22. März 2015
Die Auslosung am Sonntagmorgen bescherte Rotation Pankow gegen die SG Löberitz an Brett eins die weißen Steine. Prompt stellten die Berliner ihr Team vom Sonnabend um. Und auch Löberitz tauschte 1 mit 2 und 3 mit 4. Hat sich also nicht viel geändert, und ich blickte fragend den Berliner Jörg Seils an. "Doch" entgegnete der, "Ben hat mit Weiß einen harten Aufschlag!" Gemeint war Benjamin Dauth, der seine Weißpartien gern erfolgreich durchbringt. Und das ist im Pokal besonders wichtig an Brett eins.
Wie gefährlich der ehemalige Berliner Landesjugendwart und langjährige BMM-Turnierleiter und -Programmierer mit Weiß ist, durfte gestern schon der 14-jährige Lübecker Kevin Kololli erfahren. Schon in der Eröffnungsphase waren taktische Probleme zu lösen. Aus denen kam der Berliner zwar nicht optimal heraus, aber am Ende brachte er seinen "Aufschlag" durch.
Da sah es heute doch schon viel klarer bei Benjamin Dauth aus. Der Löberitzer Christian Schindler opferte seinen d-Bauern, um nicht ewig an dessen Verteidigung gebunden zu sein. Der Minusbauer wurde durch ein prächtiges Läuferpaar kompensiert, welches immer die Bauern am weißen Damenflügel im Blick hatte. Irgendwie gelang es Weiß später zwar das Läuferpaar zu halbieren, aber der eigene Mehrbauer drohte keine Wirkung zu entfalten. Ein Remis zeichnete sich ab.
In nebenstehender Stellung investierte der Berliner sehr viel Zeit. Jeder Normalsterbliche hätte wohl hier Kd3 gezogen, um den schwarzen König nicht an die weißen Bauern am Damenflügel zu lassen. Weiß sah aber nach dem schwarzen Zug Lf4 auf Dauer keine Gewinnmöglichkeit mehr. Deshalb entschloß er sich zu 1. Lh6 um seinen f-Bauern durchzupeitschen. Auch wenn dabei der ganze Damenflügel abhanden kommt. Nach der Partie äußerte er mir gegenüber glaubhaft, daß er die ganze Abwicklung bis zum Partieende vor seinem geistigen Auge hatte. Und sein Vereinskollege Jörg Seils schüttelte immer noch vor soviel Kaltschnäuzigkeit den Kopf. Sinngemäß Benjamin Dauth: "ich wollte meinem Gegner größtmögliche Probleme bereiten, um ihm Irrwege zu ermöglichen." Die fand der Löberitzer dann auch und kam vom Remisweg ab.
Die Verschärfung des Spiels an Brett eins war auch bitter nötig geworden für Rotation Pankow. Bernd Steinhagen hatte die Berliner zwar mit 1:0 in Führung gebracht, doch wenig später war die gute Stimmung dahin. Statt 3:1 oder 3½:½ für Berlin, sah es plötzlich nach 2½:1½ für Löberitz aus. Brett vier kippte komplett um, Brett zwei hatte jetzt auch schon einen Bauern weniger und an Brett eins versuchte Dauth die remisverdächtige Stellung kompliziert zu machen.
Als dann die Meldung vom weißen Sieg an Brett eins kam, wich erst bei Jörg Seils die Anspannung (und er gab auf) und wenig später auch bei Stephan Bruchmann, der erst gar nichts mitbekommen hatte.
Jetzt noch ein Blick auf die entscheidenden Momente aus der Gewinnpartie von Bernd Steinhagen:
Gleich zweimal klingelte es hier auf der dritten Reihe, wobei jeweils ein weißer Bauer abhanden ging. Im linken Diagramm hatte es gerade auf g3 geklingelt. Typische Überlastung eines verteidigenden Steines. Mit dem Bäuerlein auf f2 kann man eben nicht gleichzeitig den Bg3 und den Se3 decken.
Im rechten Diagramm haben wir fast die Schlußstellung erreicht. Weiß zog zuletzt den vom Se5 angegriffenen Turm von f3 nach f2. Wenn nicht schon da, so doch sicher ein paar Augenblicke später sah er Sxd3. Bernd Steinhagen sah den zweiten Bauerngewinn natürlich auch, rechnete sicherheitshalber aber noch einmal die Varianten durch. Nach endlosen Minuten folgte 1. ... Sxd3 und Weiß reichte sofort die Hand zur Aufgabe herüber. Wegen Matt auf e1 geht exd3 nicht.
In Aue setzte sich der SC Kreuzberg gegen den SV Röhrnbach mit 2½:1½ durch. Röhrnbach hatte am Vortag überraschend den Gastgeber rausgekickt. Allerdings hatte der niederbayerische Verein dafür auch seine besten Leute mit ins Erzgebirge gebracht. Die Berliner waren also vorgewarnt.
Brett eins machte am Ende den Unterschied: GM Sergej Kalinitschew besiegt IM Peter Schmidt.
In Nordhorn ging das Finale ebenfalls ohne die Gastgeber über die Bühne. Der SK Nordhorn-Blanke unterlag der SG Porz mit 1:3. Somit standen sich Porz und Aufbau Elbe Magdeburg im Finale gegenüber. Die Magdeburger hatten ihre Mannschaft umgekrempelt und setzten den (Ex-)"Papst" an das erste Brett. Der 25-jährige Johannes Paul (DWZ 2216) sorgte dort dann für die Pokaleinzelsensation des heutigen Tages. Er bezwang GM Christopher Lutz (DWZ 2512)! Die Punkteteilungen von Tatjana Melamed und Maria Schöne machten die Pokalmannschaftssensation perfekt.
Besser machte es der Favorit in Homburg. Hier setzte sich die OSG Baden-Baden mit 3½:½ gegen die Gastgeber vom SC Caissa Schwarzenbach durch.
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19584