30. April 2022
In der letzten Runde des German Masters in Darmstadt konnten nur noch zwei Frauen das Turnier gewinnen: Jana Schneider lag mit einem halben Punkt Vorsprung in Führung, ein Remis gegen Lara Schulze hätte ihr aufgrund des gewonnenen direkten Vergleiches zum Turniersieg gereicht. Dinara Wagner musste sowohl auf einen Patzer von Jana Schneider hoffen, als auch ihre eigene Partie gegen Sarah Papp gewinnen.
(Alle Fotos: Gregor Johann)
Die erste Entscheidung im Titelrennen bahnte sich schon sehr früh an: Nach nicht einmal 20 Minuten tappte Jana Schneider in der spanischen Partie gegen Lara Schulze in eine Eröffnungsfalle und nach gerade einmal neun (!) Zügen war die Partie objektiv betrachtet schon komplett verloren. Der Springer hatte auf e4 einen vergifteten Bauern geschluckt und anschließend kein gesundes Feld mehr, zu dem er zurückkehren konnte. In der Folge konnte Lara einen feinen Angriff starten, die gegnerische Königsstellung aufreißen und die Dame für Turm und Läufer gewinnen. Jana verteidigte sich zwar noch so gut es ging und versuchte in Zeitnot irgendetwas Brauchbares zu schaffen, aber Lara ließ keine Luft mehr in die Stellung. Nach dem 40. Zug hatte Jana dann ein Einsehen und akzeptierte die Niederlage.
Nach 11. Te1 offenbart sich das gesamte Dilemma der schwarzen Stellung. Janas Springer hat einfach kein gutes Feld. pic.twitter.com/Nk5XCtMxiP
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Fast alle weißen Figuren sind bereit für den Angriff, @LaraSchulze19 setzt zum entscheidenden Schlag gegen Jana Schneiders Königsstellung an!#germanmasters pic.twitter.com/ySJ0eQiZtz
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Damit war früh klar, dass Dinara Wagner mit einem Sieg das Turnier gewinnen könnte. Aktiveres Figurenspiel sicherte ihr über lange Strecken der Partie eine vorteilhafte Stellung. Ihre Gegnerin Sarah Papp hatte im 27. Zug eine gute Ausgleichschance, bei der sie das weiße Läuferpaar vom Brett hätte tauschen können. Sie ließ aber nicht nur diese Chance aus, sondern sollte direkt im nächsten Zug sogar den spielentscheidenden Fehler machen. Ein vermeintlicher Bauerngewinn auf c5 verlor in Wirklichkeit eine Qualität, wonach zwar noch weitergekämpft wurde, aber keine ernsthaften Chancen mehr bestanden. Dinara Wagner fuhr die Gewinnstellung nach Hause und konnte sich bei ihrer ersten Teilnahme am German Masters direkt zur Turniersiegerin krönen. Herzlichen Glückwunsch!
Wenn Jana Schneider tatsächlich verliert, hat Dinara Wagner die Chance, mit einem Sieg doch noch vorbeizuziehen und das Turnier zu gewinnen. Allerdings wird Sarah Papp da sicher etwas dagegen haben.#germanmasters pic.twitter.com/vXJcgixORA
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Sarah Papp hat den biestigen Zug Le6+ übersehen - Dinara Wagner lässt sich nicht lange bitten und steht kurz vor dem ganzen Punkt und dem Turniersieg!#germanmasters pic.twitter.com/VyUmABredA
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In der längsten Partie des Tages konnte Melanie Lubbe durch einen Sieg gegen Elena Köpke noch einen Podiumsplatz ergattern. In einer sizilianischen Partie hatte sie über lange Zeit leichten weißen Vorteil, bevor es ihr im 43. Zug mit g4!! gelang, die Partie sehenswert zu entscheiden.
Das Duell zwischen Antonia Ziegenfuß und Josefine Heinemann verflachte früh in ein Turmendspiel mit ausgeglichenem Materialverhältnis, bevor es noch vor der Zeitkontrolle in einer Zugwiederholung endete.
Hanna Marie Klek ließ gegen Brigitte Burchardt nichts anbrennen und sicherte sich mit einem schönen Königsangriff den ganzen Punkt.
Die Siegerinnenehrung und Pokalübergabe übernahmen DSB-Vizepräsident Sport Ralph Alt sowie Hauptschiedsrichterin Sandra Schmidt.
