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FIDE startet Projekt zu Schach in Gefängnissen

18. Mai 2021

Kann Schach im Justizvollzug einen Beitrag zur Resozialisierung von Straftätern leisten? In vielen Ländern sind in den letzten Jahren Programme aufgesetzt worden, die genau darauf setzen – die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. Der Weltschachverband FIDE hat nun sein neues Projekt „Chess for Freedom“ gestartet, welches auf die Einführung von Schach in Gefängnissen verschiedener Länder abzielt. DSB-Vizepräsident Boris Bruhn berichtet für uns von der ersten Veranstaltung des Projekts.

Am 11. Mai hat die FIDE eine Online-Konferenz mit Showkampf zum Start von „Chess for Freedom“ durchgeführt, frei übersetzt: „Schach für die Freiheit“. Diese Veranstaltung sollte die rund 100 Teilnehmer aus 75 Nationen der Welt über Programme aus Gefängnissen und für straffällige Jugendliche informieren. Für den DSB haben Ralph Alt und ich teilgenommen. Es war eine sehr anregende Veranstaltung mit wertvollen Beiträgen aus verschiedenen Regionen der Welt. Eingeführt in die Veranstaltung haben mit einem Grußwort FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich und der 12. Weltmeister Anatoly Karpov.

Den Start der Vorträge machte Tom Dart aus dem Sheriff Department in Cook County, Illinois, USA, der von dem dortigen Programm für Insassen berichtete. Der Sprung ging über den Atlantik nach Norwegen, von wo Geir Nesheim über „Schach in der Gesellschaft“ berichtete, dass in 14 Bereichen der norwegischen Gesellschaft aufgesetzt wurde, so z. B. in Altenheimen, Flüchtlingsunterkünften und ebenso in den Justizanstalten. Zurück über den Atlantik stellte GM Darcy Lima aus Brasilien das Programm „chess that liberates“ vor, frei übersetzt „Schach, das befreit“. Im Bundesstaat Espirito Santo gibt es Programme, um den Insassen ein Schachangebot zu machen. Parallel dazu wurde das Programm mit einer Studie begleitet, bei der die Rückfallquoten untersucht wurden. Die Ergebnisse sind sehr ermutigend. Weiter aus dem Norden berichtete der Kanadier Dr. Grigg Lance von einem Programm für straffällige Jugendliche, die sich als Maßnahme zur Teilnahme an einem 25 Stunden umfassenden Schachlehrprogramm verpflichten können.

Wie genau Schach helfen kann

Carl Portman bei seinem Vortrag

Zum Schluss der Vortragsreihe erläuterte der Autor Carl Portman („Chess behind bars“ Schach hinter Gittern) den Zusammenhang von „Chess and redemption“, frei übersetzt: „Schach und die Tilgung der Schuld“. Dabei ging er auch genauer darauf ein, wie genau Schach den Insassen helfen könne: Zunächst sehe man positive Effekte auf die persönliche Entwicklung, also auf die Fähigkeiten beim Problemlösen, dem kritischen und logischen Denken sowie der Entscheidungsfindung. Dadurch würden die Teilnehmer selbstbewusster und hätten das Gefühl ihre Zeit sinnvoll zu nutzen. Durch das gemeinsame Spiel könne generell eine Verbesserung der sozialen Interaktion festgestellt werden.

Alle Referenten wiesen darauf hin, dass es für Organisatoren einerseits wichtig sei, einen Kontakt bzw. aktiven Unterstützer in der Justizeinrichtung zu haben (bspw. die Bücherei, die Gebetsstätte, ein Angestellter oder ein Richter), die fest hinter dem Programm stünden. Außerdem sei wichtig, dass den Gefangenen nicht nur die Regeln beim Schach erklärt würden, sondern auch wie sie diese an andere Insassen weitergeben könnten. Schach kann also in der Justiz ein Beschäftigungsfeld für Insassen und wieder einzugliedernde Strafgefangene darstellen. Und zwar in zweierlei Hinsicht: In den Anstalten könnten Schachsets produziert werden, für einige ehemalige Insassen ergebe sich eine Beschäftigung als Anleiter in anderen Gefängnissen.

Zur Mitte der Konferenz kam es zu einem Online-Wettkampf zwischen vier Justizeinrichtungen aus den USA, Spanien, Russland und Armenien. Dieser Wettstreit wurde live übertragen, nach den Partien wurden O-Töne der Spieler eingeholt, die zusammen mit FIDE-Präsident Dvorkovich der Presse Rede und Antwort standen.

Boris Bruhn
DSB-Vizepräsident Verbandsentwicklung


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presse@schachbund.de

// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 23929

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