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Die Schacholympiade 1964 in Tel Aviv

26. Juli 2022

Ben Gurion überreicht den Siegerpokal

Eine Zeitreise mit spannenden Schachpartien - die Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland gewann Bronze

Der folgende Beitrag über die Schacholympiade Tel Aviv 1964 lädt zu einer kleinen Zeitreise ein. Er entstand unter besonderen Umständen, von denen ich hier kurz berichten möchte: Die Anregung dazu gab mein Hamburger Schachfreund Matthias Biermann-Ratjen. Er verstarb im Juni 2021. Matthias war ein großer Schachliebhaber und hatte die Fähigkeit, andere mit seiner Begeisterung anzustecken. In den letzten Monaten seines Lebens bereitete ihm die Betrachtung der Partien der Schacholympiade von 1964 große Freude. Die westdeutsche Mannschaft gewann damals die Bronzemedaille und sorgte vor allem mit einem Sieg über die hochfavorisierte UdSSR-Mannschaft für eine Riesenüberraschung. Insbesondere die Partien und das herausragende Ergebnis des 21-jährigen Neulings Helmut Pfleger, der am Ende als bester Spieler an seinem Brett ausgezeichnet wurde, bereiteten Matthias große Freude. Mit seiner Begeisterung steckte er mich an und auch Helmut Pfleger. So recherchierte ich die Umstände der Schacholympiade von 1964 und schrieb sie auf, in erster Linie eigentlich für Matthias. Helmut Pfleger schickte Matthias Biermann-Ratjen ein Vorwort für einen kleinen Privatdruck, der eine Partienauswahl enthielt.

In einem der letzten Gespräche, die ich mit Matthias führen konnte, meinte er: „Veröffentliche doch deinen Aufsatz über die Schacholympiade 1964 einmal. Wenn du magst, kannst du ja darauf hinweisen, dass er auf meine Anregung entstand.

Beiden Wünschen komme ich hier nach.

André Schulz

Vorwort von Helmut Pfleger

Helmut Pfleger

Manchmal gibt es schöne und völlig unerwartete Begegnungen, auch wenn sie nur am Telefon und durch Briefe stattfinden. Dies geschah mir, als mich aus Hamburg der Notar a.D. Matthias Biermann-Ratjen anrief und mir lebhaft, ja sogar begeistert schilderte, wie sehr ihm meine Partien von der Schacholympiade in Tel Aviv 1964 gefallen hätten. Damals gewann die Bundesrepublik Deutschland die Bronzemedaille, wozu ich am 4. Brett mit 12,5 Punkten aus 15 Partien völlig überraschend nicht nur wesentlich beitrug, sondern dafür sogar einen Preis für das beste Ergebnis an diesem Brett vor dem großen Paul Keres (Sowjetunion) erhielt: Ein Briefmarkenalbum mit den Schachsonderbriefmarken und Ersttagsbriefen dieses Turniers und den Unterschriften aller Spieler am 1. Brett.

Natürlich sind mit dieser Schacholympiade viele schöne Erinnerungen verknüpft, aber vieles hatte ich auch längst vergessen.

Durch die Gespräche mit Matthias, der mir schnell zum Freund wurde, und seine Kommentare zu meinen Partien tauchte ich indes wieder in diese damalige Welt ein, wobei mich seine Begeisterungsfähigkeit - eine so schöne Eigenschaft von leider nicht allzu vielen Menschen - „ansteckte“ und mich meine damaligen Partien, in denen ich teilweise durchaus auch jenseits von Gut und Böse stand, noch einmal durchleben ließ. Ich freue mich sehr, dass durch Matthias’ schachliche Begeisterung dieses für mich so besondere Ereignis noch einmal lebendig wurde.

Dr. Helmut Pfleger

Die Schacholympiade 1964 in Tel Aviv

Sheraton-Hotel

Dies ist die Erfolgsgeschichte des Teams der Bundesrepublik Deutschland bei der Schacholympiade 1964 in Tel Aviv. Die BRD gewann damals mit 30,5 Brettpunkten die Bronzemedaille hinter der UdSSR und Jugoslawien - einen halben Punkt vor Ungarn. Das herausragende Einzelergebnis erzielte der 21-jährige Helmut Pfleger mit zehn Siegen und fünf Remisen - 12,5 Punkten.

Die Schacholympiade in Tel Aviv wurde wegen des sehr heißen Klimas im Gastgeberland Israel erst im Spätherbst des Jahres ausgetragen, vom 2. bis zum 25. November 1964. Nach der Wiederaufnahme dieses Mannschaftsturniers nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Schacholympiade von Dubrovnik im Jahr 1950 war dies die erste Schacholympiade, die außerhalb Europas stattfand und die erste überhaupt auf dem asiatischen Kontinent. Der Austragungsort war das Sheraton-Hotel in Tel Aviv, damals an der Nordseite des Independence-Parks gelegen. Das Haus wurde schon 1948 entworfen und war vier Jahre später, 1952, größtenteils fertig gestellt. Wegen Finanzierungsschwierigkeiten konnte der Bau aber erst 1961 vollständig abgeschlossen werden. Das Haus war das erste Hotel der Sheraton-Kette außerhalb der USA und Kanadas und galt bei seiner Fertigstellung als sehr modern. 1970 wurde das Haus erweitert, 1974 umbenannt, 1991 aber abgerissen. Das luxuriöse Hotel besaß klimatisierte Räume und bot ausgezeichnete Spielbedingungen. Gleich vor dem Hotel befand sich ein ausgedehnter Strand, der heute noch den Namen Sheraton-Beach trägt, obwohl das Hotel hier nicht mehr existiert und an anderer Stelle neu gebaut wurde.

