann er damit sein Finalmatch und qualifizierte sich direkt ohne notwendigen Tiebreak für den World Cup in Sotschi.
Rasmus Svane löste das zweite Ticket für den beliebtesten Bade- und Kurort der Riviera des Schwarzen Meeres. In der zweiten klassischen Partie machte er mit Weiß mächtig Druck in einer Sizilianischen Partie. Weil Sergej Movsesians König in der Mitte stecken geblieben war, bot sich Rasmus die Chance für einen gefährlichen Angriff. Doch sein armenischer Gegner verteidigte sich umsichtig – und so reichten ein, zwei Ungenauigkeiten des Deutschen, um die Punkteteilung unter Dach und Fach zu bringen.
Im Schnellschach-Tiebreak zeigte Rasmus dann aber seine ganze Klasse in Partien mit verkürzter Bedenkzeit. Zwei mustergültig vorgetragene Angriffspartien später hatte Rasmus die Qualifikation für den World Cup unter Dach und Fach, denn Movsesian konnte dem Angriffswirbel des Lübeckers nichts entgegensetzen. Mit Weiß gewann Rasmus nach 32 Zügen, mit Schwarz dauerte es nur ungemein länger (35 Züge). Ein glattes 2:0 und ein hochgradig verdienter Sieg. Kostprobe gefällig?
Ebenfalls in Sotschi vertreten sein wird Matthias Blübaum. Obwohl Matthias auch seine gestrige Partie gegen GM Ivan Ivanisevic nach großem Kampf verlor, wird er den deutschen Freiplatz gemäß den von der Kommission Leistungssport in Absprache mit den Kaderspielern festgelegten Qualifikationskriterien erhalten. Mit Matthias haben wir ebenfalls über seine Partie und seine Aussichten für Sotschi gesprochen:
Heute musstest du mit Schwarz gewinnen, um die gestrige Niederlage auszugleichen. Wie geht man so eine Must-Win-Partie an und was kannst du uns zum Verlauf der Partie sagen?
Gerade mit Schwarz ist es natürlich schwer, überhaupt Gewinnchancen zu kreieren, insofern war ich mit dem Verlauf der Eröffnung zufrieden, denn ich habe eine sehr komplexe Stellung und etwas Zeitvorteil bekommen. Allerdings war diese Stellung objektiv nur einfach ausgeglichen, ich konnte z.B. ab dem 19. Zug mit Lf3+ immer Dauerschach geben, aber das hilft mir in so einer Situation natürlich wenig. Meine beste Chance wäre wohl 27. ... Sg4 gewesen, wonach die Stellung unklar bleibt. Das Endspiel war für Weiß dann leider viel zu leicht Remis zu halten, indem man einfach nur die Damenflügel-Bauern vorzieht. Alles in allem hat mein Gegner aber auch in der komplizierten Stellung den Überblick behalten und ist somit verdient weitergekommen.
Auch wenn du das Finale nicht gewinnen konntest, fällst du weich: Du wirst aufgrund der Qualifikationsregularien der Kommission Leistungssport den deutschen Freiplatz zum World Cup erhalten. Wie siehst du dort deine Chancen?
Glücklicherweise wusste ich schon vor dem Match, dass ich mit Erreichen des Finalmatches den Freiplatz sicher habe, allerdings hätte ich mich natürlich deutlich lieber einfach aus eigener Kraft qualifiziert. Durch das neue Format beim World-Cup sollte ich in der ersten Runde noch recht klarer Favorit sein (auch wenn es natürlich trotzdem nie einfach ist) und in der zweiten Runde wäre es dann vermutlich ein Match auf Augenhöhe. Ich konnte ja 2017 schon World-Cup-Erfahrung sammeln und werde einfach versuchen, so weit zu kommen wie möglich.
Auf seiner Homepage erklärt GM Aleksandar Colovic: „Hybrid isn‘t that bad“ (Hybridschach ist gar nicht so schlecht). Wie fällt deine Meinung zum Hybridschach aus?
Ehrlich gesagt hoffe ich, dass ich nicht so bald wieder Hybridschach spielen muss. Ich hatte während den Partien nicht wirklich das Gefühl, klassisches Schach zu spielen, es ist für mich eher eine neue Schach-Disziplin (die natürlich auch während der Pandemie immerhin ermöglicht, etwas in der Art von Langzeitschach zu spielen). Auch wenn natürlich alles versucht wird, um die Spielbedingungen optimal zu machen, zeigt glaube ich unter anderem die Tatsache, dass Mouseslips wie z. B. bei Alekseenko - Krasenkow darüber entscheiden können, wer beim World-Cup mitspielt, dass das ganze System noch nicht wirklich optimal ist.
Ganz knapp haben die Qualifikation für den FIDE World Cup Alexander Donchenko und Dmitrij Kollars nicht geschafft. Während Alexander in der zweiten klassischen Partie mit Weiß gegen GM Aleksandar Indjic (2607) spielend in einer Modernen Benoni-Verteidigung in einen heftigen Angriff geriet und schlussendlich die Segel streichen musste, verfehlte Dmitrij die Qualifikation noch knapper. Nachdem er in der zweiten klassischen Partie schnell Remis gab, konnte er auch noch die erste Schnellschachpartie dank herausragender Verteidigungskünste unentschieden gestalten. In der zweiten Schnellschachpartie gelang ihm dieses Kunststück aber nicht mehr. In einem objektiv remisen Bauernendspiel reichte ein falscher Zug, wonach sein Gegner Sanan Sjugirov (2663) den Sieg einheimsen konnte. Sehr schade, denn ein weiteres Remis hätte eine Armageddon-Partie zur Folge gehabt, bei der alles möglich gewesen wäre (beim Armageddon hat Weiß fünf Minuten und Schwarz vier Minuten – dafür reicht dem Nachziehenden aber ein Remis zum „Sieg“).
Br. | Wir | Elo | - | Gegner | Elo |
---|---|---|---|---|---|
14 | GM Matthias Blübaum | 2669 | 0:1, 0:1 |
GM Ivan Ivanisevic |
2606 |
16 | GM Dmitrij Kollars | 2607 | ½:½, ½:½ |
GM Sanan Sjugirow |
2663 |
17 | GM Alexander Donchenko | 2660 | ½:½, 0:1 |
GM Aleksandar Indjic |
2607 |
21 | GM Arik Braun |
2609 | 1:0, ½:½ |
GM Alexander Rachmanow | 2651 |
26 | GM Rasmus Svane |
2615 | ½:½, ½:½ |
GM Sergej Movsesjan |
2647 |
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