11. September 2015
Nicht schlecht staunte der Berliner Werner Reichenbach, als ihm gestern sein Gegner vor Partiebeginn mitteilte, er wäre von einem Jugendlichen verprügelt worden. Da wird man natürlich auch als Reporter hellhörig, spielt doch Hans-Joachim Clara in einem Seniorenturnier, wo Jugendliche weit und breit nicht zu sehen sind. Außerdem machte der Hesse nicht den Eindruck, als wäre er Opfer einer Jugendgang geworden. Dazu sah er viel zu putzmunter aus.
Bevor Reichenbach etwas darauf antworten konnte, platzte aus Clara auch schon die Auflösung heraus: "9:10 im Tischtennis."
Der Bonmot vor dem obligatorischen Handschlag vor einer Schachpartie, löste dann auch die Anspannung bei den Beteiligten. Hessen und Berlin trennten sich an allen vier Brettern unentschieden, womit die Hessen weiter den Spitzenplatz bei der DSenMM behalten, denn auch der punktgleiche Kontrahent Baden trennte sich von Württemberg friedlich.
Die sprichwörtliche Scheiße am Schuh hat die zweite Brandenburger Mannschaft. Nach einem Superstart mit 4:2 Punkten, spielten sie ab Runde vier nämlich nur noch zu dritt. Nicht weil die Spieler ausgegangen wären, sondern weil ein Spieler immer ziemlich früh Feierabend machte. Gerade einmal 10 Züge insgesamt in zwei Partien hintereinander mit zwei Niederlagen zu schaffen, gelingt nicht jedem Schachspieler.
Am Mittwoch verhoppelte sich erst ein Pferdchen nach e5, wonach zwei Züge später das arme Tier mit einem Damenschach auf a5 verlustig ging. Oder gegangen wäre. Das erste Brett der Brandenburger ließ sich die Variante nicht mehr zeigen und gab nach 7 Zügen mit Weiß auf!
Am Donnerstag, also gestern, saß der Pechvogel wieder am Brett. Oder besser stand. Fünf Meter daneben. Da klingelte in seiner Hosentasche das Handy, wenn auch leise. Peinlich berührt entfernte sich E. in Richtung Ausgang, was ihm aber nicht viel nutzte. Ein Schiedsrichter stand direkt daneben und auch sein Gegner hatte den Klingelton gehört. Als E. zurück am Brett war, wurde die Partie nach kurzer Diskussion und nur 3 Zügen beendet.
All das ist aber nichts gegen das Malheur, welches dem Brandenburger Mannschaftsleiter in seinem Hotel passierte. Mit Pfeilchenauge und -nase traf ich K. kurz vor dem Rundenbeginn. Er hatte sich mitnichten als Jugendlicher verkleidet und mit Hans-Joachim Clara geprügelt, sondern wurde von einer Putzfrau zu Fall gebracht. Die war gerade beim Staubsaugen und zog das ausgelegte Stromkabel nach - als K. am anderen Ende in einer Schlaufe stand.
Für den Brandenburger ging der Fall offensichtlich glimpflich aus. Wünschen wir ihm gute Genesung!
Zwischen 16 und 20 Uhr trafen sich gestern im Hotel Christophorus die Mitglieder der Seniorenkommission. Als Gäste wurde DSB-Geschäftsführer Uwe Bönsch und Dr. Dirk Jordan begrüßt, der erst kürzlich vom FIDE-Kongress aus Abu Dhabi zurückgekehrt war und viele neue Informationen das Seniorenschach betreffend nach Deutschland mitgebracht hatte. Sehr gefreut hat sich der neue DSB-Seniorenreferent Gerhard Meiwald auch über die Anwesenheit einer Frau. Brigitte Burchardt war sozusagen als Stellvertreterin für die Schachseniorinnen zur Sitzung gekommen.
Das Hauptthema war die Altersstruktur im Seniorenschach. In Deutschland ist bekanntlich das Seniorenschacheintrittsalter 60 Jahre bei Männern und 55 bei Frauen. Die FIDE dagegen hat vor Jahren 50 als Untergrenze festgelegt und mit 65 eine weitere Marke etabliert. Kann sich Deutschland dem ewig verschließen? Wahrscheinlich nicht und es ist auch gar nicht sinnvoll gegen den Strom zu schwimmen. In Deutschland wird es deshalb wohl (frühestens 2017) eine Anpassung geben.
Keine Unterstützer in der FIDE fand Dirk Jordan für seinen Vorschlag 50+ und 60+, den er mit zahlreichen statistischen Analysen stützte.
Mehr von dieser Sitzung wird es sicher noch in den nächsten Tagen zu lesen geben.
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - Senioren // ID 20206