Cheforganisator der Schacholympiade in Tel Aviv war der Präsident des israelischen Schachverbandes Israel Eshel. Er war 12 Jahre später später, 1976, ebenfalls für die Durchführung der Schacholympiade in Haifa verantwortlich, bei der die Ostblockländer aus politischen Gründen allerdings fernblieben. Der Hauptschiedsrichter der Schacholympiade in Tel Aviv war der Schweizer Alois Nagler. Die Bedenkzeit für die Partien betrug zweieinhalb Stunden für 40 Züge, danach je 30 Minuten für 16 Züge. Erste Wertung für das Klassement war die Anzahl der gewonnenen Brettpunkte. Die Anzahl der Mannschaftspunkte war erst als Zweitwertung relevant. Erst mit der Schacholympiade 2008 in Dresden wurde von Brettpunkten auf Mannschaftspunkte als erste Wertung umgestellt.

FIDE-Präsident Max Euwe bei der Eröffnung

1964 durften sich FIDE-Präsident Max Euwe und die Organisatoren noch über eine Rekordbeteiligung freuen. 50 Mannschaften hatten für das Turnier gemeldet. Da auch Australien teilnahm, waren erstmals alle fünf Kontinente vertreten. 294 Spieler waren angereist, darunter 70 Titelträger, Großmeister oder Internationale Meister. Am Ende des Turniers waren 1820 Partien gespielt worden. Zwei Partien wurden kampflos entschieden. Die Austragung der Schacholympiade war für den jungen Staat Israel von großer Bedeutung, denn sie war die erste große weltumfassende internationale Sportveranstaltung im Lande. Die Organisatoren durften sich aus diesem Grund der großzügigen Unterstützung der Regierung erfreuen und Staatspräsident Levi Eschkol begrüßte als Ehrengast bei der Eröffnungsveranstaltung im Habimah-Theater höchstpersönlich in einer kurzen Ansprache die Teilnehmer. Die Vergabe der Schacholympiade nach Israel, so sagte er, sei auch eine Anerkennung für den großen Beitrag, den jüdische Schachspieler für die Entwicklung des Schachs geleistet haben.

Die UdSSR war als einzige Mannschaft mit sechs Großmeistern angereist. Weltmeister Tigran Petrosjan spielte am ersten Brett. An den nächsten Brettern saßen die Ex-Weltmeister Michail Botwinnik und Wassili Smyslow, an Brett vier Paul Keres. Die Reservespieler waren Leonid Stein, erstmals in die sowjetische Olympiamannschaft berufen, und der junge Boris Spasski. Im US-Team fehlten Fischer, Evans und Lombardy. Fischers finanzielle Forderungen deckten sich überhaupt nicht mit den Vorstellungen des US-Verbandes. Dafür war Reshevsky in die Nationalmannschaft zurückgekehrt. Bei Dänemark fehlte Larsen.

Deutschland war bei dieser Schacholympiade mit zwei Mannschaften vertreten. Die Mannschaft der Deutschen Demokratischen Republik spielte mit dem überragenden Wolfgang Uhlmann an Brett eins, beendete diese Schacholympiade aber trotzdem mit einem enttäuschenden Ergebnis.

Die Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland trat mit den Großmeistern Wolfgang Unzicker, Lothar Schmid und Klaus Darga an, sowie den zu dieser Zeit noch titellosen Helmut Pfleger, Wolfram Bialas und Dieter Mohrlok an. Hans-Joachim Hecht hätte sicher zur Mannschaft gehört und diese verstärkt, war aber aus beruflichen Gründen nicht verfügbar. Betreut wurde die Mannschaft von Bundesturnierleiter Willi Fohl und dem Präsidenten des Deutschen Schachbundes Emil Dähne, die beide Hamburger waren.

Eröffnungsfeier

Für den in München lebenden Wolfgang Unzicker war das Turnier in Tel Aviv schon seine siebte Schacholympiade. Bis 1982 folgten noch sechs weitere. Sein bestes Ergebnis erzielte Unzicker bei seiner ersten Schacholympiade 1950 in Dubrovnik. Die westdeutsche Mannschaft gewann dort Bronze und Unzicker war mit 11 aus 14 der beste Spieler an Brett eins. Bei der ersten Nachkriegsolympiade nahmen damals nur 16 Mannschaften teil. In Abwesenheit der UdSSR gewann damals Jugoslawien vor Argentinien.

