4. Juni 2025
Dieser Tag erreichte uns eine Mail von Rosi Roderburg vom Verein "Hoffnung und Glück für Kenia". Die ehrenamtliche Mitarbeiterin des Münchner Vereins schilderte uns eine Geschichte, die einmal mehr zeigt, welche Chancen der Schachsport auch für benachteiligte Kinder eröffnet. Es ist die Geschichte des neun Jahre alten Fidel Ayoti, der seine große Leidenschaft und neue Hoffnung gefunden hat - dank der Unterstützung des deutschen Vereins, der bei seiner Arbeit auch auf den Schachsport setzt. Als Teil eines Bildungsprogramms. Man habe es sich zum Ziel gesetzt, so Roderburg, durch verschiedene Formen der Patenschaft Kindern den Zugang zu Bildung zu ermöglichen - ein Mittel der Glücksspender: Schach. "Denn Bildung ist so viel mehr als nur Lesen, Schreiben und Rechnen: Bildung ermöglicht Menschen, ihre Potentiale zu entdecken, sich zu entfalten und ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen", betont Roderburg. Schachtalent Fidel ist dafür ein Musterbeispiel.
Der Junge startete beim Kenya National School Championship in Nairobi und qualifizierte sich für die nächste Runde beim Ost-Afrika-Turnier in Mombasa. Das fand vor wenigen Tagen statt. Die African Schools Individual Chess Championship 2025 - also die Afrikanische Schach-Einzelmisterschaft - ist ein bedeutendes kontinentales Schachturnier für Schüler. Veranstaltet wurde es in diesem Jahr von der African Chess Confederation und der Chess Kenya Federation. Fidel Ayoti hat im U11-Wettbewerb vier Punkte im Neun-Runden-Turnier erzielt und Platz 101 belegt. "Wobei es für mich schon ein Traum war dabei zu sein", sagt er. Der Werdegang des Schach-Talents ist erstaunlich:
Fidel Ayoti stammt aus dem kleinen Ort Bukura im Bezirk Kakamega im Westen Kenias. Im Alter von sechs Jahren verliert er seine Mutter, sie stirbt an Krebs. Der Vater bleibt mit ihm und den zwei jüngeren Geschwistern allein zurück - und verfällt in Depressionen. Vorübergehend werden die drei Kinder bei einer Tante untergebracht, die sechs eigene Kinder zu versorgen hat - und somit völlig überfordert ist. Fidel, sein zwei Jahre jüngerer Bruder Davis und die kleine Schwester Gladwell sind überwiegend sich selbst überlassen. Fidel versorgt sich und die Kleinen irgendwie, für den Schulbesuch fehlt das Geld. Die Kinder verwahrlosen zusehends.
Dann wird Carolyne Ashiono auf das Schicksal der Geschwister aufmerksam. Carolyne betreibt in Bukura das Daisy Centre and School – ein Waisenhaus mit privater Schule, welches sie – selbst ein ehemaliges Waisenkind – 2013 gegründet hat und in den letzten Jahren auch dank zahlreicher Spenden aus dem Ausland zu einem großen Schulzentrum ausbauen konnte. Carolyne holt die Kinder zu sich ins Waisenhaus und wendet sich gleichzeitig an den gemeinnützigen deutschen Verein "Hoffnung und Glück für Kenia", der das Daisy Center mit Patenschaften und Spenden finanziell unterstützt. Dabei spielt Schach eine große Rolle.
Schnell sind für alle drei Kinder Patenschaften vermittelt, die finanzielle Absicherung im Daisy Center steht, auch dem Schulbesuch für Fidel und seinen Bruder steht nun nichts mehr im Wege. Alle drei Kinder blühen in der neuen, sicheren Umgebung förmlich auf. Fidel findet schulisch schnell den Einstieg und zeigt sich wissbegierig und talentiert. Er besucht zurzeit die 2. Klasse.
An der Daisy School gibt es einen Schach-Club. Für diese Einrichtung hat "Hoffnung und Glück für Kenia" Schachspiele finanziert, um Schülern die Möglichkeit zu bieten, das Spiel zu trainieren - auch einen Trainer gibt es. "Neben dem Spaß am Spiel werden auch logisches Denken und Kreativität gefördert", so Roderburg. Fidel zeigt schnell Interesse, ja richtige Begeisterung und beweist sehr großes Talent. Nach etlichen internen Erfolgen an der Daisy School entscheiden die Trainer, ihn zu regionalen Wettkämpfen mitzunehmen. Auch dort überzeugt Fidel und es ging nun für ihn zu den Schulmeisterschaften in Nairobi - seine erste größere Reise überhaupt. Kurzum: Fidel konnte sein Glück kaum fassen.
"Fidel Ayoti ist ein besonderes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn junge Talente gefördert werden. Seine Teilnahme an der Afrikanischen Schul-Schachmeisterschaft 2025 ist nicht nur eine persönliche Chance, sondern auch ein Hoffnungssignal für viele andere Kinder an der Daisy School", so Roderburg. Er selbst sagt, mit großem Selbstbewusstsein dank Schach: "Auch ich kann etwas erreichen, egal woher ich komme.“
"Wir sehen in dieser Unterstützung nicht nur eine Investition in Fidel, sondern auch eine Vorbildwirkung für Mut und Motivation – Werte, die langfristig viele Kinder bewegen können, an sich zu glauben", sagt Roderburg. Sie selbst hat eigentlich keine besondere Kenia-Affinität, sondern möchte schlicht "Kinder in benachteiligten Lebensumständen unterstützen. Enstanden ist das Ganze, weil sich die 13jährige Tochter meiner Nichte zu Weihnachten ein Patenkind gewünscht hat. Meine Nichte, die selbst nicht über große finanzielle Mittel verfügt, hat dann nach Schulpatenvereinen gesucht, die relativ günstig Patenschaften anbietet. Und so ist sie auf Hoffnung und Glück für Kenia e.V. gestoßen. Auch, dass ein persönlicher Briefkontakt zwischen den beiden Mädchen möglich ist, war zusätzlich ausschlaggebend für ihre Wahl. Das Konzept gefiel uns allen sehr gut und bald war die ganze Familie infiziert."
Roderburg unterstützt zur Zeit drei Patenkinder, wobei die Älteste bereits an der Uni studiert. "Was auch nur möglich war, weil sowohl unser Verein als auch das Team vor Ort, die Kinder über die normale Schulpflicht hinaus weiterhin begleitet." Der kleine Verein mit Sitz in München hat Mitwirkende in ganz Deutschland. Die Vorsitzende Janet Bachmann lebt in München, die zweite Vorsitzende Cecilia Giucci in Berlin. Rosi Roderburg ist Kölnerin und sagt: "Es erfüllt mich mit großer Freude zu sehen, wie man mit einem vergleichsweise kleinen Betrag das Schicksal eines Kindes und oftmals auch das einer ganzen Familie positiv verändern kann. Das gibt mir ein sehr gutes Gefühl." Und der Schachsport ist um eine schöne Geschichte reicher. (mw)
Wer sich für den Verein Hoffnung und Glück für Kenia e. V. und die Daisy School in Bukura interessiert, vielleicht sogar eine Patenschaft übernehmen möchte, findet hier mehr Informationen:
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36688