22. Juni 2015
Die deutschen Mannschaften haben sich in der achten Runde des Mitropa-Cups in das Turnier zurückgekämpft. Es stand Kroatien auf dem Turnierplan, die vor allem in der offenen Kategorie mit der deutschen Mannschaft fast auf Augenhöhe sind.
Aber eins nach dem anderen, fangen wir diesmal wieder mit dem Frauenteam an.
Sarah spielte mit den schwarzen Steinen gegen Zrinka Deur Saric einen Sizilianer mit frühem Db6. Nachdem sie in einer klassischen sizilianischen Stellung den Durchbruch d6-d5 schaffte, erhielt sie sofort Ausgleich. Dann allerdings konnte die Gegnerin durch einen taktischen Schlag einen Bauern auf h6 gewinnen. Dieser brachte Weiß zwar keine Gewinnstellung ein, aber einen deutlichen Vorteil. Laut Turnierseite endete die Partie dann im 38. Zug Remis, warum Sarahs Gegnerin nicht weiterspielte, falls die Stellung tatsächlich die Endstellung war, ist mir nicht ganz klar.
Judith überraschte außer ihren 5 Kollegen und Bundestrainer Dorian Rogozenco wohl ganz Schachdeutschland mit ihrer Eröffnungswahl 1. b3. Im Nachhinein erwies sich das als eine schlaue Wahl, denn schnell bekam sie eine sizilianische Igelstellung mit Tempo mehr. Zwar macht in diesen Stellungen ein Tempo mehr oder weniger keinen großen Unterschied, der Wissensvorsprung den Judith hatte aber schon. So überspielte sie ihre Gegnerin durch diesen Wissensvorsprung, wie es aussah, mit Leichtigkeit und stellte den Sieg für die deutschen Frauen sicher.
Das bedeutet in der Tabelle Rang 3 mit einem Mannschaftspunkt Vorsprung auf die Slowakei, es reicht also ein Sieg, egal in welcher Höhe gegen Österreich 2 - um 9 Uhr am frühen Morgen - um die Bronzemedaille sicher zu haben. Sollte Italien verlieren, derzeit Platz 2, dann ist sogar Silber drin!
8 | Kroatien | Elo | ½:1½ | Deutschland | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | WFM Saric Zrinka Deur | 2137 | ½:½ | WGM Sarah Hoolt | 2283 |
2 | Neomi Grgic | 2011 | 0:1 | WIM Judith Fuchs | 2286 |
Pl. | Mannschaft | Land | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | MP | BP |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | Ungarn | * | 1 | 1½ | 2 | 2 | 2 | 1½ | 2 | 2 | 15 | 14,0 | ||
2. | Italien | * | 1½ | 1 | 1½ | 1 | 1½ | 1 | 1½ | 2 | 13 | 11,0 | ||
3. | Deutschland | 1 | ½ | * | 1½ | 1 | 1 | 2 | 2 | 1½ | 11 | 10,5 | ||
4. | Slowakei | ½ | 1 | ½ | * | 2 | 1 | 1½ | 2 | 2 | 10 | 10,5 | ||
5. | Tschechien | 0 | ½ | 1 | 0 | * | 1½ | 1 | 1 | 2 | 7 | 7,0 | ||
6. | Österreich I | 0 | 1 | 1 | 1 | ½ | * | ½ | 1½ | 1½ | 7 | 7,0 | ||
7. | Schweiz | 0 | ½ | 0 | 1 | 1½ | * | 1 | 2 | ½ | 6 | 6,5 | ||
8. | Slowenien | ½ | 1 | 0 | ½ | ½ | 1 | * | 1½ | 1 | 5 | 6,0 | ||
9. | Österreich II | 0 | ½ | 0 | 1 | ½ | 0 | ½ | * | 2 | 3 | 4,5 | ||
10. | Kroatien | 0 | 0 | ½ | 0 | 0 | 1½ | 1 | 0 | * | 3 | 3,0 |
Im offenen Turnier war die deutsche Mannschaft gegen die starken Kroaten ebenfalls erfolgreich. An Brett 1 hatte es Matthias Blübaum mit dem Großmeister Ante Saric zu tun. In einer c4-Eröffnung kam Matthias mit den schwarzen Steinen sehr schnell zum Ausgleich, das entstehende Turmendspiel, war vom akademischen Standpunkt aus, vielleicht leicht besser für Matthias, aber einfach nicht zu gewinnen. Damit war die Punkteteilung das korrekte Ergebnis.
