2. Januar 2025
Der wohl größte Schachpublizist Deutschlands lebt nicht mehr. Franz Jittenmeier, Herausgeber und Webmaster der Schachseite chess-international.com ("Schach-Ticker"), verstarb am 27. Dezember 2024 im Alter von 84 Jahren.
Das letzte Gespräch fand erst vor wenigen Wochen statt. Es ging um Schach, aber auch um Fußball. An jenem Samstag, als auch die Partie der gemeinsamen Fußball-Liebe Schalke 04 in wenigen Stunden anstand. Franz Jittenmeier, aus Herne, ein Königsblauer, und in der Schachszene für alle: Der Mann vom Schachticker. Und Matthias Wolf vom DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit, seit 37 Jahren Mitglied bei den Schalker Knappen, klagten sich noch gegenseitig ihr Fan-Leid in der grauen Zone der Zweiten Liga. Dann gingen sie mit einem herzlichen "Glück auf!" auseinander. Ein letztes "Glück auf!" geht nun auch vom Deutschen Schachbund an Franz Jittenmeier. In den letzten Tagen des alten Jahres ist Franz Jittenmeier verstorben. Er wurde 84 Jahre alt.
"Nur wenige von uns werden ihn persönlich gekannt haben", schreibt Henning Geibel in seinem Nachruf: "Wir alle aber haben im Laufe vieler Jahre von seinen Aktivitäten profitiert: Er war der geistige Vater und Herausgeber des "Schachticker" und bis ins hohe Alter täglich viele Stunden im Einsatz, um uns mit aktuellen Informationen aus der Schachwelt zu versorgen. Er hat wohl gespürt, dass es dem Ende entgegen ging, und hat bis zuletzt einen Nachfolger gesucht. Nun müssen wir befürchten, dass wir nicht nur auf Franz, sondern auch auf seinen Schachticker verzichten müssen. Beide werden uns sehr fehlen!" Sein Freund Walter Rädler hatte sich, wie viele Schachfreunde, schon in den vergangenen Tagen Sorgen gemacht, weil er Franz Jittenmeier nicht mehr erreichen konnte. "Hast Du was von Franz gehört?" fragte er noch am 31. Dezember beim DSB-Öffentlichkeitsarbeiter nach. Irgendwie hat er gespürt, dass etwas nicht stimmt. Nur das Wissen darum, dass dessen Sohn um die Ecke wohnt, ließ Walter Rädler halbweg zur Ruhe kommen in seiner Sorge um seinen Kumpel Franz - bis zur bitteren Gewissheit. Für ihn war "Franz einfach nur ein ein ganz toller Typ mit großem Herzen. Wir haben einen sehr wertvollen Menschen verloren".
Franz Jittenmeier lebte für den Schachsport und seine Schach-Ticker-Seite. "Diese Arbeit macht nicht nur Spaß, sie hält mich jung", sagte er noch vor kurzem, in jenem Gespräch: "Ich will auch keine Nachricht aus der Welt des Schachs verpassen." Manchmal hatte er die DSB-Berichte schon verlinkt - da fügten wir noch die letzten Fotos hinzu...
Auch Frank Hoppe, der DSB-Webmaster hatte regelmäßig Kontakt zu Franz Jittenmeier. Im Jahr 2000 begann Franz die Schach-Ticker-Website aufzubauen und sagte dazu in einem Interview 2020: "Ein Mann der ersten Stunde war Norbert Lukas, der mir die Erstellung und Gestaltung einer Webseite beibrachte. Ohne ihn gäbe es den Schach-Ticker nicht." Das Projekt wuchs ständig. Franz Jittenmeier durchforstete das Internet nach interessanten Berichten über Schach - und spiegelte diese beim Schach-Ticker. Auch eigene Berichte kamen hinzu, in den letzten Jahren nahm er dazu auch KI zu Hilfe.
In all den Jahren unterstützten ihn auch externe Autoren. Thomas Richter und Bruno Müller-Clostermann waren zum Beispiel sehr eifrige Schreiber. Müller-Clostermann unterstützte Franz bis zu seinem Tod 2019.
Den größten Erfolg erreichte Franz aber wohl während der Zusammenarbeit mit Raymund Stolze. Der fachkundige Journalist war von Juni 2011 bis Januar 2012 Öffentlichkeitsreferent im Deutschen Schachbund. Danach bot er Franz seine Hilfe an. Der Schach-Ticker wuchs in dieser Zeit zu einer der meistgelesenen Schachwebseiten Deutschlands. 2015 erhielten Stolze und Jittenmeier für ihre Berichterstattung zu gleichen Teilen den Deutschen Schachpreis vom Deutschen Schachbund. Franz Jittenmeier bekam Urkunde, Pokal und Geld am 23. August 2016 in seiner Heimatstadt Herne überreicht. Hier arbeitete er ehrenamtlich in einem Kinderheim, wo auch die Preisverleihung stattfand. Der damalige DSB-Präsident Herbert Bastian und sein Vizepräsident Ralf Chadt-Rausch waren eigens in die Stadt im Ruhrgebiet gefahren, um Franz den Preis persönlich zu übergeben.
Frank Hoppe und Franz Jittenmeier telefonierten manchmal stundenlang. Als seine Website vor einigen Jahren aufgrund fehlender Serverressourcen einige Tage offline war, bot Frank Hoppe ihm Hilfe an, die Inhalte wiederherzustellen. Doch er schaffte es alleine. "Ich bin zwar alt, aber nicht zu alt für moderne Technik" - das war sein Credo. Trotz all dem Wissen, das ihm Norbert Lukas mitgegeben hatte, fehlten Franz Jittenmeier Kenntnisse in HTML und CSS - umso erstaunlicher, dass er in den ganzen Jahren viele Webseiten auch für andere Vereine gebaut hat. Viele Schachfreunde werden den Mann vom Schach-Ticker vermissen. Ruhe in Frieden, Franz Jittenmeier.
Auf die Frage seines Freundes GM Gerald Hertneck "Was denkst du, was wird wohl aus dem Schachticker, wenn du eines Tages abtreten solltest?" antwortete er 2020:
Wenn jemand den Schach-Ticker übernehmen möchte, soll er sich bei mir melden. Es wäre schön, wenn ich wüsste, dass es einen Nachfolger gibt.
Noch an seinem Todestag war Franz in den sozialen Netzwerken aktiv. Um 7.28 Uhr postete er eine Meldung auf seinem Facebook-Account, unter der am nächsten Tag die traurige Nachricht seines Sohnes stand.
Mit Franz verliert das Schach im deutschsprachigen Raum einen leidenschaftlichen Schachpublizisten. Franz hat mit seinem unermüdlichen Einsatz für unseren schönen Schachsport viele Menschen erreicht und miteinander verbunden. Wir trauern mit seiner Familie und seinen Freunden und werden ihn immer in Erinnerung behalten. (fh/mw)
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 11551