Großmeister Elham Amar gewinnt das Pfingst-Open in München - sportlicher Höhepunkt und Abschluss des Münchner Schachfestivals

17. Juni 2025

Elham Amar, Großmeister aus Norwegen, Sieger des Pfingst-Opens 2025.

Mit 7,5 Punkten aus 9 Partien hat der Norweger Elham Almar das Pfingst-Open in München vor 160 Spielerinnen und Spielern aus 38 Nationen gewonnen. Hinter der Nummer eins der Welt Magnus Carlsen gilt der 20-jährige Amar als eine der großen Hoffnungen des norwegischen Schachs. 2022 wurde er Internationaler Meister, 2024 Großmeister. Schon im November 2023 stand er bei 2586 Elo, ein Zwischenhoch. Im Frühjahr 2025 hat er die Bronzemedaille bei der Junioren-WM gewonnen. Jetzt in München hat er sich mit seinem Turniersieg in der Weltrangliste erstmals über Elo 2600 katapultiert – als sechster Norweger jemals, dem das gelungen ist.

Vor der letzten Runde stand fest, dass ihm ein halber Punkt zum Turniersieg reichen würde. Mit einen schnellen Remis gegen den bulgarischen Großmeister Momchil Petkov sicherte sich Amar Platz eins und 4.000 Euro Preisgeld. Ebenfalls auf 7,5 Punkte kam der Aserbaidschaner Eltaj Safarli, der mit einem Schlussrundensieg gegen den topgesetzten Kirill Alekseenko gleichzog, aber in der Zweitwertung knapp zurücklag.

Das Pfingst-Open – oder „Whitsun Open“ – zum Abschluss des Schachfestivals war mit über 160 Spielerinnen und Spielern aus 38 Nationen stark besetzt, darunter zehn Großmeister. Außerdem war es, wie Turnierdirektor Sebastian Siebrecht betont, für Schachverhältnisse sehr weiblich besetzt. Mehr als 20 Schachmeisterinnen mischten im Klassefeld mit. Beste Frau wurde die indische Großmeisterin Savitha Shri mit 6 Punkten auf Rang 14.

Turnierdirektor Sebastian Siebrecht mit Marius Deuer, bester Deutscher beim Pfingst-Open auf Rang 6.

Die deutsche Topplatzierung gelang Supertalent Marius Deuer, der mit 7 Punkten punktgleich mit dem Drittplatzierten Rang 6 belegte. Wie schwierig es war, sich in diesem Feld durchzusetzen, lässt sich an anderen Platzierungen Einheimischer ablesen. Der als Mitfavorit gestartete Münchner Leonardo Costa, Deutschlands jüngster Großmeister, landete auf Rang 27. Nationalspielerin Fiona Sieber musste gar mit Rang 77 vorliebnehmen.

Das Münchener Schachfestival mit mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern fand vom 29. Mai bis 14. Juni 2025 statt. Unterstützt wurde es von der Stadt München und Sponsor Roman Krulich. Neben dem Pfingst-Open als Abschluss und sportlichem Höhepunkt umfasste es Normturniere, Jugend- und Seniorenturniere. Insgesamt sind im Laufe des Festivals acht internationale Normen erspielt worden, vier davon im Pfingst-Open:

  • Andrei Filip (Rumänien) – IM-Norm
  • Valentyn Hulka (Ukraine) – IM-Norm
  • Iren Lyutsinger (FIDE) – WIM-Norm
  • Marharyta Krapko (Deutschland) – WIM-Norm

Endstand A-Open

Pl. Titel Name Land Elo Pkt. Gegner
1 GM Elham Amar 2589 7,5 2494
2 GM Eltaj Safarli 2620 7,5 2427
3 GM Momchil Petkov 2528 7,0 2466
4 GM N. R. Visakh 2529 7,0 2392
5 GM Anton Korobov 2631 7,0 2367
6 IM Marius Deuer 2497 7,0 2217
7 GM Kirill Alekeeenko 2655 6,5 2429
8 GM Tomas Laurusas 2566 6,5 2418
9 IM Krishna S. Rohith 2497 6,5 2345
10 GM Anton Demchenko 2619 6,5 2334
11 IM Juraj Druska 2423 6,5 2303
12 GM Witali Bernadskij 2497 6,0 2401
13 FM Andrei Filip 2297 6,0 2395
14 IM Shri B. Savitha 2293 6,0 2381
15 FM Walentin Hulka 2324 6,0 2339
16 IM Nikoloz Petriashvili 2468 6,0 2324
17 FM Jakob Weihrauch 2291 6,0 2286
18 FM Das Sriansh 2340 6,0 2281
19 IM Michael Fedorovsky 2389 6,0 2266
20 IM Toivo Keinanen 2532 6,0 2237
21 WGM Beloslava Krasteva 2312 6,0 2224
22 FM Roman Pyrih 2433 6,0 2220
23 FM Zaur Hasanov 2284 6,0 2205
24 FM Kush Bhagat 2276 5,5 2354
25 IM Max Hess 2397 5,5 2309
26 IM Leonardo Costa 2541 5,5 2303
27 CM Ege Tuna Oktem 2240 5,5 2300
28 FM Deyan Samuil Kostov 2352 5,5 2295
29 FM Iren Lyutsinger 2261 5,5 2278
30 GM Ori Kobo 2493 5,5 2275
31 CM V. S. Nandish 2241 5,5 2267
32 Faris Avdic 2249 5,5 2258
33 IM Tarun Kanyamarala 2406 5,5 2249
34 FM Jain Rosh 2299 5,5 2246
35 FM V. Raghav 2301 5,5 2241
36 WCM Gupta Prishita 1938 5,5 2233
37 FM Artjom Bogdanov 2370 5,5 2217
38 IM Lucian-Ioan Filip 2336 5,5 2176
39 FM Timur Kocharin 2304 5,5 2166
40 Novak Dumbelovic 2208 5,5 2110
41 FM Ritvik Krishnan 2288 5,0 2347
42 FM Oliver Wartiovaara 2323 5,0 2319
43 Dr. Jürgen Straub 2060 5,0 2307
44 Kushagra Jain 2051 5,0 2291
45 Henrik Petersen 2240 5,0 2252
46 WIM Hagawane Aakanksha 2213 5,0 2250
47 FM Sarbalia Aarav 2243 5,0 2246
48 FM Raem Sherman 2366 5,0 2233
49 CM Deniz Anakok 2058 5,0 2230
50 FM Das Priansh 2300 5,0 2228

