15. September 2024
Als das Spiel gegen Montenegro noch lief, sagte GM Matthias Blübaum bereits virtuell sorry zu seinen Mitspielern: “Ich hätte weiterspielen müssen.” Er ärgerte sich sehr über sich selbst, obwohl er nicht verloren hatte - was wahrlich für ihn und seinen Charakter und den Teamgeist spricht. "Ein viel zu frühes Remis” sei das in der Tat gegen GM Nikola Djukic gewesen, konstatierte der Kommentator des Deutschen Schachbundes, IM Georgios SouleidIs, The Big Greek. Zumal GM Vincent Keymer zu diesem Zeitpunkt schon schlecht stand. Am Ende brach erneut das Unheil über das deutsche Team herein. Drei Remis plus die Niederlage von Keymer bedeuteten nach dem Spiel gegen Litauen die zweite unerwartete Niederlage. “Jetzt müssen wir eine Siegesserie hinlegen”, so GM Rasmus Svane, in Budapest als Sekundant mit an Bord: “Sonst können wir nicht mehr vorne angreifen.”
Svane stapfte nach seiner Analyse erstmal los und besorgte Cashnew-Nüsse, würzig scharf, für GM Dimitrij Kollars (rettete noch ein Remis gegen GM Nikita Petrov) und Vitamine und Eisentabletten für die anderen – zur Aufmunterung und Stärkung. “Die Stimmung ist natürlich schlecht”, so Rasmus Svane.
Gut, dass wenigstens die deutschen Frauen Laune machen. Sie siegten gegen Schweden mit 3,5:0,5. FM Lara Schulze kam bereits um 18 Uhr durch die Hoteltür - mit sehr viel Schwung und einem breiten Lächeln. “Das war easy heute”, sagte sie, “es gibt Stellungen, die spielen sich einfach leicht.” Konkret: “Man rochiert, öffnet die Mitte – und dann Attacke.” Und schon fiel ihre Gegnerin Lavinia Valcu regelrecht in sich zusammen. Das bedeutete am heutigen Tage bereits die zweite Niederlage für das schwedische Team. Zumal auch der Blickfang für alle Kameras, Internetstar und WFM Anna Cramling, sehr früh auf Verlust stand. Dann grübelte sie ob der misslichen Lage über eine Stunde an einem Zug – und ritt sich damit endgültig in die Misere. Im wahren Schach-Leben helfen dann halt auch keine 600.000 Follower bei Instagram. Oder wie es Heinemann süffisant sagte: “Wie prominent die Gegnerin ist, ist mir ziemlich egal.” Sie schnappte sich einige Bauern - und zog dann das Matt. “Das war heute okay”, sparte sich Heinemann jede Form von übertriebener Euphorie.
An Brett eins schaffte GM Pia Cramling, die Mutter von Anna, den einzigen Teilerfolg für die Nordlichter, gegen IM Dinara Wagner. Für die 25-jährige Wagner eine besondere Partie. Denn Pia Cramling ist eine lebende Legende. 1992 war sie erst die fünfte Frau weltweit mit Großmeistertitel, und mehrfach die beste Spielerin der Weltrangliste. “Ich habe sie unter Druck gesetzt und hätte sogar gewinnen können, habe aber einmal die Chance übersehen”, so Wagner, “schade, aber das Erlebnis überwiegt. Ich habe heute gegen eine unglaubliche Frau gespielt, die dem Schachsport so viel gegeben hat. Sie ist 61 Jahre alt und spielt immer noch auf diesem Niveau – unglaublich.” GM Elisabeth Pähtz gewann ebenfalls sehr locker – ihre Gegnerin gab in einem hoffnungslosen Endspiel auf.
Damit drei Siege und zwei Unentschieden für Deutschland, 8:2 Punkte. “So viel haben wir hier wahrlich noch nicht abgegeben”, sagte Lara Schulze und grinste: “Auch wenn wir uns die letzten Tage über die zwei Unentschieden geärgert haben, so sind wir doch jetzt wieder voll dabei.”
Br. | Deutschland | Elo | 3,5 : 0,5 | Schweden | Elo |
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1 | IM Dinara Wagner | 2452 | ½:½ | GM Pia Cramling | 2425 |
2 | GM Elisabeth Pähtz | 2455 | 1:0 | WIM Inna Agrest | 2197 |
3 | WGM Josefine Heinemann | 2316 | 1:0 | WFM Anna Cramling Bellon | 2066 |
4 | FM Lara Schulze | 2283 | 1:0 | Lavinia Valcu | 2076 |
Was man von der Männer-Nationalmannschaft leider nicht sagen kann. “Es ist noch nicht vorbei – aber es ist der Wurm drin”, sagte The Big Greek. Vor allem Keymers Einbruch schon im Mittelspiel habe ihn geschockt: “Da waren einige falsche Manöver. Springer am an den Rand gestellt, den Rest der Armee vergessen – und am Damenflügel vergaloppiert. Dann kein Mittel gegen den entscheidenden Königsangriff.” Die Hoffnung lebte noch einige Zeit, weil GM Frederik Svane in einem ausgeglichenen Endspiel gegen GM Luka Draskovic noch leise Gewinnhoffnungen nährte. Aber als er remisierte, war der bittere Tag perfekt – einmal mehr. Noch sei das Turnier lang, so Rasmus Svane: “Aber wenn wir weiter Punkte rechts und links wegwerfen, wird es ganz schwer, noch nach vorne zu kommen.” Derzeit rangiert das deutsche Team im Niemandsland der Tabelle.
Br. | Montenegro | Elo | 2,5 : 1,5 | Deutschland | Elo |
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1 | GM Denis Kadric | 2553 | 1:0 | GM Vincent Keymer | 2730 |
2 | GM Nikita Petrov | 2574 | ½:½ | GM Dmitrij Kollars | 2659 |
3 | GM Nikola Djukic | 2515 | ½:½ | GM Matthias Blübaum | 2640 |
4 | GM Luka Draskovic | 2497 | ½:½ | GM Frederik Svane | 2640 |
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