13. Februar 2025
Elo-Punkte oder Kohle? Beim Weissenhaus Freestyle-Chess-Turnier ist die Antwort klar: Es geht ums Geld. Klettern in der Weltrangliste – das geht nicht, obwohl es gegen die Stärksten der Welt geht. GM Vincent Keymer hat GM Magnus Carlsen besiegt und kämpft nun im Finale um 200.000 Dollar Preisgeld. Der Erfolg bedeutet auch eine große Portion Genugtuung, hatte doch der Norweger zuletzt immer wieder bei Aufeinandertreffen mit der deutschen Nummer eins obsiegt. Nun hat es der 20-Jährige endlich geschafft. In der zweiten Halbfinalpartie verteidigte er sich sehr gut und erkämpfte sich ein Remis, was nach seinem Sieg im ersten Spiel zum Finaleinzug reichte. „This was insane!“ rief Keymer ungewohnt impulsiv Sekunden nach seinem Triumph gegen die Nummer eins der Welt. Ja, irgendwie verrückt. Carlsen konnte nur noch zustimmend nicken. Die Enttäuschung war ihm anzusehen. Auch für ihn, der an der Freestyle Chess Grand Slam Tour beteiligt ist, geht es um viel Geld – und ums Prestige.
In der Vorrunde noch wackelig, wirkt Keymer nun auf den Punkt fit. Freestyle, so viel wird immer deutlicher, liegt ihm deutlich besser als anderen Top-Akteuren – wie zum Beispiel dem neuen Weltmeister GM Dommaraju Gukesh. Er kann im besten Fall im Luxus-Resort in Schleswig-Holstein noch Fünfter werden.
Keymer konnte sich mit den schwarzen Figuren (im Freestyle kein Nachteil) ein frühes Plus verschaffen. Doch Carlsen wäre nicht der beste Schachspieler der Welt, wenn er nicht Antworten gehabt hätte. Durch ein Bauernopfer übernahm der Norweger zwischenzeitlich die Führung und ein Tie-Break-Partie schien möglich. Diese Phase des Spiels war hoch kompliziert und für Keymer besonders wichtig: „Ich bin sehr erleichtert, dass ich dieses sehr schwierige Spiel überstanden habe.“ Die verschiedenen Führungswechsel machten die Partie zu einem Schach-Krimi. Nicht nur für alle Zuschauenden, sondern auch für die Spieler. Keymer selbst hatte zwischenzeitlich einen Puls von 150. „Ich musste meine gute Position hergeben. Ich bin deshalb umso glücklicher, dass ich dieses Spiel überlebt habe.“
Für viele Schach-Experten war dies die beste Partie, die Vincent Keymer jemals gespielt habe. Er selber sieht dies nicht so: „Ich finde es schwer, klassisches Schach und Freestyle-Schach zu vergleichen. Ich bin aber natürlich trotzdem mit meiner Spielweise sehr zufrieden.“
Keymer, der 2022 Vize-Weltmeister im Schnellschach, wurde, kann nun groß abkassieren. Er hat als Finalist mindestens 140.000 Dollar sicher, 60 000 Dollar mehr gibt es bei einem Sieg.
Das Turnier an der Ostsee ist der Auftakt einer weltweiten Turnierserie, „der Formel 1 des Schachs“, wie Organisator Jan Henric Buettner sagt. Sponsoren haben laut seiner Aussage insgesamt zehn Millionen US-Dollar investiert. Vier Millionen werden an die Spieler ausgeschüttet. „Wir stoßen im Schachsport in völlig neue Dimensionen vor, das wird eine Riesensache“, sagt Buettner, der das Who ist Who des internationalen Schachsports in sein Resort eingeladen hat. Zum Beispiel IM Levy Rozman alias "GothamChess", der Teil des Kommentaren-Teams ist. Rozman hat auf Youtube fast sechs Millionen Abonnenten. Auch die Schach-Influencerin WFM Anna Cramling ist vor Ort – ein Fingerzeig, wo es hingehen soll mit der Freestyle-Serie: in den Streaming-Bereich. Es folgen in diesem Jahr noch Turniere in New York, Paris, Delhi und Kapstadt. Ein weiteres Turnier in Deutschland an einem noch unbekannten Ort ist in Planung.
Unklar bleibt aktuell für viele Beobachter, wie hoch die Reichweite des Turniers ist – und wie Erträge erzielt werden können. Der NDR schreibt, die Spiele seien „spektakulär, viele Stellungen neu - aber selbst Großmeistern fällt es schwer, Freestyle-Partien zu durchschauen und zu erklären, erst recht für Schachlaien. Transparente Zahlen, wie viele Fans weltweit zuschauen, gibt es nicht.“
Klar ist auch: In diesem Jahr darf sich der Gesamt-Gewinner nicht Weltmeister nennen, sondern nur "Freestyle Chess Champion" - eine Zwischenlösung im Streit mit der FIDE. Den ersten Schritt zum Titel der Freestyle-Spieler könnte nun Keymer machen. Am Donnerstag und Freitag finden die beiden Finalpartien gegen den Amerikaner GM Fabiano Caruana statt, der sich mit 3,5:2;5 gegen GM Javohir Sindarov aus Usbekistan durchsetzte. (mw/lr)
Pl. | Titel | Name | Land | Pkt. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | GM | Alireza Firouzja | 6,5 | * | 1 | 0 | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | 1 | |
2 | GM | Javokhir Sindarov | 6,5 | 0 | * | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | ½ | 1 | 1 | |
3 | GM | Fabiano Caruana | 6,0 | 1 | ½ | * | 1 | 0 | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | |
4 | GM | Magnus Carlsen | 5,5 | ½ | 0 | 0 | * | 1 | 1 | 1 | 1 | 0 | 1 | |
5 | GM | Hikaru Nakamura | 5,5 | ½ | ½ | 1 | 0 | * | 1 | ½ | ½ | 1 | ½ | |
6 | GM | Vincent Keymer | 4,0 | 0 | 0 | ½ | 0 | 0 | * | 1 | ½ | 1 | 1 | |
7 | GM | Nodirbek Abdusattorov | 3,5 | ½ | 0 | ½ | 0 | ½ | 0 | * | ½ | 1 | ½ | |
8 | GM | Dommaraju Gukesh | 3,5 | 0 | ½ | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | * | ½ | ½ | |
9 | GM | Vladimir Fedoseev | 2,5 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | ½ | * | 1 | |
10 | GM | Levon Aronian | 1,5 | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | ½ | 0 | * |
Br. | Name | Elo | - | Name | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | ![]() |
2760 | 0,5:1,5 | ![]() |
2731 |
2 | ![]() |
2833 | 2,0:0,0 | ![]() |
2766 |
3 | ![]() |
2701 | 2,5:1,5 | ![]() |
2802 |
4 | ![]() |
2803 | 2,0:0,0 | ![]() |
2777 |
Br. | Name | Elo | - | Name | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | ![]() |
2731 | 1,5:0,5 | ![]() |
2833 |
2 | ![]() |
2701 | 2,5:3,5 | ![]() |
2803 |
3 | ![]() |
2760 | 0,5:1,5 | ![]() |
2766 |
4 | ![]() |
2802 | 2,0:1,0 | ![]() |
2777 |
Br. | Name | Elo | - | Name | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | ![]() |
2731 | um Platz 1 | ![]() |
2803 |
2 | ![]() |
2701 | um Platz 3 | ![]() |
2833 |
3 | ![]() |
2802 | um Platz 5 | ![]() |
2766 |
4 | ![]() |
2760 | um Platz 7 | ![]() |
2777 |
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36298