26. April 2025
Das Lob kommt aus berufenem Munde. GM Vincent Keymer ist nun wirklich weit herumgekommen. Aber die Zuschauerzahlen bei der Zentralen Endrunde der Bundesligen in Deggendorf haben ihn schwer beeindruckt. Gut und gern gern 800 waren es an den ersten beiden Tagen. "Das macht richtig Spaß hier", sagte die deutsche Nummer eins, der heute Remis gegen GM Ivan Saric spielte, "die Organisation gefällt mir sehr gut." Sein Nationalmannschaftskollege GM Frederik Svane, ebenfalls mit Remis gegen GM Paulius Pultinevicius, schwärmte sogar, er habe selten so einen schönen Spielsaal mit Tribüne gesehen. Und WGM Josefine Heinemann (Sieg gegen Fiona Steil-Antoni) sagte sogar mit einem Lächeln: "Ich habe vorher noch nie was von Deggendorf gehört - die Zuschauer aber scheinbar schon." In diesem wunderbaren Ambiente (heute war es aufgrund des sommerlichen Wetters auch deutlich heller im Saal) in Niederbayern hatten aber vor allem die Baden-Badenener heute eine bittere Pille zu schlucken. Sie, selbst Rekordmeister der Bundesliga, mussten einem Neuling den Vortritt lassen. Der Düsseldorfer SK, gerade erst in die Bundeesliga aufgestiegen, sicherte sich vorzeitig durch den 5:3-Erfolg gegen den SC Heimbach-Weis-Neuwied den Meistertitel. "Ich habe mir einen Kindheitstraum erfüllt", sagte Wadim Rosenstein, der Mäzen des Teams. Er durfte erstmals Bundesliga spielen, verlor zwar am achten Brett seine eigene Partie und hatte die Ansicht, er sei "nicht so schlecht gewesen", habe nur "den roten Faden verloren" angesichts einer schnellen Verluststellung recht exklusiv. Aber er sagte danach auch zu Recht mit Stolz in der Stimme: "Ziel erreicht!" Ob er, der Millionär, weitermacht und weiterhin viel Geld in den Klub steckt? "Das ist offen. Ich wollte den Titel innerhalb von zwei Jahren - nun habe ich ihn." In der Frauenbundesliga steht der SC Bad Königshofen kurz vor dem Ziel - die Zweifel sind nur noch theoretischer Natur vor dem Schlussrundentag gegen den Hamburger SK.
Markus Schäfer, der Präsident der Bundesliga, wollte das Geschehen und die Diskussionen rund um Rosenstein gar nicht werten. Klar sei viel Geld im Spiel, aber das gelte auch für andere: "Es ist nicht so, dass man eine Mannschaft zusammenkaufen kann und automatisch Meister wird." Kurzum: Düsseldorf habe es absolut verdient, "weil es offensichtlich funktioniert und auch harmoniert hat". Das sieht der so leidenschaftlich um das Star-Ensemble agierende Düsseldorfer Teamchef Jan Werner ähnlich, wie er im Interview mit Matthias Wolf vom DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit betont.
Glückwunsch, Herr Werner! Was war das Düsseldorfer Erfolgsgeheimnis?
Ich denke, der Grundstein wurde vergangene Saison gelegt, als wir schon in der zweiten Bundesliga einen sehr guten Teamspirit entwickelt haben. Mit jungen Spielern, einige aus Indien, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht die großen Nummern waren wie heute. Die indische Nationalmannschaft als Kern. Man denke nur an Dommaraju Gukesh, der für uns gespielt hat - letztes Jahr, diesmal leider nicht, weil er von Termin zu Termin hetzt. Damals war er noch nicht Weltmeister, sondern einer von einigen großen Talenten, die Wadim Rosenstein für uns gewinnen konnte. Enstanden ist daraus eine ganz tolle Truppe, die in einer gemeinsame Chatgruppe herumalbert und gerne Zeit miteinander verbringt. Es macht Spaß mit den Jungs, die auch menschlich alle top sind.
Die Rolle Ihres Mäzens wird kritisch gesehen. Er habe sich ein Team zusammengekauft. Was entgegnen Sie?
Ach, das ist doch nichts Neues in der Schach-Bundesliga. Immer wieder haben Mäzene die Liga geprägt. Grenke macht doch im Grunde nichts anderes. Magnus Carlsen spielt nur für St. Pauli, weil Jan Henric Buettner das sponsert. Wir haben die Chance ergriffen, als sie sich bot. Als ich vor zweieinhalb Jahren gesehen habe, dass es in Düsseldorf einen Unternehmer gibt, der in Schach investiert, habe ich Wadim Rosenstein angeschrieben. Eine Viertelstunde später waren wir vernetzt, drei Tage später war er unser Sponsor mit einem klaren Plan: Er wollte uns zum Meister machen. Das ist gelungen und freut uns sehr.
