3. Tag in Ruit: Kateryna Dolzhykova feiert den neuen WGM-Titel am Billardtisch – Huschenbeth schlägt Svane

Katharina Reinecke

Ostfildern – das ist der Ort, wo gerade nicht nur um Meistertitel gekämpft wird, sondern auch schöne Geschichten geschrieben werden. Eine frohe Botschaft machte heute die Runde in der Sportschule Ruit: WIM Kateryna Dolzhykova hat ihre letzte Norm geschafft und jetzt den WGM-Titel. „Ich freue mich wirklich sehr“, sagte sie, „vor 19 Jahren habe ich in meiner Heimat den WIM-Titel bekommen, und jetzt bin ich endlich WGM. Ich habe hart und täglich trainiert, um dieses Ziel zu erreichen.“ Und mit jedem Erfolg verblasst die Vergangenheit mehr, die wahrlich nicht immer nur rosig war.

Sandra Schmidt

Dolzhykova ist mittlerweile für den Deutschen Schachbund spielberechtig – und kann etwas gelassener auf frühere Tage zurückblicken. Ihre frühere Ehe mit GM Sergei Karjakin zum Beispiel, Putins Schach-Agitator. „Ein schrecklicher Jugendirrtum“ sei das gewesen, hat sie im vergangenen Jahr der FAZ gesagt. Nun scheint es, als treffe sie gerade häufiger die richtige Wahl – und habe aus der Not heraus ihr Glück gefunden.

Als Russland begann, ihr Land zu bombardieren, packte sie ihren Pass und das Nötigste. Eigentlich war die Flucht aus Kiew zur Cousine in Frankfurt/Main nur für ein paar Tage geplant – nun ist sie immer noch hier. Und hat in Oberursel nicht nur eine neue Heimat gefunden, sondern mit FM Samuel Weber auch ihre große Liebe. Mit ihm, der ihr in Ruit sekundiert, feierte sie ihren Tagessieg und den neuen Titel am Abend noch am Billardtisch.

German Masters der Frauen

Dolzhykova ist eigentlich Titelverteidigerin in Ruit. Sie, die auch in der Ukraine mehrfach Landesmeisterin war, hat aber auf die Einzelmeisterschaft verzichtet und tritt als Spielerin mit der höchsten Elo-Zahl (2304) im Teilnehmerfeld des Masters an, dem höherwertigen Turnier. Und hier läuft es mittlerweile gut. Die für viele überraschende Auftakt-Niederlage gegen WGM Fiona Sieber hat sie weggesteckt. Heute gewann sie überzeugend gegen FM Svenja Butenandt. Dolzhykova gelang damit der Anschluss an das führende Werder-Bremen-Duo WGM Fiona Sieber und FM Lara Schulze, die jeweils 2,5 Zähler eingeheimst haben. Beide spielten in ihren Partien remis. Übrigens ein Ergebnis, das es kurioserweise in den ersten beiden Runden des Turniers gar nicht gegeben hatte – da gab es nur Siege und Niederlagen. Nun könnte die Zeit des Taktierens beginnen.

Deutsche Einzelmeisterschaft / Meisterklasse

Bei der Deutschen Einzelmeisterschaft stand die dritte Runde an – mit Siegpremieren für zwei Favoriten. GM Vitaly Kunin spielte endlich mal eine sehr solide Partie - gegen IM Leonardo Costa, dem er keine Luft zum Atmen ließ. Kunin, nicht als Vorbereitungsmonster bekannt, sagte danach: „Die ersten beiden Partien habe ich einfach schlechtes Schach gespielt, deshalb musste ich mich diesmal besser vorbereiten.“

Der erste Sieg gelang auch GM Dmitrij Kollars gegen GM Rainer Buhmann, der am Ende noch eine Chance auf ein mögliches Remis übersah. GM Niclas Huschenbeth besiegte mit Schwarz GM Rasmus Svane und übernahm in dem Turnier erstmal die Führung. Huschenbeth wirkte danach selbst ein wenig überrascht. Eigentlich habe er auf ein Remis spekuliert, „aber irgendwann kam der Punkt, wo ich gemerkt habe: Hier kann ich noch ein bisschen tricksen und versuchen auf Gewinn zu spielen“. Am Ende war Huschenbeth jedenfalls „super glücklich“. Platz drei sein Ziel gewesen, nun hoffe er auf mehr. „Und mein langfristiges Ziel ist es, auch wieder in der Nationalmannschaft zu spielen.“ Es wäre noch so eine schöne Geschichte.

In der Tabelle führt nun ein Quartett aus Huschenbeth, Kollars, GM Roven Vogel und IM Marius Deuer mit jeweils zwei Punkten. Dahinter folgt gleich GM Dennis Wagner, dessen Remis gegen Vogel übrigens kritisch von einem prominenten Fan verfolgt wurde: Gattin IM Dinara Wagner ist in Ruit angekommen. (mw)

Donnerstag Doppelschicht auf SchachdeutschlandTV

Katharina Reinecke

SchachdeutschlandTV geht mit der jeweils fünften Runde im Kandidatenturnier der Deutschen Einzelmeisterschaft und in der Deutschen Frauen-Einzelmeisterschaft bereits ab etwa 10 Uhr online. Der Arbeitstag für unsere Moderatorin Katharina Reinecke beginnt damit etwas früher. Ihr zur Seite steht mit Daria Bangerter eine 18-jährige Schweizerin, die das Schiedsrichterteam bei der Sicherheitskontrolle unterstützt. Daria gehörte der Schachschule von GM Artur Jussupow an und war Schweizer Meisterin 2021 und 2022 in der U16.

In der Nachmittagsrunde ab etwa 16 Uhr mit dem German Masters der Frauen und der Meisterklasse der Deutschen Einzelmeisterschaft, wird Darias Platz wieder von GM Klaus Bischoff übernommen. (fh)