18. März 2025
Zur Junioren-U20-WM in Montenegro, bei der vor allem IM Leonardo Costa sehr gut gespielt hat, erreichte uns noch ein Bericht von GM Henrik Teske. Er war als Delegationsleiter und Trainer vor Ort.
„Daniel Gregoire Núñez war das erste Mal allein ohne Eltern auf einer Auslandsreise zur WM. Er ist gerade 15 geworden, spricht Französisch, Spanisch und Deutsch, aber keine slawische Sprache. Ich habe ihn erst bei der U14-WM in Brasilien kennengelernt und dort betreut. Ein riesiges Talent, wenn man bedenkt, dass er erst seit kurzem Schach spielt. Ich bin damals fast vom Stuhl gefallen, als ich ihn auf die FIDE-Rating-Seite schaute: Erste Erwähnung Baden-Württembergische Schnell-Schach-Meisterschaft, im Juli 2022. 1,5 Punkte aus 7 Rating gewerteten Partien gegen im Durchschnitt 1718 ELO bewertete Gegner und damit eine Einstiegswertzahl von 1488. Seine Entwicklung ist einfach großartig. Ich weiß, dass er mit FM Gerd Lorscheid trainiert. Ein paarmal habe ich ihn einfach beim Training im Schachzentrum Seeblick mit Paul David Peglau und online mit Dora Peglau und FM Charis Peglau einfach mit den gleichen Aufgaben versorgt.
Ein paar Sätze auch noch zu den Peglaus. Auf dem Hinweg wurden sie (16 und 11 Jahre alt) von ihren Eltern begleitet. Papa Markus Peglau ist früher los. Mit Mama Adelheid Peglau, Lorena (13) und Louise (8) zum Busbahnhof in Dippoldiswalde, rüber mit dem Linienbus zu unseren guten tschechischen Freunden nach Teplice zum Schnell-Turnier. Adelheid und die Geschwister mussten vor der Abreise noch den Seeblick herrichten. Denn am nächsten Tag war im Seeblick Bundestagswahl und Sarah verantwortlich fürs gesamte Objekt. Die zweite Linienbus-Tour nach Teplice. Von dort nach erfolgreichem Turnier weiter nach Prag. Lorena und Louise allein wieder zurück über die Grenze nach Hause. Übernachtung in Prag - Flug nach Tirana in Albanien, dort ein Auto gemietet und über die Grenze nach Petrovac in Montenegro. Den ganzen Reiseplan haben wir zusammen vorher ausgeheckt und alles hat wunderbar geklappt.
Auch WFM Katerina Bräutigam (16) war erstmals ohne elterliche Begleitung zur WM unterwegs. Sie reiste wie die beiden Bremer IM Collin Colbow (19) und CM Max Weidenhöfer (18) über Hamburg und Tirana an. Dort, an den einheimischen Flughäfen Podgorica und Tivat, in Belgrad (Serbien) und in Dubrovnik (Kroatien) hatten die Veranstalter einen Shuttle-Services eingerichtet. Auch Verspätungen etlicher Delegationen durch Probleme am Flughafen Istanbul hatten die Gastgeber super im Griff. Der Ruhetag wurde vorgezogen und das Turnier ein Tag später gestartet als geplant. Beim Technischen Meeting vor Turnierbeginn entschieden sich die Teilnehmer gegen die vom Veranstalter favorisierten Vorschläge (eine Doppelrunde und einen Ruhetag). Das bedeutete: Jeden Tag eine Runde. 11 Tage hintereinander.
Trotzdem blieb neben den Vorbereitungen sogar Zeit zu einigen Ausflügen nach Kotor und Perast (an meinem Geburtstag), nach Budva und an einen riesigen Binnensee. Traumlandschaften mit hohen Bergen, die steil an der Küste auftragen. Pittoreske alte Hafenstädte, die von einer bewegten Vergangenheit zeugen, zuweilen auch garniert mit morbidem Charme der einen oder anderen Investruine.
Die Schiedsrichter agierten komplett geräuschlos. Kein einziger Streitfall. Eine Insel der Glückseligkeit und Völkerfreundschaft in diesen verrückten Zeiten.
Die schachlichen Leistungen unserer Delegation: Fangen wir bei den Jüngsten an. Paul David Peglau kam nach zwei Niederlagen zum Auftakt richtig gut in Schwung und hatte 3/6. In Runde sieben lief er einem starken Ägypter in die Vorbereitung: Der Gegner opferte nacheinander zwei Bauern und einen Turm. Paul verteidigte sich lange Zeit großartig und erlangte sogar Vorteil. Aber der Gegner blitzte einfach unbeirrt weiter und strahlte damit einschüchternde Stärke aus. Die Stellungen waren hochkompliziert. Paul verpasste es, einen Teil des Materials unter Zulassung eines Abzugsschachs wieder herzugeben und seine Königsstellung zu sichern. Ein gegnerischer Turm drang in sein Lager ein und diese harte Kampfpartie ging letztlich verloren. Ein psychologischer Schlag, den man erstmal verdauen muss. Die nächsten drei Partien gingen ebenfalls verloren und das schöne Elo-Plus schwand. In der Schlussrunde ein versöhnlicher Sieg. Paul war nicht so ganz zufrieden. Aber Trainer, Eltern und Geschwister - wir sind alle stolz auf ihn![
Collin Colbow gelang es leider nicht, sein wahres Leistungsvermögen zu zeigen. Wenn früh etwas schiefgeht und die selbst gesteckten Ziele dadurch schnell außer Reichweite kommen, ist ein Elf-Runden-Turnier elend hart und zäh. Ähnlich erwischte es Dora, die in langen, kräftezehrenden Partien immer wieder nah an etwas Zählbarem war, aber am Ende zu wenig mitnehmen konnte.
Daniel Gregoire Núñez spielte ein Turnier mit Aufs und Abs. Insgesamt viel Erfahrungen gesammelt und ein paar Elos gewonnen. Hut ab vor seiner Leistung. Bei CM Max Weidenhöfer lief es ähnlich wie bei Daniel.
Katerina Bräutigam hatte einen komischen Start. Abwechselnd Niederlagen mit Weiß und Siege mit Schwarz. Das zeigt, dass noch viel mehr möglich war. Trotz des Elo-Zugewinns war auch sie nicht ganz zufrieden.
Charis Peglau konnte die schlechte Form aus den letzten Bundesliga-Partien leider auch in Runde eins nicht abschütteln. Da erwischte es neben ihr auch die top gesetzte Favoritin Lu Miaoyi aus China, die nur durch eine Energieleistung noch aufs Podest kam. Charis war leider erst am Schluss voll da. 7/11 in diesem starken Feld sind aller Ehren wert. Zu Leonardo Costa ist auf der DSB-Seite ja schon ein großer Artikel erschienen. Ich kann die Aussagen nur unterstreichen. Er spielte ein sehr gutes Turnier. In den früheren Runden nutzte er leider ein paar Chancen nicht, sonst wäre sogar die Goldmedaille in Reichweite gekommen.“
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36340