Der nun abgelöste Titelträger SC Viernheim mit Stefan Martin orakelt schon: Mal sehen, wie lange das gut geht...
Ja, das habe ich auf der DSB-Webseite gelesen. Da ist ein gewisser Neid natürlich mit im Spiel. Die Viernheimer sind bestimmt nicht glücklich, dass sie nun ein Newcomer vom Thron gestoßen hat. Ein Team, das übrigens nicht mit Remis-Großmeistern bestückt ist, sondern mit bissigen Jungs. Das Besondere an diesem Team: Es hat einen unbedingten Siegeswillen.
Trotzdem die Nachfrage: Wie nachhaltig ist das Projekt? Macht Rosenstein weiter?
Das ist tatsächlich noch offen. Es wäre schade, wenn es nicht so wäre, aber Fakt ist: Wir haben noch nicht final gesprochen.
Zum Abschluss kommt es morgen nochmal zum Duell Düsseldorf gegen Viernheim. Allerdings ohne großen sportlichen Wert. Seit heute ist auch klar, dass die SF Bad Mergentheim absteigen müssen - denn sie sind Drittletzer und morgen spielfrei.
Noch zwei schöne persönliche Geschichten schrieb diese Bundesliga-Endrunde. En passant nutzte auch der frischgebackene IM Bennet Hagner die Chance auf seine erste GM-Norm. Dem 17-Jährigen war vor seiner heutigen neunten Partie in der Bundesliga für die OSG Baden-Baden diese Norm nicht mehr zu nehmen. Er spielte auch heute Remis, gegen GM Zoran Jovanovic. Damit holte er insgesamt acht Zähler in dieser Saison - eine starke Leistung für einen Spieler, der vor wenigen Tagen erst 17 Jahre alt geworden ist. Hagner sagte, er habe in dieser für ihn glanzvollen Bundesligasaison gespürt, "dass ich auf diesem Niveau gewinnen kann. Das war sehr wichtig für mein Selbstvertrauen." Ja, sagte er, dieses Bundesligajahr sei "wie ein Traum" gewesen. "Die erste Norm ist mir jetzt sehr wichtig, ich möchte schnell meinen Titel machen". Angesprochen auf IM Leonardo Costa, ein weiteres großes DSB-Talent, der genau das dieser Tage geschafft hat, sagte Bennet Hagner mit einem Lächeln: "Das Tempo von Leonardo, mit zwei Normen innerhalb weniger Wochen, war schon beeindruckend. Das auch zu schaffen wird schwer." Zuzutrauen ist es ihm allemal. Deutlich älter, Baujahr 1997, aber auch schon einen Schritt weiter ist IM Julian Kramer. Er besiegte heute im Trikot des Hamburger SK GM Petr Neumann aus Bad Mergentheim und holte sich seine dritte GM-Norm. Das, sagte Kramer sichtlich gerührt, sei das Größte in seinem Leben.
OSG Baden-Baden | 4½:3½ | SK Kirchweyhe |
Schachfreunde Deizisau | 6½:1½ | SV Mülheim Nord |
SV Deggendorf | 4:4 | SV Werder Bremen |
FC Bayern München | 5½:2½ | FC St. Pauli |
SF Bad Mergentheim | 2½:5½ | Hamburger SK |
SC Heimbach-Weis-Neuwied | 3:5 | Düsseldorfer SK |
SC Viernheim | 6:2 | SG Solingen |
Ergebnisse: DSB-Ergebnisdienst | Schachbundesliga e.V.
