27. August 2024
Finale bei den Deutschen Meisterschaften in Ostfildern-Ruit. In der letzten Runde passierte nicht mehr viel Unvorhersehbares, wobei aber noch engagiert ums Preisgeld gekämpft wurde. In sieben Partien gab es auch Siege, taktiert wurde wenig. Das German Masters gewann WGM Fiona Sieber, schon zum dritten Mal. In der der Meisterklasse der Deutschen Einzelmeisterschaft setzte sich GM Dmitrij Kollars durch. Sieber und Kollars hatten die Turniere dominiert und schaukelten ihre Siege souverän ins Ziel.
In der letzten Runde war Sieber gegen den gestrigen Favoritenschreck WFM Luisa Bashylina erfolgreich. Ihr hätte zwar auch ein Remis gereicht, aber das, so sagte sie „sei nicht ihr Ding. Ich wollte spielen wie immer und wenn sich eine Chance auf den Sieg bietet, diese auch nutzen“. Damit hielt sie ihren Punkt Vorsprung vor WGM Kateryna Dolzhykova, die einen halben Zähler mehr als die Drittplatzierte FM Lara Schulze hatte. Beide hatte Sieber auch besiegt, insgesamt keine Partie verloren.
Br. | Weiß | Elo | - | Schwarz | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | Lepu Coco Zhou | 2095 | 0:1 | WIM Kateryna Dolzhykova | 2340 |
2 | WGM Carmen Voicu-Jagodzinsky | 2227 | 1:0 | Dora Peglau | 2099 |
3 | FM Lara Schulze | 2306 | ½:½ | Steffi Arnhold | 2132 |
4 | WFM Marharyta Khrapko | 2188 | 1:0 | WFM Svenja Butenandt | 2126 |
5 | WFM Luisa Bashylina | 2176 | 0:1 | WGM Fiona Sieber | 2218 |
Pl. | Titel | Name | Elo | Land | Pkt. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
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1 | WGM | Fiona Sieber | 2218 | 7,5 | * | 1 | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | ½ | 1 | 1 | |
2 | WIM | Kateryna Dolzhykova | 2340 | 6,5 | 0 | * | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 0 | 1 | |
3 | FM | Lara Schulze | 2306 | 6,0 | 0 | ½ | * | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | |
4 | WGM | Carmen Voicu-Jagodzinsky | 2227 | 5,5 | ½ | 0 | ½ | * | 0 | 1 | 1 | ½ | 1 | 1 | |
5 | Lepu Coco Zhou | 2095 | 4,5 | ½ | 0 | 0 | 1 | * | 1 | 1 | 1 | 0 | 0 | ||
6 | WFM | Marharyta Khrapko | 2188 | 3,5 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | * | 1 | 1 | ½ | 1 | |
7 | WFM | Svenja Butenandt | 2126 | 3,5 | 0 | 0 | ½ | 0 | 0 | 0 | * | 1 | 1 | 1 | |
8 | Steffi Arnhold | 2132 | 3,0 | ½ | 0 | ½ | ½ | 0 | 0 | 0 | * | 1 | ½ | ||
9 | WFM | Luisa Bashylina | 2176 | 3,0 | 0 | 1 | 0 | 0 | 1 | ½ | 0 | 0 | * | ½ | |
10 | Dora Peglau | 2099 | 2,0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | ½ | ½ | * |
Kollars ließ zum Abschluss auch nichts mehr anbrennen. Ein Remis reichte ihm gegen IM Leonardo Costa. GM Niclas Huschenbeth (gegen GM Daniel Fridman) auf Rang zwei, dem Dritten Dennis Wagner (gegen GM Rainer Buhmann) und Roven Vogel (gegen GM Vitaly Kunin) nutzten ihre abschließenden Erfolge auch nichts mehr. „Mein erster deutscher Meistertitel bedeutet mir viel“, sagte Kollars. Er sei sehr nervös gewesen in der Nacht vor dem Finale, und während der Partie trank er gleich vier Kaffees. Kurzum: Bei den Turniersiegern war die Freude sehr groß.