Inzwischen hatte der 1925 geborene Unzicker fast das 40ste Lebensjahr erreicht. Zur Zeit der Schacholympiade 1964 arbeitete der studierte Jurist noch als Beamter bei der Regierung von Oberbayern. 1971 wurde er Richter. Auch der drei Jahre jüngere Lothar Schmid war schon in Dubrovnik am zweiten Brett dabei. Schmid war hauptberuflich Verleger. Der Familie gehörte der Karl-May-Verlag. Der 30-jährige Berliner Klaus Darga an Brett drei war zum Zeitpunkt der Olympiade in Tel Aviv vielleicht der beste deutsche Spieler. Darga hatte 1964 den Großmeistertitel erhalten und der Statistiker Jeff Sonas führt ihn in seiner nachträglich ausgerechneten inoffiziellen historischen Rangliste im November 1964 auf Platz 33 der Weltrangliste, noch vor Unzicker und vor Schmid. Darga gab seine Profikarriere bald nach diesem Turnier aber auf und nahm eine Stelle bei IBM in Ehningen bei Stuttgart an. An Brett vier spielte der damals 21-jährige Helmut Pfleger. Er sollte der beste Spieler im Team der Bundesrepublik Deutschland werden. Für den jungen Medizinstudenten, Sohn des Pharmaunternehmers Robert Pfleger, war dies die erste Schacholympiade. Wie Lothar Schmid gehörte Helmut Pfleger dem SC Bamberg an. Der erste Reservespieler war der Berliner Wolfram Bialas, Jahrgang 1934. Bialas hatte schon 1960 bei der Schacholympiade in Leipzig als Reservespieler teilgenommen. Nach der Schacholympiade in Tel Aviv konzentrierte er sich auf sein Studium und wurde Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik in Baden-Baden. Der zweite Reservespieler war der Stuttgarter Dieter Mohrlok, Jahrgang 1938. Für Morlock war es nach Varna 1962 die zweite Teilnahme an einer Schacholympiade. Er spielte auch noch 1970 in Siegen und 1976 in Haifa mit. Mohrlok war zudem ein erfolgreicher Fernschachspieler. Wie Unzicker und Bialas war auch Mohrlok ein reiner Schachamateur und verdiente sein Geld mit einem Taxiunternehmen. In späteren Jahren beschäftigte er sich auch intensiv mit dem Bridgespiel und nahm an Bridge-Turnieren teil.

Die Gruppenphase

Die Teams wurden die in sieben Vorgruppen eingeteilt. Die ersten beiden Mannschaften jeder Vorgruppe qualifizierten sich für die Finalgruppe A, die folgenden zwei für die Finalgruppe B und so weiter bis zur Finalgruppe D. Die Vorgruppen und die Finalrunden wurden im Modus jeder gegen jeden ausgetragen. Die Platzierungen wurden durch die Brettpunkte bestimmt. Erst als zweites Kriterium im Falle von Gleichstand zählte die Anzahl der Mannschaftspunkte. Bei weiterem Gleichstand war der direkte Vergleich entscheidend.

Beide deutschen Mannschaften galten in ihren Gruppen, die DDR in der Vorgruppe 6 und die BRD in der Vorgruppe 7, als sichere Kandidaten für das Erreichen des A-Finales.

Rundenbeginn im großen Ballsaal des Sheraton-Hotels war täglich um 16 Uhr. Die Runde wurde mit einem Gongschlag eingeläutet. Zahlreiche Zuschauer nahmen Anteil am Geschehen, wobei die Tische mit den Spielern der UdSSR und der heimischen israelischen Mannschaft am meisten umlagert waren. Über Funkgeräte wurden die Züge von zehn Partien an Helfer übermittelt, die große Demobretter im Foyer bedienten. Auch hier waren viele Zuschauer versammelt. Um 21 Uhr wurden die noch laufenden Partien abgebrochen und am nächsten Vormittag fortgesetzt.

Die UdSSR gewann ihre Vorgruppe 1 mit dem beeindruckenden Ergebnis von 23,5 von 24 möglichen Brettpunkten. Einzig Leonid Stein, erster Reservespieler, hatte gegen Spanien ein Remis abgegeben. Alle anderen Partien wurden von den sowjetischen Großmeistern gewonnen.

Die DDR-Mannschaft startete in der Vorgruppe 6 mit zwei Niederlagen gegen Argentinien und gegen Kanada, wurde dadurch am Ende nur Dritte und verpasste die Teilnahme an der Finalgruppe A. Zwar gewann die DDR-Mannschaft das Finalturnier B mit einem Vorsprung von 6,5 Brettpunkten auf überlegene Weise, doch bedeutete dies in der Endabrechnung nur einen enttäuschenden 15. Platz. Wolfgang Uhlmann erreichte im Turnier insgesamt 15 Punkte in 18 Partien und war damit der beste Spieler an seinem Brett und im Hinblick auf die erzielte Punktzahl auch der beste Spieler des ganzen Turniers. Die schlechte Mannschaftsleistung konnte er damit aber nicht kompensieren. Die schwache Platzierung zog für die Schachförderung in der DDR negative Konsequenzen nach sich. Der schlechte Eindruck, den der 15. Platz bei den Entscheidungsträgern in der DDR hinterließ, wurde durch das überragende Ergebnis der Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland noch verstärkt. Die Westdeutschen sorgten im Verlauf des Finales dann auch noch für die Sensation des Turniers.

