12. September 2024
Elisabeth Pähtz und Dinara Wagner. Zwei Spielerinnen, die eine Großmeister, die andere Internationaler Meister. Die eine 39 Jahre alt, die andere 25. Es ist ein Videointerview, das sich lohnt anzuschauen. Denn es hat Tiefe. Menschliche Tiefe. Nicht, weil es von einer Wachablösung erzählt, sondern von einer freundschaftlichen Staffelübergabe. “Es ist Zeit, dass Dinara die Führungsrolle übernimmt”, sagt Pähtz - und spricht von Rücktrittsplänen. Nicht zum ersten Mal, aber diesmal wirkt es sehr ernst. Dafür gibt es private Gründe. “Ich bin fast am Ende meiner Karriere. Ich habe keine Freude mehr daran, fünf, sechs Turniere im Jahr zu spielen”, sagt die Brandenburgerin, “ich habe die Energie nicht mehr. Dinara aber schon.”
Bei der Schacholympiade in Budapest wird die Grande Dame des deutschen Schachsports zwar heute gegen Belgien wieder an Brett eins sitzen – aber nur, weil IM Dinara Wagner aussetzt. Ansonsten ist sie auf Nummer eins gesetzt, weil sie es gemeinsam beschlossen haben. “Es ist cool, dass Elisabeth so an mich glaubt. Sie hat mir die Freude mit Brett eins gemacht. Das zeigt ihren wunderbaren Charakter.” Elisabeth Pähtz sagt: “Bei Dinara stehen noch mindestens zehn bis 15 Jahre Nationalmannschaft an – bei mir nicht.” Überhaupt sei es an der Zeit, “dass wir eine neue Generation aufbauen”. Das aktuelle Team habe sehr viel Potenzial. Im Hintergrund sei sie dabei, sich bei einer Mädchen-Akademie als Trainerin zu engagieren, sagt Elisabeth Pähtz.
Die zwei Nationalspielerinnen zeigen im Gespräch mit Matthias Wolf und Katharina Reinecke vom DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit mehrmals, wie gut sie sich verstehen. Überhaupt habe man “ein sehr gutes Teamklima. So eine ideale Konstellation wie jetzt hatten wir nie”, sagt Pähtz. Sie begründet den Wechsel ans zweite Brett auch mit taktischen Erwägungen. “Dinara hat ein viel solideres Eröffnungsrepertoire als ich, vor allem mit Schwarz.” Sie könne dann an Brett zwei “schmutziger” agieren.
So sollte es passen, da sind sich die beiden besten deutschen Spielerinnen, die nur wenige Elo-Punkte trennen, einig. Überhaupt sind sie nur in einer Frage unterschiedlicher Ansicht: Pähtz findet die oftmals medial geführte Diskussion um die deutsche Nummer eins eher albern und unnötig, Wagner “stört das Thema gar nicht. Es ist gut für die Aufmerksamkeit im deutschen Schach”. Da wiederum sind sich die beiden dann wieder einig: Es brauche noch mehr Wertschätzung für die deutschen Frauen. Hierzu sagt Elisabeth Pähtz ungewöhnliche Sätze: “Es klingt ein bisschen absurd, aber mein größter Traum ist es, mal eine Medaille zu holen – und die Männer schaffen vielleicht die Medaille nicht. Nur, um einfach zu zeigen, dass wir auch die Leistung bringen können.”
Bleibt nur noch die Frage, wie Dinara Wagner mit ihren jungen Jahren in die neue Rolle hineinwachsen kann. Hier die forsche Powerfrau Pähtz, dort die hochtalentierte, aber eher schüchtern wirkende Wagner. Doch, da stellt sie, die in Kalmückien geboren wurde, sofort klar: Zurückhaltend sei sie nur, wenn sie deutsch spreche. Und überhaupt: Es gehe auch nicht darum, eine neue Elisabeth Pähtz zu werden. “Es wird schwierig, so groß und erfolgreich zu sein wie sie.” Ihr sei vielmehr wichtig: “Ich will ich selbst sein.” Bemerkenswerte Sätze von zwei starken Frauen. (mw)
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// Archiv: DSB-Nachrichten - Nationalmannschaft // ID 11494