15. März 2018
In unserer Reihe der (Kurz)-Interviews haben wir auch mit Olga Birkholz gesprochen. Sie schildert nicht nur die Eindrücke Ihre Besuches in Berlin anlässlich des Kandidatenturnieres, sondern gibt auch ausführlich Auskunft zum Referat Ausbildung, das sie seit Mai letzten Jahres betreut.
Wie gefällt Dir das doch etwas ungewöhnliche Ambiente im Kühlhaus?
Als Ausbildungsreferentin wurde ich zur Eröffnungsfeier ins Kühlhaus zusammen mit anderen Kollegen des Deutschen Schachbundes eingeladen. Alles war dabei: roter Teppich, extra VIP-Gästebereich, eine Bühne, gute Gespräche und mehr. Es waren hochkarätige Gäste eingeladen. Leider war aber nicht für alle Anwesenden genügend Platz, um Bühne, Redner und Kandidaten ausreichend sehen zu können und teilweise auch zu hören.
Am besten hat mir die Eis-Skulptur des Künstlers Thierry Noir gefallen. Das Schachspiel wird oft mit Kunst verglichen. Für mich ist jede Schachpartie - egal, ob gute oder schlechte - ein Kunstwerk.
Es wurde viel zur Organisation des Kandidatenturniers in Berlin gesagt, welchen persönlichen Eindruck hattest Du?
Das Turnier wurde in erster Linie von der Firma ChessWorld und der FIDE organisiert. Die Organisatoren hatten nicht genügend Zeit das Gebäude von außen repräsentativ zu machen. Trotzdem kann ich die Wahl des Kühlhauses als Austragungsort gut verstehen.
Der Spielsaal hat schon eine besondere Stimmung und zieht nicht nur VIPs an. Es waren viele junge Leute und Schachspieler unter den Zuschauern. Sie wurden trotz der fehlenden Sitzplätze und Versorgung mit Wasser und Verpflegung nicht vom Kommen abgehalten. Der größte Teil der Anwesenden bewunderte die Wettkämpfe, die Stellungen auf den Schachbrettern, und das Verhalten der Kandidaten während der Schachpartie.
Welche Möglichkeiten bietet dieses Turnier für das deutsche Schach?
Ich habe mich mit einigen internationale Gästen und Funktionären getroffen. Als Ausbildungsreferentin interessiere ich mich insbesondere für das Ausbildungssystem der Trainer in anderen Ländern des deutschsprachigen Raumes in Europa. Dank der Gespräche mit dem Präsidenten Peter Wyss des Schweizerischen Schachverbandes und des Vize-Präsidenten Renato Frick aus Liechtenstein habe ich mir fest vorgenommen, die Kooperation und den Austausch im Ausbildungsbereich mit anderen Föderationen auszubauen.
Ich hatte auch die Möglichkeit den aktuellen FIDE-Präsidenten Georgios Makropoulos und FIDE Vize-Präsident Israel Gelfer persönlich kennen zu lernen. Die FIDE bildet Schachtrainer verschiedener Kategorien aus und ist stets in Kontakt mit dem Deutschen Schachbund, mit dem Ziel, dass diese Trainer-Ausbildungen auch in Deutschland anerkennt werden.
Wer wird Deiner Meinung nach das Turnier gewinnen?
Nicht nur Kreativität und Schachwissen gehören zu den Erfolgsfaktoren der Kandidaten. Ohne Ausdauer, Fitness, Schachpsychologie, Flexibilität und gute Vorbereitung ist ein solcher Marathon kaum zu gewinnen. Es ist nichts Neues, dass die Gegnervorbereitung und das Aufrechterhalten des eigenen Repertoires ohne Schachprogramme und aktuelle Datenbanken mit Schachpartien in der Zeit der Digitalisierung und modernen Medien nicht möglich ist.
Als Referentin für Ausbildung strebe ich an, dass Schulungen und Fortbildungen ins ChessBase-Programm in Deutschland möglichst weit verbreitet werden.
Als FIDE-Meisterin und aktive Schachspielerin denke ich, dass Vladimir Kramnik am ehesten Chancen hat dieses Turnier zu gewinnen. Er kann gut mit Druck umgehen und ist in der Lage trotz unverzeilicher Umstände eine Partie meisterlich zu Ende zu führen.
