1. August 2022
Die deutschen Nationalmannschaften hatten in der vierten Runde ähnlich hart zu kämpfen wie in der dritten Runde. Im Ergebnis waren die Rollen dann allerdings vertauscht. Während die Frauen gegen Rumänien denkbar unglücklich mit 1,5:2,5 verlieren, konnten die Männer dank gnädigster Mithilfe der irischen Außenseiter zu einem knappen 2,5:1,5 kommen.
Hanna Marie Klek spielte eine scharfe Variante des Nimzoinders gegen das 4.f3-System und bot bereits früh in der Eröffnung einen Bauern zum Opfer an. Aufgrund von ungenauen Zügen verpuffte jedoch nach und nach die Kompensation in Form aktiverer Figuren. Zum Minusbauern gesellte sich dann auch noch ein schlechter Läufer, der von einem unvertreibbaren weißen Vorpostenspringer dominiert wurde. Da blieb auch trotz härtester Gegenwehr irgendwann unserer Nationalspielerin nichts anderes als die Kapitulation übrig.
Ein Drama ereignete sich am zweiten Brett. Josefine Heinemann überspielte ihre Gegnerin strategisch mustergültig und hatte erst alles im Griff und dann auch noch einen Bauern mehr. Mit Vollgas auf der Siegerstraße kam sie dann allerdings in beiderseitiger Zeitnot vom rechten Wege ab. Ihre Gegnerin beschwor aus schlechter Stellung heraus Verwicklungen herauf, in denen sich Josefine im entscheidenden Moment leider nicht zurechtfand. Der zwischenzeitlich eingeplante Sieg verwandelte sich in eine ganz bittere Niederlage. Janas Schneiders glatter Partiegewinn am vierten Brett half dann auch nur bedingt. Wie sie ihre Partie einschätzte, könnt ihr hier sehen und hören:
"Es war eine total komplizierte Stellung"
— Deutscher Schachbund (@Schachbund) August 1, 2022
Was Jana Schneider zu ihrer Partie zu sagen hat und wie mit der heutigen Niederlage umgegangen werden muss, erfahrt ihr hier.👇#chessolympiad #ChessChennai2022 pic.twitter.com/iE6iMxg0Fe
Denn auch am ersten Brett war Caissa unseren Frauen nicht hold. Im Mittelspiel erarbeitete sich Elisabeth Pähtz erst eine sehr vorteilhafte Stellung, um sich dann kurze Zeit später nach einem doppelten Überseher plötzlich in einem objektiv verlorenen Endspiel wiederzufinden. Doch dank ihrer Zähigkeit und Endspielkenntnis stellte sie immer wieder Probleme und machte so die Gewinnführung für ihre Gegnerin zum Problem – bis diese schlussendlich selbst den Gewinn verpasste und die Stellung ins Remis verflachte.
Dennoch ist die 1,5:2,5 unter dem Strich ärgerlich, denn es war viel mehr drin. Aber nun heißt es, morgen gegen die Mongolei Punkte zu holen.
7 | Rumänien | Elo | 2½:1½ | Deutschland | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | IM Irina Bulmaga | 2394 | ½:½ | IM Elisabeth Pähtz | 2484 |
2 | WGM Mihaela Sandu | 2297 | 1:0 | WGM Josefine Heinemann | 2321 |
3 | WFM Alessia-Mihaela Ciolacu | 2163 | 1:0 | WGM Hanna Marie Klek | 2366 |
4 | WIM Miruna-Daria Lehaci | 2193 | 0:1 | WGM Jana Schneider | 2342 |
Bei den Männern hatte man nur scheinbar mit Irland ein leichtes Los gezogen. Dass sich die Spieler von der Insel mächtig wehren sollten, war schnell klar. Zwar gewannen Vincent Keymer bei seinem Olympiadebüt und Dmitrij Kollars ihre Partien souverän und ohne großes Federlesen.
Doch nach kurzer Zeit war bereits klar, dass Europameister Matthias Blübaum in höchsten Nöten schwebte. Da kam es gerade recht, dass Rasmus Svane von seinem Gegner ein Remisangebot in einer Stellung offeriert bekam, die für einen Menschen zwar sehr kompliziert ist, der Computer als glatt verloren für unseren Nationalspieler einschätzt! Wie das kam und was das mit Rasmus‘ Elo zu tun hat, erklärt er uns im folgenden Video:
"Ich hab mehr Elo, das ist manchmal auch ein netter Faktor!"
— Deutscher Schachbund (@Schachbund) August 1, 2022
Was Rasmus damit meint, erklärt in seinem kurzen Statement im Anschluss an seinen wichtigen halben Punkt!#chessolympiad #chesschennai2022 pic.twitter.com/e6WYkyUBXl
Dass Rasmus’ Gegner im letzten Moment womöglich der Mut verließ, in komplizierter Stellung den Gewinn zu suchen, sicherte der deutschen Mannschaft den überraschend knappen Sieg. Matthias Blübaum konnte im Folgenden dann in der Tat seine schlechte Stellung nämlich nicht mehr zusammenhalten und verlor trotz ideenreicher Verteidigung im Endspiel erst eine Figur und dann die Partie.
14 | Deutschland | Elo | 2½:1½ | Irland | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | GM Vincent Keymer | 2686 | 1:0 | GM Alexander Baburin | 2400 |
2 | GM Matthias Blübaum | 2673 | 0:1 | IM Conor E. Murphy | 2404 |
3 | GM Rasmus Svane | 2649 | ½:½ | FM Tarun Kanyamarala | 2379 |
4 | GM Dmitrij Kollars | 2648 | 1:0 | IM Mark Heidenfeld | 2355 |
Für die Frauen geht es morgen damit gegen die bisher sich bärenstark präsentierende Mongolei, deren Spielerinnen typischerweise im internationalen Vergleich geringe Elozahlen aufweisen, aber dennoch auf Augenhöhe mit den besten Nationen der Welt spielen. Die Gegnerinnen werden also nicht leichter. Die Mannschaft um Kapitän Jan Gustafsson bekommt es mit der Slowenien zu tun.
Wie jeden Tag beginnen die Partien um 11:30 Uhr deutscher Zeit mit Kommentaren von Klaus Bischoff und Gernot "Gunny" Leusch auf schachdeutschland.tv!
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