17. August 2014
Der Doyen des deutschen Problemschachs ist tot. Hermann Weißauer, der unermüdliche Förderer des (Kunst-)schachs in vielen Facetten und bis ins hohe Alter sehr aktiv, verstarb mit 93 Jahren in Ludwigshafen.
Partiespieler mögen sich seines Namens als langjähriger Redakteur der „Rochade Europa“ erinnern, daneben war er aber auch produktiver Problemkomponist (etwa 500 publizierte Werke), Buchautor und Organisator. Er rief die Deutschen Problemlösemeisterschaften 1978 ins Leben, agierte dort viele Jahre als Turnierleiter und lud bis zuletzt die Problemfreunde seiner pfälzischen Wahlheimat zu regelmäßigen Treffen zwecks Gedankenaustausch ein.
Als Redakteur versuchte er stets, die Nachwuchsförderung auf eine breite Basis stellen. Nur selten lehnte er eingereichte Anfängerarbeiten ab, gemäß dem Motto: Der größte Ansporn für einen Neuling ist es, das eigene Werk in einer Zeitschrift publiziert zu sehen!
Für seine Leistungen sind ihm zahllose Ehrungen zuteil geworden; stellvertretend seien die Überreichung des Ehrentellers durch den DSB zu seinem 90. Geburtstag (bei diesem Anlaß entstand das Foto) sowie die Ehrenmitgliedschaft in der „SCHWALBE – deutsche Vereinigung für Problemschach“ gelistet.
Bevor er in seiner zweiten Lebenshälfte die Beschäftigung mit dem Problemschach intensivierte, war er als promovierter Chemiker in der Farbenforschung bei der BASF tätig.
Seinem Forschernaturell entsprechend suchte er auch als Problemkomponist immer nach neuen Themen, die er dann mit Leben füllte. Auf das meiste Echo stieß dabei (und das wirkt bis heute nach) die nach ihm benannte „Weißauer-Bahnung“. Der abgebildete Dreizüger illustriert diese Idee: Auf 1.Te6! (2.Txd6+ Sxd6 3.Txc5#) kann Schwarz mit 3 Figuren verteidigend auf dem Schnittpunkt e5 schlagen. Wie lauten nun die richtigen Fortsetzungen nach den Themazügen 1. …Txe5 und 1. …Lxe5? Haben Sie dabei auch die Dualvermeidung im Mattzug entdeckt (also: warum geht der jeweils andere Zug nicht?)? Und warum ist 1. …Sxe5 2.Sb4+ Kd4 3.Txd6# unthematisch? (Tipp: Der Name der Idee weist auf eine bestimmte Zug- oder Wirkungskonstellation hin!).
Hermann Weißauer
Schweizerische Arbeiter-Schachzeitung 1978
1. ehrende Erwähnung
Komplexe Dreizüger waren seine Domäne, aber er liebte auch rätselhafte Kleinigkeiten und partienahe Kompositionen. Untenstehend sei beispielhaft ein Opus zum sogenannten „Vierspringermatt“ gezeigt (Lösung: 1.Sf5! (2.Se7#) Sc7 2.Dc6! (3.Sd6+ Kd8 4.Dd7#) Se5 3.Sd6+ Kd8 4.Dd7+! Sxd7 5.Sc6#).
Hermann Weißauer
Schweizer Schachmagazin 1991
Mit Hermann Weißauer ist der letzte universelle Propagandist des deutschen Problemschachs von der Bühne abgetreten. Auf Wikipedia erfährt man einige Eckdaten zu seiner Person und zu seinen wichtigsten Werken. Auch ein Buch über ihn mit dem Titel „Knobeln Sie auch gern?“, das Franz Pachl verfaßt hat, findet dort Erwähnung.
Wir werden sein Andenken in Ehren halten.
Wilfried Neef, Die SCHWALBE
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 10192