12. September 2017
Das war die Hammermeldung des gestrigen Tages: Die Ausrichtung des Kandidatenturniers für den Weltmeisterschaftskampf mit Magnus Carlsen wurde nach Berlin vergeben! Die sechs Tage Blitz- und Schnellschach-Weltmeisterschaft im Oktober 2015 an gleicher Stelle haben bei der FIDE einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Zuschauer drängten sich damals dicht an dicht in der auf Eventlocation getrimmten Fabrikhalle einer ehemaligen großen Molkerei.
Nun kommt die FIDE mit ihrem Veranstalter Agon Limited sogar für 19 oder 20 Tage nach Berlin. Am 9. März 2018 ist die Eröffnungsveranstaltung, am 27. bzw. 28. März 2018 (bei einem nötigen Stichkampf um Platz 1) ist die Siegerehrung. An den Tagen dazwischen kämpfen acht Spieler der Weltklasse doppelrundig um den Platz auf dem Stuhl vis-à-vis gegenüber Magnus Carlsen, dem amtierenden Weltmeister.
Ein Name der glorreichen Acht steht bereits fest: Sergej Karjakin. Er unterlag Carlsen im letzten Weltmeisterschaftskampf in New York und ist damit vorberechtigt. Zwei weitere Namen kommen beim gerade laufenden Weltcup in Tbilissi hinzu.
Magnus Carlsen, Wladimir Kramnik, Fabiano Caruana, Schachrijar Mamedjarow, Viswanathan Anand, Hikaru Nakamura - alles Spieler aus der Top-10 der FIDE-Weltrangliste. Und alle nicht mehr beim Weltcup dabei. Die Liste der Früher-Nach-Hause-Fahrer ließe sich beliebig fortsetzen: Sergej Karjakin, Wei Yi, Li Chao b, Timur Radschabow, Pentala Harikrishna und noch viele andere.
Okay, Carlsen und Karjakin müssen wir eigentlich ausklammern. Die sind überqualifiziert und hätten nicht spielen müssen. Carlsen sitzt auf seinem Weltmeisterthron und kann der Dinge harren, die da auf ihn zukommen. Doch er stürzte sich ins Getümmel weil ihm im turnierarmen September offensichtlich langweilig war. Und nebenbei hilft er noch ein wenig beim Aussieben des Teilnehmerfeldes des Kandidatenturniers mit. Darüber war zum Beispiel Wladimir Kramnik gar nicht erfreut. Ausgerechnet Carlsen saß nämlich auf seinem Ast im Paarungsbaum. Der möglichen Begegnung mit dem Weltmeister im Halbfinale entzog sich Kramnik dann allerdings durch eigenes Ausscheiden ein paar Runden früher. Sein Bezwinger Wassili Iwantschuk ist aber auch nicht irgendwer. An guten Tagen kann Chucky jeden Spieler der Weltelite schlagen. Und der 10. September 2017 war so ein Tag.
Der zweite Tbilissi-Tourist Sergej Karjakin hatte wohl ähnlich wie Carlsen nichts anderes in diesem Monat vor. Als WM-Finalist ist er für Berlin gesetzt. Sein Name fiel allerdings so gut wie gar nicht, wenn es darum ging, wie die Teilnahme von ihm und Carlsen zu werten ist. Vielleicht liegt es daran, das Karjakin nur die Nummer 11 der Weltrangliste und 47 Elo-Punkte leichter als Carlsen ist?! Offensichtlich gilt der 27-Jährige als schlagbarer als der ein paar Monate jüngere Norweger.
Karjakin hatte schon in Runde zwei genug vom Schach. Ausgerechnet Daniil Dubow, der zuvor unseren Daniel Fridman ausgeschaltet hatte, warf den Vizeweltmeister aus dem Rennen. Und dieser Dubow überstand auch gleich noch die nächste Runde und besiegte mit Wladislaw Artemjew einen höher in der Weltrangliste plazierten. Im Feld der letzten 16 ist Dubow mit Elo 2666 das Miezekätzchen unter den Raubkatzen. Mit Lewon Aronjan wartet nun eine ganz große Raubkatze mit über 2800 Elo langen Krallen auf ihn.