Br. | Weiß | Elo | - | Schwarz | Elo |
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1 | GM Rasmus Svane | 2633 | ½:½ | IM Marius Deuer | 2452 |
2 | GM Vitaly Kunin | 2523 | 0:1 | GM Roven Vogel | 2546 |
3 | IM Leonardo Costa | 2481 | ½:½ | GM Dmitrij Kollars | 2656 |
4 | GM Niclas Huschenbeth | 2594 | 1:0 | GM Daniel Fridman | 2591 |
5 | GM Dennis Wagner | 2613 | 1:0 | GM Rainer Buhmann | 2562 |
Pl. | Titel | Name | Elo | Land | Pkt. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | GM | Dmitrij Kollars | 2656 | 6,0 | * | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | |
2 | GM | Niclas Huschenbeth | 2594 | 5,5 | ½ | * | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 0 | |
3 | GM | Dennis Wagner | 2613 | 5,5 | ½ | ½ | * | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | |
4 | GM | Roven Vogel | 2546 | 5,5 | 0 | ½ | ½ | * | ½ | 1 | 0 | 1 | 1 | 1 | |
5 | GM | Rasmus Svane | 2633 | 5,0 | ½ | 0 | ½ | ½ | * | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | |
6 | IM | Marius Deuer | 2452 | 4,0 | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | * | ½ | 0 | ½ | 1 | |
8 | GM | Rainer Buhmann | 2562 | 3,5 | 0 | ½ | 0 | 1 | 0 | ½ | * | ½ | ½ | ½ | |
7 | IM | Leonardo Costa | 2481 | 3,5 | ½ | 0 | ½ | 0 | ½ | 1 | ½ | * | ½ | 0 | |
9 | GM | Daniel Fridman | 2591 | 3,5 | ½ | 0 | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | * | ½ | |
10 | GM | Vitaly Kunin | 2523 | 3,0 | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | 1 | ½ | * |
Logisch, Sieger freuen sich doch immer. Oder? Nun, in den vergangenen Tagen hatten einzelne den Turnier-Viererpack von Ruit durchaus kritisch betrachtet und auch das sportliche Niveau in Frage gestellt. Fragte man indes die Teilnehmer vor Ort, antwortete zum Beispiel Dmitrij Kollars, dass er von seinen Gegnern sehr gefordert wurde. Die Eßlinger Zeitung hat ihn interviewt, auch zu seiner Favoritenrolle, und er sagte: „Das heißt bei so einem Turnier nicht allzu viel. Hier sind alle stark.“ Ein klassisches Vorbereitungsturnier auf die Olympiade sei Ruit jedenfalls nicht gewesen, „dafür war die Qualität zu gut“. So sieht das übrigens auch Bundesturnierdirektor Michael Rütten: „Wir hatten in diesem Teilnehmerfeld acht Großmeister und zwei IM. Da haben wir guten Sport auf gutem Niveau gesehen, bei guter Stimmung.“ Nur nebenbei: Nicht überall hätte Kollars so ungezwungen den Kopf frei bekommen können für sein Spiel wie in Ruit, wo man ihn über das weitläufige Gelände joggen sah – oder einfach nur Spazieren gehen.
Nun, bei der Kritik wanderte dieser Tage wieder viel in einen Topf. Nicht nur frische Zutaten. Dass im letzten Jahr der Turniersaal in Ruit nicht gut klimatisiert war, wurde zum Beispiel angeführt. Überhaupt: Eine deutsche Meisterschaft in einer Sporthalle – ist das ein würdiger Rahmen? Athletinnen und Athleten aus anderen Sportarten würden die Frage an sich schon nicht verstehen. Dabei wurde dann prompt unters Brett geschoben, dass heuer an einem Tag draußen mal deutlich über 30 Grad herrschten, in der diesmal genutzten modernen Halle aber nur etwas mehr als 20 Grad gemessen wurden. „Da war der Spielsaal der klimatisch angenehmste Ort weit und breit“, so Rütten und fügte hinzu: „Wir hatten sehr gute Bedingungen für die Spielerinnen und Spieler. Die Beschwerden hielten sich insgesamt in Grenzen.“
Und er muss es wissen, verteilte er doch Fragebögen an alle. Was fandet ihr gut, was gibt es zu kritisieren? Was kann der DSB besser machen? Rütten: „Natürlich gibt es immer was zu verbessern, und die Kritik nehmen wir auch an. Aber das Feedback ist insgesamt weitgehend gut.“ Der Bundesturnierdirektor und Hauptschiedsrichter (gemeinsam mit Michael Weber) sagte zudem: „Was ich beobachten konnte: Es hatten in diesem Jahr viele Spielerinnen und Spieler großen Spaß auch abseits der Bretter. Wann gab es das schon einmal bei so einer Meisterschaft, dass Profis und Amateure gemeinsam beim Fußballspielen, Billard oder Tischkickern zu sehen waren?“ Auch, dass im Spielsaal Profis und Amateure eng beieinander waren, sei bei vielen gut angekommen, so Rütten: „Das hat Grenzen und Hemmungen abgebaut. Viele sind miteinander ins Gespräch gekommen.“ Mancher zog schon den Vergleich zu den großen Grenke-Turnieren, wo Profis und Amateure auch Seite an Seite agieren...
Nun, wir lassen die Kirche mal im Dorf. Mögen diese Meisterschaften im Württembergischen womöglich nichts für Perlentaucher gewesen sein, die es sogar im Bodensee geben soll – aber sie hatten einen unverwechselbaren Charakter, den viele, die vor Ort waren, zu würdigen wussten. Und vielleicht kann ja irgendwann mal wieder eine echte Natur-Perle draus werden. Rütten hat da auch schon Ansätze: „Wir müssen auch künftig über Normenfähigkeit unserer Turniere reden“, die gab es in diesem Jahr bei den beiden heute zu Ende gegangenen Turnieren zwar, wobei Coco Lepu Zhou aber eine Norm durch die Niederlage gegen Dolzhykova verpasste, „und wir müssen darüber reden, ob vier Turniere gleichzeitig stattfinden sollten – denn so nehmen wir uns den ein oder anderen aus dem Teilnehmerfeld quasi selbst weg.“ Aber, grundsätzlich: „Ich persönlich würde ein absolut positives Fazit ziehen. Den Rest arbeiten wir auf.“
Zufriedenheit - das darf schon was bedeuten. Denn Michael Rütten erlebte schmerzhafte Meisterschaften. Er verbrachte einen Tag sogar im Krankenhaus – ein Leistenbruch wurde operiert. Die Mitorganisatoren drängten ihn dazu, die Schmerzen nicht auf sich beruhen zu lassen. Doch er - hart im Nehmen - setzte nur einen Tag aus. „Das geht schon, fühlt sich nur an, als ob ich ein bisschen zu hart Bauchmuskeltraining gemacht hätte.“ (mw)
Turnierseiten: German Masters der Frauen | Deutsche Frauen-Einzelmeisterschaft | Deutsche Einzelmeisterschaft
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// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 11467