152 Spieler insgesamt

Ergebnisse bei Chess-Results

Veranstalter Richard Holzberger, Turnierdirektor Sebastian Siebrecht und Hauptschiedsrichter Luis Blasco de la Cruz blicken nach einem gelungenen Schachfest schon voraus. Die nächste Ausgabe ist in Planung. Rund um Pfingsten 2026 wollen sie München wieder für zweieinhalb Wochen zur deutschen Schachhauptstadt machen.

Das Schachfestival München

Seine Premiere feierte das Schachfestival München 2023 mit drei Turnieren plus Rahmenprogramm. Vor der zweiten Auflage 2024 unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dieter Reiter gründete das Organisationsteam den Trägerverein Schachfestival München e.V. und warb weitere Mitstreiter an, um das mehrwöchige Festival mit hunderten Gästen zur Tradition werden zu lassen. An potenziellen Mitspielerinnen und Mitspielern mangelt es nicht. Allein in München gibt es 35 Schachklubs mit etwa 2.250 Mitgliedern. Die Zahl der nicht organisierten Hobbyspieler liegt um ein Vielfaches darüber.

Interview mit dem Turniersieger Elham Almar

Elham, Glückwunsch zum Sieg in München. Nach einem Turniermarathon in den vergangenen Wochen warst du dir gar nicht sicher, ob du teilnimmst.

Stimmt. Aber am Tag, bevor es in München losging, bin ich aufgewacht und habe beschlossen mitzuspielen.

In Norwegen aufgewacht?

Ja. Es war eine ziemliche Reise, aber ich habe es rechtzeitig geschafft.

Und dann bist du mit fünf Siegen ins Turnier gestartet, der fünfte gegen den Turnierfavoriten und ehemaligen WM-Kandidaten Kirill Alekseenko.

Gegen Alekseeenko war es ein glücklicher Punkt. Die einzige Partie hier, die ich nicht unter Kontrolle hatte.

Spektakulär war der Sieg gegen Ex-Europameister Anton Demchenko.

Könnte man sagen. Ich habe aber nicht das Gefühl, hier mein bestes Schach gespielt zu haben. Trotzdem hat es irgendwie gereicht, um meine Gegner zu besiegen.

Turniersieg mit 7,5/9, Weltklasseperformance 2733 – und du bist nicht zufrieden?

Ich habe kürzlich das Masters in Sharjah gespielt, da war die Qualität meiner Partien wohl höher. Objektiv kann ich meine Leistung hier noch nicht genau einordnen, aber gefühlt war es nicht so gut. Trotzdem hatte ich meine Partien unter Kontrolle und war stets derjenige, der bestimmt, wie sie laufen – mit Ausnahme der Partie gegen Alekseenko.

Du hast mit dem Münchner Ergebnis jetzt zum ersten Mal die Marke von Elo 2600 überschritten. Ein Meilenstein.

Vor etwa vier Monaten stand ich bei 2530, nun habe ich die 2600-Marke erreicht. Es ist schön, das geschafft zu haben. Jetzt freue ich mich auf den nächsten Schritt.

Läuft bei dir.

Ja, bisher schon. Aber ich versuche, nicht überheblich zu werden und mich auf das nächste Turnier zu konzentrieren. Im Moment sieht es ganz gut aus.

Was kommt als Nächstes?

Fest eingeplant habe ich die norwegische Meisterschaft nächsten Monat. Aber ich bin ziemlich spontan. Vielleicht spiele ich vorher noch etwas. Das habe ich noch nicht entschieden.

In Norwegen geht es für alle außer einem Norweger darum, wer die Nummer zwei im Lande ist. Bis dahin fehlen dir noch knapp 40 Elopunkte.