Die BRD-Mannschaft spielte in der Vorgruppe 7 zusammen mit Bulgarien, Dänemark, Peru, Finnland, Griechenland, der Dominikanischen Republik – erstmals bei einer Schacholympiade dabei – und Zypern. Am Ende der Vorgruppe erreichte das BRD-Team punktgleich mit Bulgarien, aber schlechterer Zweitwertung, auf dem zweiten Platz das A-Finale. Die Deutschen gaben dabei zwei Mannschaftsremis ab, gegen Bulgarien und gegen Dänemark. Borge Anderson vertrat den abwesenden Bent Larsen am ersten dänischen Brett ganz ausgezeichnet. Mit Ausnahme eines einzigen Remis gewann er alle Partien der Vorrunde, auch gegen Wolfgang Unzicker. Am Ende der Olympiade war er mit 11 aus 15 viertbester Spieler an Brett 1.

In der ersten Runde der Vorgruppe spielte die BRD-Mannschaft gegen Finnland und gewann mit 3,5:0,5. Heikki Westerinen spielte an Brett zwei und verlor gegen Klaus Darga. Helmut Pfleger gewann gegen Ilmari Niemala. In der zweiten Runde setzte Helmut Pfleger beim 2:2 gegen Dänemark aus. Wolfgang Unzicker kam gegen den glänzend aufgelegten Borge Anderson nach einem unbedachten Zug unter die Räder. Lothar Schmid glich mit seinem Sieg das Ergebnis aus. Die Dominikanische Republik wurde in Runde drei mit 3,5:0,5 besiegt. Unzicker, Darga und Pfleger gewannen, Mohrlock spielte remis.

In Runde vier setzte Helmut Pfleger erneut aus. Die westdeutsche Mannschaft gewann gegen Peru mit 3,5:0,5. In der fünften Runde kam Helmut Pfleger gegen den starken Bulgaren Milko Bobozow zu einem Remis. Bobozow war der erste Großmeister Bulgariens, musste aber seine Karriere nach einem Schlaganfall 1972 aufgeben. In den letzten beiden Runden wurden Griechenland und Zypern jeweils mit 4:0 besiegt.

Pflegers Leistungen in der Vorrunde waren schon beachtlich, aber so richtig kam er dann in der Finalrunde A in Fahrt und feierte dort sieben Siege bei elf Einsätzen. Vier Partien endeten remis.

Das Finalturnier

Spielsaal

Das Finale begann am 10. November. Bulgarien kam in der ersten Runde zu einem unerwartet hohen Sieg über die mitfavorisierten Ungarn. Diese schlugen dafür in Runde zwei mit Jugoslawien einen weiteren Medaillenkandidaten. Die sieggewohnte UdSSR war auch bei dieser Schacholympiade haushoher Favorit und übernahm nach Siegen über Israel, Kanada, die Niederlande und Ungarn die Führung. Das westdeutsche Team war mit einem Remis gegen die USA in die Finalrunde gestartet. Helmut Pfleger steuerte einen Sieg gegen Donald Byrne bei. Es folgte ein 2,5:1,5-Sieg über Bulgarien. Wolfgang Unzicker besorgte einen vollen Punkt gegen Nikola Padewski. Schmid, Mohrlock und Bialas spielten remis.

In Runde drei erreichte das westdeutsche Team ein weiteres Remis gegen Jugoslawien. Alle vier Partien endeten unentschieden. Pfleger spielte gegen Aleksandar Matanovic und stand im Endspiel auf Verlust, hatte aber Glück.

Aleksandar Matanovic – Helmut Pfleger, Olympiade 1964, Runde 3 am 12.11.1964
Aleksandar Matanovic – Helmut Pfleger, Olympiade 1964, Runde 3 am 12.11.1964

Mit weißer Gewinnstellung, aber:

64. Kxg6 Die falsche Wahl. Richtig war 64. Kxg5 Se7 65. Kxh5 und der Springer kann die weißen Bauern nicht aufhalten. 65. ... Kb6 66. Kg5 Kc5 67. h4 Kxc4 68. h5 Kd5 69. h6 64. ... Ld8 65. Kxh5 Lc7 66. Kg4 Kb6 67. h4 Kc5 68. h5 Kxc4 69. h6 Kd5 70. h7 Le5 71. Kf5 Lc3 72. g4 Kd6 73. g5 Ke7 ½–½

In der vierten Runde musste die westdeutsche Mannschaft überraschend eine Niederlage gegen Spanien hinnehmen, das sich als Zweiter hinter der UdSSR in der Vorgruppe 1 für das A-Finale qualifiziert hatte. Nur Unzicker gewann seine Partie gegen das einstige Wunderkind und den einzigen Großmeister in der spanischen Mannschaft, Arturo Pomar. Darga, Schmid und Mohrlok verloren gegen teils titellose Gegner. Pfleger pausierte in dieser Runde.