Das diesjährige German Masters der Frauen war eine unheimlich knappe Angelegenheit: Ständige Führungswechsel sowie eine neue Tabellenspitze in jeder Runde und nur ein Punkt Unterschied von der Erst- bis zur Sechstplatzierten verdeutlichen, wie eng es dieses Jahr zuging. Auf dem Podium landeten am Ende neben Turniersiegerin Dinara Wagner noch Jana Schneider auf dem zweiten und Melanie Lubbe auf dem dritten Platz.
Lara Schulze und Josefine Heinemann spielten zwar beide lange um den Turniersieg mit, müssen sich am Ende aber jeweils mit dem 4. und 5. Platz zufrieden geben. Hanna Marie Klek wird als Titelverteidigerin mit ihrem sechsten Platz sicher nicht zufrieden sein, auch wenn die Punkteausbeute noch im Rahmen der Elo-Erwartung ist. Sarah Papp hat den Spielerinnen an der Spitze immer wieder das Leben schwer gemacht, insgesamt aber nicht konstant genug gespielt für einen Platz weiter vorne. Elena Köpke hatte sich als Deutsche Meisterin 2021 für das German Masters qualifiziert und holte gegen die Gegnerinnen der unteren Tabellenhälfte 3,5/4. Da sie aber gegen die Spielerinnen der kompletten oberen Tabellenhälfte das Nachsehen hatte, hat es am Ende nicht für eine bessere Platzierung gereicht. Antonia Ziegenfuß hatte vor dem Turnier gesagt, dass es ihr erstes Turnier seit langem sei und sie sich freuen würde, sich im Mittelfeld festsetzen zu können. Das Ergebnis ist am Ende sicherlich auch Ausdruck der fehlenden Spielpraxis. Brigitte Burchardt hatte sich kurzfristig als Nachrückerin zur Verfügung gestellt und von Anfang an ein hartes Turnier vor sich. Ihr einziges Erfolgserlebnis konnte sie sich aber gegen die Turniersiegerin sichern.
Das nächste Highlight im Frauenbereich ist das zentrale Finale der Frauenbundesliga vom 25. bis 29. Mai in Lehrte, Ende Juli geht es dann zur Schacholympiade nach Indien. Danke an alle, die das German Masters verfolgt haben. Wir freuen uns darauf, euch bei diesen beiden Events wieder dabei zu haben!
Br. | Weiß | Elo | - | Schwarz | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | WGM Dinara Wagner | 2321 | 1:0 | WGM Sarah Papp | 2305 |
2 | WGM Hanna Marie Klek | 2364 | 1:0 | WIM Brigitte Burchardt | 2079 |
3 | WGM Melanie Lubbe | 2308 | 1:0 | WGM Elena Köpke | 2272 |
4 | FM Lara Schulze | 2309 | 1:0 | WGM Jana Schneider | 2263 |
5 | WFM Antonia Ziegenfuß | 2260 | ½:½ | WGM Josefine Heinemann | 2292 |
Pl. | Name | Elo | Pkt. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | WGM Dinara Wagner | 2321 | 6,5 | x | 0 | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | ½ |
2. | WGM Jana Schneider | 2263 | 6,0 | 1 | x | 1 | 0 | ½ | ½ | 0 | 1 | 1 | 1 |
3. | WGM Melanie Lubbe | 2308 | 6,0 | ½ | 0 | x | 1 | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 |
4. | FM Lara Schulze | 2309 | 5,5 | ½ | 1 | 0 | x | ½ | ½ | 0 | 1 | 1 | 1 |
5. | WGM Josefine Heinemann | 2292 | 5,5 | 0 | ½ | ½ | ½ | x | ½ | 1 | 1 | ½ | 1 |
6. | WGM Hanna Marie Klek | 2364 | 5,5 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | x | 1 | ½ | 1 | 1 |
7. | WGM Sarah Papp | 2305 | 4,0 | 0 | 1 | ½ | 1 | 0 | 0 | x | 0 | ½ | 1 |
8. | WGM Elena Köpke | 2272 | 3,5 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | 1 | x | 1 | 1 |
9. | WFM Antonia Ziegenfuß | 2260 | 2,0 | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | 0 | x | 1 |
10. | WIM Brigitte Burchardt | 2079 | 0,5 | ½ | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | x |
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 10927