Ach, das ist ähnlich wie bei den 2600 Elo, ich verfolge solche Ziele gar nicht. Ich will einfach gut spielen, meine Partien gewinnen, besser werden.

Wie bist du zum Schach gekommen?

In der Schule. Ich wurde eingeladen, im Schachteam mitzuspielen. Ich habe nicht viel darüber nachgedacht, bin einfach hin – und es hat Spaß gemacht. Damals war ich eigentlich noch im Fußball aktiv, aber Schach hat langsam den Platz eingenommen, den vorher Fußball bei mir hatte. Bis 2100 Elo habe ich nur ein Jahr gebraucht und bin dabei geblieben.

Und auch das ohne Ziele?

Ja, es hat mir in erster Linie Freude bereitet. Aber ein paar konkrete Ziele gab es trotzdem. Ich bin ein Wettkampftyp, und als solcher wollte ich alle lokalen Turniere gewinnen.

Ahmad Safy Kanz beim Schachfestival München: „Afghanistan darf nicht von der Landkarte des Schachs verschwinden.“

Ahmad Safy Kanz am Brett für Afghanistan bei der Schacholympiade 2018 in Georgien.

Die meisten Teilnehmer suchten beim Schachfestival München nach interessanten Gegnern. Für Ahmad Safy Kanz zählte, dass er überhaupt spielen durfte. In seiner Heimat ist Schach verboten. Stefan Löffler sprach mit dem 28-jährigen Afghanen.

Im Mai ging die Meldung durch die Presseagenturen, und viele Medien berichteten über das Schachverbot. Laut Ahmad Safy Kanz galt Schach in Afghanistan bereits seit zwei Jahren als „haram“. Es gab keine Turniere mehr, und der Schachverband wurde suspendiert. Offiziell sei das Verbot seit 2024. Einmal sei er im Park am Brett aufgegriffen und ins Gefängnis gesteckt worden, bis er versprach, nicht wieder in der Öffentlichkeit zu spielen. Danach habe er nur noch heimlich gespielt, vor allem online.

Während ihrer ersten Regierungszeit, in der Kanz zur Welt kam, hatten die Taliban Schach 1995 schon einmal verbannt. Das erneute Verbot wollten die Spieler und ihr Verbandspräsident nicht auf sich sitzen lassen. Eine Erlaubnis zum Start bei der Schacholympiade 2024 in Budapest würden sie von den Taliban nicht bekommen. Also machten sich die Spieler heimlich auf den Weg. Unter ihnen Ahmad Safy Kanz mit 3000 Dollar, die er als Immobilienmakler verdient hatte.

Um niemanden in Gefahr zu bringen, wurde Verwandten und Freunden gesagt, er sei geschäftlich in Kabul. Nur seine engste Familie wusste, dass er in den Iran gereist war, um von dort nach Ungarn zu kommen.

Sein erster Antrag auf ein Visum wurde von der ungarischen Botschaft abgelehnt. Am 10. September 2024, dem Tag der Eröffnungsfeier, bekam er sein Visum. Mit dem letzten verbliebenen Geld kaufte er einen Flug von Teheran über Istanbul nach Budapest.

Derweil trommelte Verbandspräsident Ghulam Ali Malik Zad, seit August 2021 als politischer Flüchtling in Berlin, drei afghanische Spieler, die schon längere Zeit in Europa leben, zusammen. Ab Runde zwei trat das Team zu dritt an, in Runde drei stieß der mittlerweile eingetroffene Ahmad Safy Kanz dazu. Er holte vier Siege, vier Remis und verlor nur eine Partie.

Zurückkehren kam nicht in Frage. Er ist überzeugt, dass die Taliban ihn wegen der illegalen Ausreise und dem unerwünschten Start bei der Schacholympiade ins Gefängnis stecken würden. Ein afghanischer Freund habe ihm ein Ticket für den Flixbus nach München gekauft und für zwei Tage beherbergt, bis er zur Ausländerbehörde ging.

Seitdem wohnt er in Jettingen-Scheppach, einer Gemeinde bei Günzburg, lernt Deutsch und wartet auf eine Aufenthaltserlaubnis. Das Schachfestival München ist nicht sein erstes Turnier in Deutschland. Dank Schach fand er schnell Freunde und Gelegenheit, sein Deutsch zu erproben. Er spielte das "Freundschachts-Open" in Friedberg und für den VfL Leipheim in der Landesliga Oberschwaben. Auch die SG Augsburg 1873 hat ihn als Mitglied aufgenommen. In München konnte er jetzt mitspielen, da ihm Schachfestival-Veranstalter Richard Holzberger für die Dauer des Turniers ein Apartment zur Verfügung stellte.

Seine Frau und seine drei kleinen Kinder halten sich versteckt, sagt Ahmad Safy Kanz. Wann er sie nachholen kann, wisse er noch nicht. Aber dass Deutschland ein Land voller Chancen für einen Schachspieler wie ihn sei. Und dass er bei der Schacholympiade 2026 dabei sein will: „Afghanistan darf nicht von der Landkarte des Schachs verschwinden.

Pressemitteilung Schachfestival München e.V.

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// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 11608

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