Die fünfte Runde brachte die Begegnung mit dem hohen Turnierfavoriten Sowjetunion. Der Tag begann für die westdeutsche Mannschaft mit einiger Aufregung. Kurz vor Meldeschluss hatte man nämlich nur drei Spieler zur Verfügung. Eigentlich war vorgesehen, mit der stärksten Mannschaft gegen den Favoriten anzutreten, also mit den Brettern eins bis vier: Unzicker, Schmid, Darga und Pfleger. Die beiden spielfreien Spieler Bialas und Mohrlok nutzten den Tag für Ausflüge. Mohrlock hatte sich eine Grippe eingefangen und wollte den Tag in einem Kibbuz auf dem Land verbringen. Er hatte das Hotel früh verlassen. Und Bialas war mit dem Bus nach Jerusalem unterwegs, wo er an diesem besonderen Tag, es war ein Sabbat, ein Sightseeing-Programm absolvieren wollte. Im Laufe des Vormittags zeigte Darga dann aber ausgeprägte Symptome einer Lebensmittelvergiftung und meldete sich nicht spielfähig. Wie sollte man jetzt noch einen der beiden Reservespieler erwischen? Die Turnierleitung riet, Bialas auf dem Meldezettel einzutragen, Mohrlok würde man auf dem Land in einem unbekannten Kibbuz auf keinen Fall erwischen. Bei Bialas in Jersualem gab es eine Chance. Die Israelis ließen nun tatsächlich Autos mit Megaphonen durch Jerusalem fahren und den Namen von Bialas ausrufen. Wolfram Bialas saß gerade in einem Café, als er aus dem Megaphon eines vorbeifahrenden Wagens seinen Namen hörte. Er ging zu dem Fahrzeug, fragte, was los sei und erfuhr, dass er zurück nach Tel Aviv gebracht werden sollte, um dort gegen Spasski zu spielen.

Am Ende des Tages stand ein Sensationsergebnis auf dem Meldezettel. Zum zweiten Mal in der bisherigen Geschichte der Schacholympiaden hatte ein sowjetisches Team einen Wettkampf verloren. Die erste Niederlage rührte aus dem Jahre 1956 gegen Ungarn. Die Niederlage fiel diesmal mit 1:3 sogar recht hoch aus und war keinesfalls unverdient. Die deutschen Spieler waren an diesem Tag einfach die Besseren.

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Auch am zweiten Brett musste die UdSSR-Mannschaft, bei der Petrosjan und Botwinnik aussetzten, eine Niederlage quittieren. Lothar Schmid rang Paul Keres in einer langen und komplizierten Partie nieder. Helmut Pfleger hatte es am dritten Brett mit dem brandgefährlichen Taktiker und Schnellspieler Leonid Stein zu tun und kam zu einem ungefährdeten Remis.

Wolfram Bialas kam bei dieser Schacholympiade neunmal zum Einsatz. Meist war er für ein Remis gut. Eine Partie gewann er in der Vorgruppe und eine Partie verlor er in der Finalgruppe. Wie oben berichtet, musste Bialas an diesem Tag kurzfristig für den erkrankten Darga einspringen. Er konnte noch rechtzeitig zum Rundenbeginn aus Jerusalem in den Turniersaal im Sheraton-Hotel in Tel Aviv gebracht werden. Das Remis gegen den späteren Weltmeister Spasski war sicher das wertvollste in seiner Karriere.

Auch nach der Niederlage gegen Deutschland bleib die UdSSR in Führung, aber die Verfolger waren näher herangerückt. Engster Verfolger war nun Rumänien. Die argentinische Mannschaft, bei der die besten Spieler aufgrund von schlechten Konditionen seitens des argentinischen Verbandes fehlten, belegten mit dem Veteranen Erich Eliskases an Brett eins zu dieser Zeit Platz drei. Der gebürtige Österreicher Eliskases hatte schon 1930 als Siebzehnjähriger seine erste Schacholympiade gespielt, gehörte 1939 zur Mannschaft des Großdeutschen Reiches bei der Schacholympiade in Buenos Aires und blieb wie viele andere Europäer auch in Argentinien, nachdem während der Schacholympiade der Zweite Weltkrieg begonnen hatte. Nach dem Krieg vertrat Eliskases noch viermal Argentinien bei Schacholympiaden und gewann mit dem Team 1952 Silber und 1958 Bronze. Mit der großdeutschen Mannschaft hatte er 1939 an Brett eins Gold gewonnen. Normalerweise hätte aber natürlich Miguel Najdorf das erste Brett vertreten und Oscar Panno Brett zwei.

In der sechsten Runde überzeugte die Sowjetunion mit einem klaren Sieg über Bulgarien. Die deutsche Mannschaft gewann mit 2,5:1,5 gegen Polen und befand sich danach auf dem 6. Tabellenplatz. Wolfgang Unzicker und Helmut Pfleger sorgten für deutsche Siege. Mohrlock hatte seine Partie verloren.

In der siebten Runde gab die Sowjetunion gegen Jugoslawien beim 2:2 weitere Punkte ab. Botwinnik verlor am ersten Brett gegen Svetozar Gligoric. Die westdeutsche Mannschaft kam gegen die spielstarke argentinische „B-Mannschaft“ ebenfalls nicht über ein 2:2 hinaus. Alle vier Partien endeten remis.

Die achte Runde sah einen deutlich 3,5:0,5-Sieg der UdSSR über Spanien. Die Sowjets führten nach der Runde nun mit 22 Brettpunkten und einem Vorsprung von drei Punkten auf Verfolger USA. Die westdeutsche Mannschaft belegte nach einem knappen Sieg über Rumänien mit 17,5 Punkten Platz sieben, wobei das Feld dicht beieinander lag.

In Runde neun verschaffte die UdSSR-Mannschaft sich ordentlich Luft nach hinten, indem sie den Verfolger USA mit 4:0 förmlich von den Brettern fegte. Der hohe Sieg brachte den Sowjets einen Vorsprung von 5,5 Punkten auf den Zweiten, Jugoslawien. Die BRD trennte sich mit vier Remis 2:2 von der Tschechoslowakei, die noch mit Ludek Pachman an Brett eins spielte.

