5. März 2025
Ist Freestyle das neue Schach? Die Frage stellen sich viele. Nicht nur mit Blick auf die neue Freestyle Grand Slam Serie von Jan Henric Buettner. Dieser Tage wurde bekannt, dass das traditionsreiche Grenke-Schachfestival in Karlsruhe in einem neuen Format stattfindet. Vom 17. bis 21. April wird es nun zwei große Open geben: das grenke Freestyle Chess Open und das grenke Chess Open. Die beiden Turniere vereinen Freestyle Chess und klassisches Turnierschach. Blickt man in die Teilnehmerfelder, dann werden sich die Top-Namen vor allem um das Freestyle-Preisgeld streiten, das mit 225 000 Euro gigantisch ist – und selbst den opulenten Topf im klassischen Open (70 000 Euro) noch in den Schatten stellt. GM Magnus Carlsen hat (wie auch GM Vincent Keymer) seine Teilnahme bereits bestätigt und dieser Tage gesagt, er könne sich schwer vorstellen, weiter auf klassisches Schach zu setzen: „Freestyle ist einfach interessanter – und zwar von Beginn an.“
„In Karlsruhe bringen wir beim Freestyle Breitensport und Top-Stars zusammen“, sagt GM Sebastian Siebrecht, dessen Herz (Stichwort: Faszination Schach mit über 125 000 jungen Spielerinnen und Spielern) auch in der sportlichen Basis verankert ist. Er ist Chief Chess Officer (CCO) und Turnierdirektor der Freestyle Grand Slam Tour. Matthias Wolf vom DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit sprach mit ihm darüber, was der Freestyle-Hype für den deutschen Schachsport bedeutet – inklusive der Talentförderung in Weissenhaus.
Sebastian, Du hast gerade das medial sehr stark begleitete Freestyle-Turnier in Weissenhaus hinter dich gebracht.
Ja, es war anstrengend – aber fantastisch. Und es geht ja bald weiter. Wir gehen mit der Serie am 7. April nach Paris und danach kommt ja schon das grenke-Turnier. Es wird also nicht langweilig.
Weissenhaus – das ist auch der Standort der Chess Akademie, wo Jan Henric Buettner DSB-Talente im klassischen Schach fördert. Oder muss man sagen: gefördert hat? Im Interview mit dem DSB hat er gesagt, er werde dort komplett auf Freestyle umstellen.
Es ist tatsächlich so, dass die Weissenhaus Academy in die Freestyle Chess Academy überführt wurde. Jan Henric Buettner hat seinen Schwerpunkt jetzt im Freestyle – es ist seine Vision, auf diesem Gebiet global erfolgreich zu sein.
Buettner hat uns gesagt, es sei geplant, dass der große Magnus Carlsen in Weissenhaus die Talente im Freestyle schulen werde…
Das kann ich mir durchaus vorstellen, wobei noch nichts festgezurrt ist. Man muss sich Jan Henric Buettner als Typ und Macher so vorstellen, dass er oft gute Ideen hat, die er dann rasch umsetzen will. So war das ja auch vor einem Jahr mit der Weissenhaus-Akademie. Dorthin hatte er schon zu dem ersten Turnier im Freestyle die größten deutschen Talente eingeladen – und dort fiel dann auch zeitgleich der Entschluss, die Akademie zu gründen. Er hat dann ja im Herbst das Young Masters mit Talenten und Großmeistern veranstaltet.
Bedeutet das, dass die Förderung der Talente in der bisherigen Form damit beendet ist? Das Gerücht hält sich jedenfalls hartnäckig.
Man muss es anders sehen: Es wurden im vergangenen Jahr sieben Spieler gefördert. Natürlich als Gallionsfigur Vincent Keymer. Zu ihm sollten die jüngeren Talente aufblicken, die auch gefördert wurden: Hussain Besou, Marius Deuer, Leo Costa, Christian Glöckler, Arian Allousi und Lisa Sickmann. Sie alle haben ein festes Budget bekommen, das nicht zeitlich begrenzt war. Nun haben einige das Budget aufgebraucht, andere noch nicht. Aus der Förderung sollte sich aber nie ableiten, dass das immer so weitergeht – Jan Henric Buettner hat ja im Gegenzug keine Verpflichtung von den Talenten eigefordert. Grundsätzlich gilt: Der ein oder andere talentierte Spieler wird im Fokus von uns bleiben. Mit dem Blickpunkt Freestyle. Diese Form des Schachs ist unter dem Aspekt Variantenberechnung auch für kommende Großmeister unheimlich wertvoll. Wir sind gerade dabei, eine Freestyle-Akademie aufzubauen.
Wobei laut Eurer Aussage schon geplant war, dass das Young Masters zur Tradition wird…
Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das nochmal macht. Freestyle ist jetzt sein Ding. Aber so sollte man ohnehin an die Sache nicht herangehen.
Sondern?
Alles, was Jan Henric Buettner tut, sollte man als Geschenk für das deutsche Schach ansehen. Damit meine ich auch sein Engagement für St. Pauli und den Hamburger SK, in dessen Räumlichkeiten aufgrund seiner Initiative auch schon die Nationalmannschaft trainiert hat. Dass er sich thematisch nun auf andere Felder konzentriert, ist nur eine Frage der Prioritäten – ändert aber nichts an der Gesamteinschätzung: Alles, was er tut, bringt unseren Sport weiter.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36318