Live-Partien: Lichess | Chess
Pl. | Mannschaft | MP | BP | 27.4 |
---|---|---|---|---|
1. | Düsseldorfer SK (N) | 26:0 | 75,0 | Viernheim (2.) |
2. | SC Viernheim (M) | 23:3 | 68,5 | Düsseldorf (1.) |
3. | OSG Baden-Baden | 22:4 | 62,5 | Mülheim (15.) |
4. | Schachfreunde Deizisau | 17:9 | 58,5 | Kirchweyhe (11.) |
5. | Hamburger SK | 13:13 | 55,0 | Dresden (7.) |
6. | SV Werder Bremen | 13:13 | 52,0 | Bayern (9.) |
7. | USV TU Dresden | 12:14 | 46,0 | Hamburg (5.) |
8. | SG Solingen | 11:15 | 49,5 | Heimbach (13.) |
9. | FC Bayern München | 10:16 | 47,0 | Bremen (6.) |
10. | FC St. Pauli (N) | 10:16 | 46,5 | Deggendorf (12.) |
11. | SK Kirchweyhe | 9:17 | 46,5 | Deizisau (4.) |
12. | SV Deggendorf (N) | 8:18 | 45,5 | St. Pauli (10.) |
13. | SC Heimbach-Weis-Neuwied | 8:18 | 45,5 | Solingen (8.) |
14. | SF Bad Mergentheim (N) | 7:21 | 44,5 | - |
15. | SV Mülheim Nord | 7:19 | 41,0 | Baden-Baden (3.) |
16. | SK Doppelbauer Turm Kiel | - |
In der Frauenbundesliga setzte der SC Bad Königshofen seinen Siegeszug fort. 5:1 gegen TuRa Harksheide. FM Lara Schulze gelang hier für TuRa ein bemerkenswertes Remis gegen IM Klaudia Kulon, auch Inken Köhler gefiel gegen WGM Tatjana Melamed mit einem Remis. Ansonsten konnte es sich Königshofen sogar leisten, WGM Jana Schneider zu schonen. Morgen reicht den Unterfränkinnen ein Unentschieden, um den Titel zu schaffen. Im Grunde sind dei Zweifel bei Blick auf die Mannschafts- und Brettpunkte nur noch theoretischer Natur. Es wäre der vierte in zehn Jahren für den Verein, der einmal mehr als Underdog in die Saison ging. Baden-Baden und vor allem Schwäbisch Hall waren deultich höher gehandelt worden. "Natürlich wollen wir jetzt den letzten kleinen Schritt noch machen", sagte der Vereinsvorsitzende Jürgen Müller, "wir wissen zwar immer, dass wir Außenseiter sind, sagen aber auch vor jeder Saison: Wir wollen Meister werden. Nicht, weil wir überheblich sind." Sondern? "Wenn Du den Titel einmal gewonnen hast, willst Du das geile Gefühl immer wieder haben." Morgen ist es soweit. Heute durften sich übrigens alle Klubs der beiden Bundesligen, durch je einen Vertreter, feierlich vor Rundenbeginn ins Goldene Buch der Stadt Deggendorf eintragen - eine nette Geste.
Finster wird es im Tabellenkeller für das SZ Seeblick Dippoldiswalde. "Die Endrunde läuft für uns bisher sehr unglücklich", sagt Markus Peglau, diesmal als Teambetreuer vor Ort. Nach der gestrigen späten Niederlage gegen die SG Löberitz verlor man heute erneut - 2,5:3,5 gegen den bisherigen Tabellenletzten SV Hemer, der nun an Seeblick vorbeizog. Ein kleines Schach-Wunder müsste nun her, am letzten Spieltag gegen die SG Solingen. Schwierig macht die Lage auch, weil Hemer und Löberitz ausgerechnet gegeneinander spielen. "Wir wollen uns eigentlich in der ersten Liga etablieren", so Markus Peglau, "ob über Umwege oder den Weg des Klassenerhaltes, das muss man sehen. Der Biss, erstklassig zu sein ist jedenfalls da." (mw)
OSG Baden-Baden | 3½:2½ | Schachfreunde Deizisau |
FC Bayern München | 0:6 | SK Schwäbisch Hall |
TuRa Harksheide | 1:5 | SC 1957 Bad Königshofen |
Hamburger SK | 4½:1½ | Rodewischer Schachmiezen |
SG 1871 Löberitz | 2:4 | SG Solingen |
SZ Seeblick Dippoldiswalde | 2½:3½ | SV Hemer 1932 |
Ergebnisse: DSB-Ergebnisdienst | Schachbundesliga e.V.
Live-Partien: Lichess | Chess
Pl. | Mannschaft | MP | BP | 27.4 |
---|---|---|---|---|
1. | SC 1957 Bad Königshofen | 20:0 | 47,5 | Hamburg (4.) |
2. | OSG Baden-Baden | 18:2 | 42,0 | Hall (3.) |
3. | SK Schwäbisch Hall (M) | 15:5 | 43,0 | Baden-Baden (2.) |
4. | Hamburger SK | 13:7 | 35,0 | Königshofen (1.) |
5. | SG Solingen | 11:9 | 32,0 | Dippoldiswalde (11.) |
6. | Rodewischer Schachmiezen | 11:9 | 30,0 | Harksheide (7.) |
7. | TuRa Harksheide | 9:11 | 27,5 | Rodewisch (6.) |
8. | Schachfreunde Deizisau | 7:13 | 26,5 | Bayern (12.) |
9. | SG 1871 Löberitz | 5:15 | 22,0 | Hemer (10.) |
10. | SV Hemer 1932 (N) | 4:16 | 19,0 | Löberitz (9.) |
11. | Seeblick Dippoldiswalde (N) | 4:16 | 19,0 | Solingen (5.) |
12. | FC Bayern München (N) | 3:17 | 16,5 | Deizisau (8.) |
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36315