Pachman, ursprünglich überzeugter Marxist, wandelte sich im Laufe der kommunistischen Regierung in der Tschechoslowakei mehr und mehr zum Regimekritiker. Nach der Besetzung der CSSR im Jahr 1968 durch die Truppen des Warschauer Vertrages als Reaktion auf den so genannten „Prager Frühling“ wurde Pachman wegen seiner kritischen Äußerungen im August 1969 erstmals verhaftet und für anderthalb Jahre inhaftiert. Im Januar 1972 wurde er erneut verurteilt, durfte aber auf Vermittlung der FIDE in den Westen ausreisen. Er lebte nun in der Bundesrepublik Deutschland, wurde nun aber bei allen seinen Turnierteilnahmen bei internationalen Turnieren von den Schachspielern aus dem Ostblock auf Anweisung ihrer Regierungen konsequent boykottiert. Vlastimil Hort und Lubomir Kavalek, die hinter Miroslav Filip an den Brettern zwei und drei spielten, verließen später ebenfalls das Land.

Helmut Pfleger spielte gegen Vlastimil Hort, seinen späteren Co-Kommentator aus den Schachsendungen des Westdeutschen Rundfunks – davon konnten beide noch nichts ahnen –, remis. Die zwei gewonnenen Brettpunkte gegen die CSSR brachten der westdeutschen Mannschaft eine Verbesserung auf Platz sechs.

Angesichts ihres großen Vorsprungs stellte sich bei den Spielern der UdSSR-Mannschaft nun offenbar ein gewisser Motivationsmangel ein. Der Wettkampf in der 10ten Runde gegen Polen endete nach vier Remis nur 2:2. Die Polen spielten bei dieser Schacholympiade mit zwei Internationalen Meistern und zwei titellosen Spielern.

Westdeutschland siegte mit 3:1 gegen Gastgeber Israel. Alle vier Partien wurden entschieden. Wolfgang Unzicker gewann gegen Josef Porath, der als Heinz Foerder 1909 in Breslau geboren wurde. Unter seinem Geburtsnamen hatte er 1928 für Deutschland bei der Schacholympiade in Den Haag teilgenommen. Als Jude emigrierte er 1934 nach Israel und spielte in der Mannschaft von Palästina bei den Schacholympiaden 1935 in Warschau und 1939 in Buenos Aires. Dort gewann er eine Individualmedaille als bester Spieler am zweiten Brett. Nach der Staatsgründung von Israel 1948 änderte Foerder seinen Namen in Porath und vertrat Israel zwischen 1952 und 1968 noch bei neun Schacholympiaden.

Mit dem Gewinn der drei Brettpunkte rückte die BRD-Mannschaft auf den dritten Platz vor, den sie sich mit Ungarn teilte. Der Gewinn einer Medaille schien möglich.

In der 11. Runde, der drittletzten vor dem Turnierende, legte die westdeutsche Mannschaft gegen Kanada nach und gewann mit 3,5:0,5. Unzicker, Darga und Pfleger gewannen alle ihre Partien. Mohrlok spielte remis.

Mit dem hohen Ergebnis sprang die deutsche Mannschaft nun sogar auf den zweiten Platz, fünfeinhalb Punkte hinter der deutlich führenden Sowjetunion, die gegen Argentinien ebenfalls hoch gewonnen hatte, und einen halben Punkt vor Ungarn. Ungarn hatte die Niederlande „nur“ mit 3:1 besiegt.

In der vorletzten Runde war die Niederlande der Gegner der Deutschen. Auch dieser Kampf endete mit 3:1 zugunsten der deutschen Spieler. Helmut Pfleger feierte einen weiteren Sieg, der aber auf sehr glücklich Weise zustande kam, denn die meiste Zeit der Partie stand der Deutsche auf Verlust.

Coen Zuidema – Helmut Pfleger, Olympiade 1964, Runde 12 am 23.11.1964
Coen Zuidema – Helmut Pfleger, Olympiade 1964, Runde 12 am 23.11.1964

32. Txe5? 32.f5 e6 33.Le4 32. ... e6 33. Le4 d3 Plötzlich bekommt Schwarz starkes Gegenspiel. 34. cxd3 Oder 34. Lxd3 Da7+ 35. Kf1 Txd3 36. cxd3 b3 37. Te1 Db7 38. Kf2 b2 39. f5 (39.Tb1 Db3) 39. ... b1D 40. Txb1 Dxb1 41. De3 mit gleichen Aussichten. 34. ... Da7+ 35. c5 Dd7 36. Kg2 Ta2+ 37. Kg3 Die einzige Verteidigung war 37. Kh1 Ta1+ 38. Kg2 Dd4 39. Lxg6 Ta2+ 40. Kh1 Txh2+ 41. Kxh2 Df2+ mit Dauerschach. 37. ... Dd4 Droht Matt. 38. Kh4 Txh2 39. Lf5 Eine letzte Nebelkerze, die aber nicht zündet. 39. ... exf5 40. Te7 Df6+ 41. Dg5 Dxg5+ 42. Kxg5 Txh3 0–1

Ungarn kam in dieser Runde nur zu einem 2:2 gegen die USA. Dafür konnte Jugoslawien gegen Israel mit 3,5:0,5 hoch punkten und zog mit Deutschland nach Brettpunkten gleich. In der Zweitwertung, der Anzahl der Mannschaftspunkte, lag die BRD aber vorne. Die UdSSR-Mannschaft gewann zwar nur knapp gegen Rumänien, war aber auf dem Weg zu einer weiteren Goldmedaille nicht mehr einzuholen.