Olga, vielen Dank für Deine Einschätzungen und Schilderungen bezüglich des Kandidatenturniers. Ich möchte allerdings auch noch auf Dein Ehrenamt beim DSB eingehen. Du bist auf dem Bundeskongress 2017 in Linstow zur Ausbildungsreferentin gewählt worden - wie siehst Du das Referat Ausbildung in Zukunft?
Eine gute Frage, die ich gerne beantworte! Leider ist kein deutscher Schachspieler im Kandidatenturnier dabei und leider gibt es auch keine deutschen Spieler in der Top 20. Wir müssten viel mehr Zeit und Mittel in die Ausbildung von Trainern und Schachspielern investieren, um deutsche Spieler in die Weltspitze zu kriegen.
Wir brauchen nicht nur fähige junge Schachspieler und entsprechende Geldmittel, um diese optimal zu fördern, sondern auch professionelle Schachschulen, engagierte Schachlehrer und gut ausgebildete Trainer. So lange wir das alles nicht haben, sehe ich keine Chance, dass wir unsere jungen Talente so weit erziehen und sportlich vorbereiten, so dass wir es in die Schachspitze schaffen.
Im letzten Modul der A-Trainerausbildung in NRW im Seminarcenter Radevormwald hat der Deutsche Schachbund 17 neue A-Trainer ausgebildet. Die folgenden Trainer haben ihre Hausarbeiten vorbereitet und in der Prüfung erfolgreich verteidigt: Alexander Berelowitsch (NRW), Alexander Hilverda (Bayern), Dmitrij Marcziter (NRW), Carlos Hauser (Baden), Tatjana Melamed (Sachsen-Anhalt), Alexander Maier (Bayern), Markus Schmücker (NRW), Olga Birkholz (Bayern), Alexander Naumann (Sachsen-Anhalt), Michael Richter (Berlin), Manfred Schweizer (Bayern), Raiko Siebarth (Thüringen), Matthias Dann (Rheinland-Pfalz), Tom George (Thüringen), Christoph Natsidis (Sachsen), Andre Wolf (NRW), Andreas Jagodzinsky (NRW).
Im Januar 2018 in Gladenbach haben wir auf der Tagung der Ausbildungsreferenten der Landesverbände mit dem Vize-Präsidenten für Verbandsentwicklung Walter Rädler und dem Vize-Präsidenten Sport, Klaus Deventer, die anstehenden Aufgaben und Probleme im Ausbildungsbereich ausführlich besprochen und lebhaft diskutiert.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und hier gerne die neue Ausbildungskommission vorstellen, die durch das Präsidium bestätigt wurde: Olga Birkholz (Vorsitzende der Lehrkommission, Bayern), Carsten Schmidt (Berlin), Joachim Gries (Hessen), Jochen Terhorst (Rheinland-Pfalz) und Jörg Schulz (Geschäftsführer und Vertreter der Deutschen Schachjugend). Leider hat der A-Trainer und ehemalige Sportdirektor GM Uwe Bönsch aufgrund seiner aktuellen Erkrankung seine Teilnahme mit dem Verantwortungsbereich der A-Trainerausbildung in der Kommission abgesagt.
Trotz aller Umstände finden in diesem Jahr neue Fortbildungen für A-Trainer statt. In Lichtenfels und in Willingen unter der Leitung von A-Trainer GM Karsten Müller und A-Trainer FM Uwe Kersten bieten wir ein umfangreiches Programm an.
Der Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler ist in Lichtenfels mit seinem Vortrag präsent. Die Trainer haben die Möglichkeit dort ihre Fragen zu stellen und Probleme im Fortbildungsbereich mit Bernd Vökler zu besprechen.
Bundestrainer Dorian Rogozenco ist als Ansprechpartner zum A-Trainer Fortbildungsseminar nach Willingen zu den Deutschen Jugend- Einzelmeisterschaften (DEM) eingeladen. Es ist sehr erfreulich, dass viele A-Trainer zur DEM als Coach und Betreuer der jungen Schachspieler U10, U12, U14, U16, U18 mitkommen.
Die aktuellen Ausschreibungen finden Sie auf der Homepage Ausbildung unter diesem Link.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 23008