Br. | Name | Elo | Erg. | Name | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | Carlsen, Magnus (NOR) | 2827 | ½:1½ | Bu, Xiangzhi (CHN) | 2714 |
2 | Swidler, Peter (RUS) | 2756 | 1½:½ | Onischuk, Alexander (USA) | 2682 |
3 | Vachier-Lagrave, Maxime (FRA) | 2804 | 3:1 | Lenderman, Alexander (USA) | 2565 |
4 | Grischuk, Alexander (RUS) | 2788 | 3½:2½ | Navara, David (CZE) | 2737 |
5 | Kramnik, Vladimir (RUS) | 2803 | ½:1½ | Iwantschuk, Wassili (UKR) | 2727 |
6 | Giri, Anish (NED) | 2777 | 4:2 | Sethuraman, S P (IND) | 2617 |
7 | Aronjan, Lewon (ARM) | 2802 | 5:3 | Matlakow, Maxim (RUS) | 2728 |
8 | Dubow, Daniil (RUS) | 2666 | 1½:½ | Artemjew, Wladislaw (RUS) | 2692 |
9 | So, Wesley (USA) | 2792 | 1½:½ | Vallejo Pons, Francisco (ESP) | 2717 |
10 | Nepomniachtchi, Jan (RUS) | 2741 | 1½:2½ | Jobava, Baadur (GEO) | 2702 |
11 | Nakamura, Hikaru (USA) | 2781 | ½:1½ | Fedosejew, Wladimir (RUS) | 2731 |
12 | Kowaljow, Anton (CAN) | 2649 | 0:2 | Rotstein, Maxim (ISR) | 2695 |
13 | Caruana, Fabiano (USA) | 2799 | 1½:2½ | Najer, Jewgenij (RUS) | 2694 |
14 | Rapport, Richard (HUN) | 2675 | 2½:1½ | Li, Chao b (CHN) | 2745 |
15 | Kusubow, Juri (UKR) | 2688 | ½:1½ | Wang, Hao (CHN) | 2701 |
16 | Ding, Liren (CHN) | 2771 | 2½:1½ | Vidit, Santosh Gujrathi (IND) | 2702 |
Unter den Bildern fällt auch eines mit einem leeren Brett auf. Der kanadische GM Anton Kowaljow hatte in Tbilissi wohl mehr Urlaub machen wollen und sich nur kurze Hosen in den Koffer gepackt. In denen erschien er auch in den ersten beiden Runden des Weltcups am Schachbrett ohne das das Organisationsteam den Dresscode durchsetzte und ihn des Brettes verwies. In Runde drei drückten die Verantwortlichen aber kein Auge mehr zu. Kowaljow verließ den Saal - und kehrte nicht mehr zurück. Auch die zweite Partie am nächsten Tag hat sein Gegner Maxim Rotstein dann wohl kampflos gewonnen.
de.sputniknews.com/sport/20170909317375565-schach-wm-disqualifizierung-dresscode
Br. | Name | Elo | - | Name | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | Bu, Xiangzhi (CHN) | 2714 | - | Swidler, Peter (RUS) | 2756 |
2 | Vachier-Lagrave, Maxime (FRA) | 2804 | - | Grischuk, Alexander (RUS) | 2788 |
3 | Iwantschuk, Wassili (UKR) | 2727 | - | Giri, Anish (NED) | 2777 |
4 | Aronjan, Lewon (ARM) | 2802 | - | Dubow, Daniil (RUS) | 2666 |
5 | So, Wesley (USA) | 2792 | - | Jobava, Baadur (GEO) | 2702 |
6 | Fedosejew, Wladimir (RUS) | 2731 | - | Rotstein, Maxim (ISR) | 2695 |
7 | Najer, Jewgenij (RUS) | 2694 | - | Rapport, Richard (HUN) | 2675 |
8 | Wang, Hao (CHN) | 2701 | - | Ding, Liren (CHN) | 2771 |
Offizielle Turnierseite | Live-Übertragung bei ChessBase | DSB-Turnierseite
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 22351