Westdeutschland ging also auf dem zweiten Platz, einem sehr knappen Vorsprung und einer vagen Chance auf die Silbermedaille in die Schlussrunde. Hier traf die westdeutsche Mannschaft auf Ungarn, das anderthalb Punkte hinter den Deutschen lag. Jugoslawien hatte mit Kanada eine leichte Aufgabe, ließ keine Überraschung zu und gewann nach einem 3:1 die Silbermedaille hinter den überlegenen Sowjets.

Mit einem 3:1 hätte Ungarn die BRD-Mannschaft noch vom Medaillenplatz verdrängen können. Darga spielte gegen Szabo remis. Die übrigen drei Partien wurden abgebrochen und vertagt. Unzicker verlor gegen Portisch und Schmid gegen Bilek. Die Entscheidung über die Vergabe der Bronzemedaille hing also an der Partie an Brett vier zwischen Pfleger und Lengyel.

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Die Partie lief bis Mitternacht, alle übrigen Partien waren schon beendet. Schließlich gab Lengyel auf, ohne sich die weiße Gewinnführung noch zeigen zu lassen. Die BRD-Mannschaft hatte die Bronzemedaille gewonnen– eine herausragende Leistung!

Bester Spieler der westdeutschen Mannschaft war Helmut Pfleger. Der Bamberger holte in seinen 15 Partien 12,5 Punkte. Pfleger gewann zehn Partien und spielte fünf Partien remis. Es war das beste Ergebnis eines Spielers am 4. Brett. Wolfgang Unzicker (13 aus 18) und Lothar Schmid (9,5 aus 14) erzielten gute Ergebnisse. Klaus Darga am zweiten Brett bot eine solide Leistung mit 9 aus 15. Die beiden Reservespieler Dieter Mohrlok und Wolfram Bialas kamen beide auf 50% mit je 4,5 aus 9.

Endstand A-Finale

Pl. Mannschaft Land Pkt. MP 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
1. UdSSR 36,5 22 x 2 1 4 3 2 4 3 3
2. Jugoslawien 32,0 18 2 x 2 2 2 2 3 2 3 3
3. BRD 30,5 18 3 2 x 2 2 2 3 1 3
4. Ungarn 30,0 19 x 2 1 3 2 3 3 2
5. CSSR CSR 28,5 13 2 2 x 2 2 2 3
6. USA 27,5 18 0 2 2 2 x 2 3
7. Bulgarien 27,0 13 1 2 3 2 2 x 3 2 2 3
8. Rumänien ROM 27,0 13 1 1 2 1 x 3 3 3
9. Argentinien 26,0 14 ½ 2 2 2 2 1 x 2 3 3 2
10. Polen 24,0 11 2 ½ 2 2 x 3 1
11. Niederlande 21,0 10 0 1 1 ½ 1 1 x 3 3
12. Kanada 19,0 5 1 1 ½ 1 1 1 3 x 2
13. Spanien 17,5 5 ½ 1 3 1 1 2 ½ 2 1 2 x ½
14. Israel 17,5 3 1 ½ 1 2 ½ 1 1 1 x

Partien der westdeutschen Spieler

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Jede Schacholympiade bietet Zeit und Gelegenheit für kleine Geschichten und Episoden am Rande. So bildete sich zum Beispiel schnell die altbewährte internationale Bridgerunde mit Klaus Darga, Lothar Schmid, Wolfgang Uhlmann und Ludek Pachman. Der Dresdner Uhlmann und Schmid kannten sich bereits aus der Zeit, als die Familie Schmid noch in Radebeul bei Dresden lebte. Der junge Lothar Schmid war dort einer der ersten Schachlehrer des noch jüngeren Wolfgang Uhlmann. Die Bridgerunde hatte sich in dieser Besetzung schon auf vielen Turnieren an den Abenden zwischen den Schachrunden die Zeit beim Kartenspiel vertrieben, hatte im Sheraton-Hotel allerdings das Problem, einen geeigneten Raum dafür zu finden. Alle Spieler waren in Zweibettzimmern untergebracht und die jeweiligen Zimmergenossen begaben sich häufig schon zu Bett, während die Kartenfreunde noch gesellig sein wollten.

Bei der Ankunft im Sheraton-Hotel wurden die Spieler mit Namensschildchen ausgestattet. Aus einer gewissen Zerstreutheit heraus hatte Paul Keres sein Schildchen falsch herum ans Revers geheftet. Darauf angesprochen, antwortete er geistesgegenwärtig: „Das ist hebräisch!“

Während der Schacholympiade wurde auch die Frage diskutiert, ob Maschinen jemals so gut Schach spielen würden wie Menschen. Botwinnik berichtete, dass er an solch einer Maschine arbeite: „Eines Tages wird die Sowjetunion vier Maschinen zur Schacholympiade schicken“, prognostizierte der Ex-Weltmeister. Er stand mit seiner Meinung im Gegensatz zu FIDE-Präsident Max Euwe, der bei einem Vortrag in Tilburg noch die Auffassung geäußert hatte, dass Maschinen nie so gut spielen würden wie Menschen, weil ihnen die „Eingebung“ fehle.

