Elisabeth Pähtz fürchtet weder Viren noch Holländerinnen – aber deutsche Frauen wieder nur 2:2. Keymer und Co. holen sich viel Selbstvertrauen gegen Kroatien. „Wir hoffen auf die Aufholjagd.“

Maria Jemeljanowa

Es war heute wieder ein Wechselbad der Gefühle für deutsche Fans bei der 45. Schacholympiade in Budapest. Die Nationalmannschaften agieren zwar nicht gerade im Gleichschritt – aber sie sind jetzt punktemäßig gleichauf. 12:4 Zähler – da geht noch was. Vielleicht. Die Frauen spielten gestern erneut Unentschieden. 2:2 gegen die Niederlande. Es war mehr drin, zwischendurch roch es nach Gesamtsieg für das DSB-Ensemble, in dem GM Elisabeth Pähtz den Ton angibt. Sechs Punkte aus sieben Partien. „Sie ist die stärkste deutsche Spielerin, ohne Frage“, sagte IM Georgios Souleidis, unser Kommentator im Livestream. Aber, befand The Big Greek auch: „Es läuft an Brett drei und vier unrund.“ Die Männer siegten souverän gegen Kroatien – 3,5:0,5. „Das war heute großer kämpferischer Einsatz von allen“, so Souleidis, „das beste deutsche Spiel bisher bei dieser Olympiade. Sie sind nicht ängstlich angetreten, sondern volle Kanne drauf gegangen.“ Weil anders sonst auch nichts mehr zu holen ist – mit Blick auf vordere Ränge. „Wir hoffen auf die Aufholjagd“, sagt Sportdirektor Kevin Högy nach dem dritten Sieg in Serie: "Darauf kann man aufbauen. Das kann einen durch den Rest des Turnieres tragen."

Denn so richtig einordnen können weder Högy noch Bundestrainer GM Jan Gustafsson das bisherige Abschneiden bei der Olympiade. „Nicht doll, aber geht noch“, sind zwiespältige Formulierungen, die Gustafsson am heutigen Donnerstag gewählt hat, „die Punktzahl ist in Ordnung, aber wir müssen gegen vernünftige Mannschaften was reißen, um noch oben reinzukommen“. Die Kroaten – für Gustafsson war das einer dieser ordentlichen Gegner. Allesamt Großmeister, in Sachen Elo zwar ein bisschen hinter den Deutschen – aber gefährlich. Wenngleich das deutsche Ensemble furios startete und im Eiltempo 2:0 in Führung ging: GM Matthias Blübaum gewann gegen GM Leon Livaic, GM Frederik Svane setzte gegen GM Hrvoje Stevic seine beeindruckende Serie fort - nunmehr 6,5 Punkte aus sieben Partien. Der Mann macht einfach keine Fehler. Gustafsson zu seinem Überflieger: „Das überrascht mich nicht, was er hier zeigt. Er ist einfach ein richtig guter Spieler für dieses vierte Brett.“

Auch GM Vincent Keymer zeigte gegen GM Ante Brkic eine starke Partie – um 20 Uhr stand damit der deutsche Sieg fest. Es war der dritte in Folge. „Das gibt Selbstvertrauen, weil Kroatien auch ein anderes Kaliber ist als es Litauen und Montenegro war, wo die Deutschen ausgerutscht sind“, so Souleidis. Die Partie GM Sasa Martinovic gegen GM Dimitrij Kollars zog sich dann am Ende noch etwas – und endete Remis.

Die deutschen Frauen spielen bisher eine starke Olympiade, das gilt es festzuhalten. Immer noch unbesiegt. Aber leider halt auch nur vier Siege. Da die Niederlande überraschend auf ihr nominelles erstes Brett, Nachwuchstalent IM Eline Roebers, verzichtete, hatten viele Experten auf deutschen Sieg getippt. Stattdessen bekam es IM Dinara Wagner mit GM Zhaoqin Peng zu tun – und spielte erneut Remis. Es war ein harter, enger Fight – einmal mehr muss sie richtig ackern. Sie tat es für das Team. „Der Plan war ja, dass Dinara vorne blockt und ich gewinne. Ich denke, wir haben goldrichtig entschieden“, sagte Pähtz noch einmal zu ihrem Wechsel von Brett eins an zwei.

Pähtz hatte wenig Probleme mit FM Machteld van Foreest. Irgendwann hatte sie zwei Bauern mehr – und der eine marschierte. „Das war ein sehr netter Bauer“, sagte die Großmeisterin hinterher und grinste. „Meine Gegnerin hatte nicht so viel Verständnis für Endspieltechnik, das war mein Glück.“ Damit hat Pähtz (6/7) einen Top-Score. Der ist umso bemerkenswerter, weil Pähtz sich seit drei Tagen mit einer Erkältung plagt. Halsschmerzen, Schnupfen. „Du wirst nicht gesund, wenn du Schach spielst“, sagte sie, „das frisst zu viel Energie. Aber mein Ziel ist es, mich durchzukämpfen.“

Weil leider FM Lara Schulze gegen FM Anna-Maja Kazarian ein sehr komplexes Endspiel unter Zeitnot verlor, kam es am Ende auf WGM Hanna Marie Klek gegen WIM Marlies Bensdorp an. Ein zähes Duell, bei dem Klek auf der Siegerstraße war. Eigentlich. Im 40. Zug traf sie leider nicht die beste Entscheidung – und ab da gab es nichts mehr zu gewinnen. Symbolisch derzeit für das deutsche Quintett. „Der Turnierverlauf hat gezeigt, wir können gegen Mannschaft gewinnen – aber auch Unentschieden spielen. Es ist immer sehr eng.“, sagte Bundestrainer GM Yuri Yakovich. Immerhin: Bisher hat das Team nicht verloren, das sollte weiter Mut machen. (mw)

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