Die sowjetische Mannschaft mit Leonid Stein, Wassili Smyslow, Michail Botwinnik, Boris Spasski, Paul Keres und Tigran Petrosjan

Trotz der sensationellen Niederlage gegen die BRD-Mannschaft war die Überlegenheit der sowjetischen Mannschaft signifikant. Die Sowjetunion trat mit sechs Weltklasse-Großmeistern, darunter drei Weltmeistern an und ließen dabei noch zahlreiche andere Weltklassespieler zu Hause, zum Beispiel Michail Tal, Lew Polugajewski, Viktor Kortschnoi, Jefim Geller oder David Bronstein, um nur einige zu nennen. Sie alle gehörten im November 1964 zu den 15 besten Spielern der Welt. Während der Schacholympiade in Tel Aviv wurde beobachtet, dass die sowjetischen Spieler gerne Fisch aßen. War das das wahre Geheimnis der sowjetischen Schachschule?

Die deutschen Großmeister gehörten damals immerhin zur erweiterten Weltspitze. Was wurde aus den Spielern?

Wolfgang Unzicker

Wolfgang Unzicker

... setzte seine juristische Beamtenlaufbahn fort, wurde Richter und nahm als Amateur noch bis 1982 in der deutschen Nationalmannschaft an Schacholympiaden teil. Mit 386 Einsätzen ist er Rekordnationalspieler. Nebenher führte er eine Schachspalte und veröffentlichte mehrere Bücher zum Schachspiel. Noch 2005 spielte er Mannschaftskämpfe in der Bayrischen Oberliga, da war er schon 80 Jahre alt. Wolfgang Unzicker starb ein Jahr später bei einem Urlaub in Portugal.

Lothar Schmid

Lothar Schmid, ca. 1965

... kümmerte sich um seinen Karl-May-Verlag und seine Schachbuchsammlung, die mit 50.000 Exponaten eine der größten der Welt war. Seine letzte Schacholympiade spielte er 1970. Schmid wirkte als Organisator und leitete als Schiedsrichter unter anderem den legendären Wettkampf zwischen Bobby Fischer und Boris Spasski 1972 in Reykjavik. Vom Wettkampfschach zog er sich 1982 zurück. Lothar Schmid starb 2013.

Klaus Darga

Klaus Darga 1963

... spielte bis 1978 in der bundesdeutschen Nationalmannschaft. Dort gelang dem bundesdeutschen Team übrigens ein weiterer Sieg über die UdSSR-Mannschaft, nachdem Helmut Pfleger Lew Polugajewski besiegen konnte. Seine Profikarriere hatte Darga 1965 zugunsten einer Arbeit als Programmierer bei IBM aufgegeben. Von 1989 bis 1997 fungierte er für den Deutschen Schachbund als Bundestrainer. Er lebt in der Nähe von Stuttgart.

Helmut Pfleger

Helmut Pfleger 1963

... absolvierte sein Medizinstudium und praktizierte als Arzt in München. Über Schulfunksendungen im Bayerischen Rundfunk kam er mit dem Fernsehen in Berührung und wurde dann Experte und Co-Moderator in unzähligen Schach-Fernsehsendungen, häufig zusammen mit Vlastimil Hort. Als Publizist betreute und betreut er über Jahrzehnte mehrere Schachspalten, von denen die Schachspalte im Zeit-Magazin die bekannteste ist. Pfleger veröffentlichte zahlreiche Bücher zum Schach.

Wolfram Bialas

Wolfram Bialas, 1982

... beendete nach der Olympiade sein Studium der Mathematik und Physik und wurde zunächst wissenschaftlicher Assistent an der Universität. Schließich bewarb er sich als Lehrer und zog mit seiner Familie erst nach Esslingen, dann nach Schwäbisch Gmünd und schließlich nach Baden-Baden. Er starb 1998.

Dieter Mohrlok

Dieter Mohrlok, 2008

... wurde nach der Schacholympiade 1964 noch einige Male in die Nationalmannschaft berufen, 1970 für die Olympiaden in Siegen und 1976 in Haifa, die Europa-Mannschaftsmeisterschaft, den Clara-Benedict-Cup oder den Mitropa-Cup. Er spielte auch einige wenige internationale Turniere, darunter auch ein Zonenturnier. Im Fernschach gewann er 1992 mit der deutschen Mannschaft die 31. Europameisterschaft und nahm von 1999-2004 an der 16. Fernschach-Weltmeisterschaft teil, wo er den 8. Platz belegte. Seine letzten Partien im Nahschach spielte er 2008. Mohrlok starb 2010.

Quellen

  • [1] Deutsche Schachzeitung, Dezember 1964
  • [2] Michael Dombrowsky: "Berliner Schachlegenden"
  • [3] Raj Tischbierek: "Sternstunden des Schachs, 30 x Olympia"
  • [4] www.olimpbase.org

André Schulz

(Redaktionell bearbeitet)

// Archiv: DSB-Nachrichten - Schachgeschichte // ID 10985

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