Dennis spielte gegen GM Marin Bosiocic's Slawen eine der modernen Varianten und folgte mit 18. e3 einer Variante, die nur eine Vorgängerpartie des starken russischen Großmeisters Tomaschewskij kannte. Genau wie die Partie im Juli 2014 ging auch diese remis aus. Allerdings hatte Dennis in seiner Partie, durch starkes taktisches Spiel, im Mittelspiel einen klaren Vorteil, den er durch zwei Mehrbauern im Endspiel nachweisen konnte. Sein Gegner begann sich unheimlich zäh aufzustellen, Dennis rannte an, aber nach einer Ungenauigkeit verflachte die Partie ins Remis. Eine starke Leistung des jungen Prinzen, die eine Krönung durch den ganzen Punkt durchaus verdient hätte.
An Brett 3 saß der Matchwinner Andreas Heimann. Andreas ließ Sasa Martinovic, der sich mit dem Trompowsky-Angriff versuchte, ins Leere laufen und spielte eine sehr starke und saubere Partie. Zwar verabschiedete sich Andreas vom Läuferpaar, das man gegen den Trompowsky normalerweise inne hat, ergatterte dafür aber das Zentrum. Ein guter Tausch, wie sich kurz darauf herausstellte. Denn dieses Zentrum half Andreas, seinen Vorteil und Angriff weiter auszubauen. In dem besseren Endspiel, das er erreichte, machte er solange Druck bis sein Gegner zusammenbrach und den vollen Punkt aus den Händen gab.
Elisabeth hat von mir in einem anderen Bericht ja bereits so etwas wie eine „Unglücksrabe des Tages“-Auszeichnung bekommen. Für die heutige Auszeichnung brauchte ich aber nicht lange suchen. „Kämpferin des Tages“ passt nämlich einfach zu gut. Elisabeth ist dafür bekannt viele Eröffnungen zu spielen. Diesmal stand 1. Sf3 auf dem Programm. Aus der Eröffnung hinein ins Mittelspiel erhielt sie eine gute Stellung, dann geriet Elisabeth auf Abwege und fand sich in einem verlorenen Endspiel wieder. Doch hier biss sie sich fest, war es doch wohl abzusehen, dass ein halber Punkt der Mannschaft den Sieg bringen könnte. Sie verteidigte sich solange bis dem Gegner Jurica Srbis eine Nachlässigkeit unterlief. Denn auf ein Mal stand Elisabeth auf Patt mit nur noch der Dame gegen Dame und x Bauern. Der Rest war Technik, die Dame mit Hilfe lästiger Schachs opfern und das Remis war in trockenen Tüchern.
Vielleicht war es an der einen oder anderen Stelle nicht der beste Zug, der herausstach, doch diese Kampfleistung, im richtigen Moment wieder ins Turnier zu kommen, ist ein starkes Zeichen und verdient Respekt.
Derzeit steht, wie bei den Damen, der dritte Platz zu Buche. Aus deutscher Sicht muss in der neunten Runde also auch den Schweizern die Daumen gedrückt werden, denn die haben es in der Hand der deutschen Mannschaft durch einen Sieg Schützenhilfe zu geben. Zunächst werden sich unsere Jungs und Mädels aber auf die eigenen 64 Felder konzentrieren, denn ohne die „Hausaufgaben“, in diesem Fall die Franzosen, zu machen, hilft die beste Schützenhilfe nichts. Wir drücken also die Daumen, dass die Silbermedaille mit nach Hause genommen werden kann.
Die neunte Runde beginnt um 9 Uhr, ein Graus für jeden Schachspieler, aber unsere Mannschaften werden im doppelten Sinne ausgeschlafen sein.
8 | Kroatien | Elo | 1½:2½ | Deutschland | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | GM Ante Saric | 2580 | ½:½ | GM Matthias Blübaum | 2600 |
2 | GM Marin Mag. Bosiocic | 2558 | ½:½ | GM Dennis Wagner | 2569 |
3 | GM Sasa Martinovic | 2542 | 0:1 | IM Andreas Heimann | 2551 |
4 | FM Jurica Srbis | 2401 | ½:½ | IM Elisabeth Pähtz | 2458 |
Pl. | Mannschaft | Land | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | MP | BP |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | Österreich | * | 3 | 3 | 2½ | 2½ | 2½ | 2 | 2½ | 3 | 15 | 21,0 | ||
2. | Slowakei | 1 | * | 2 | 3½ | 2½ | 1½ | 2½ | 4 | 3 | 11 | 19,0 | ||
3. | Deutschland | 1 | 2 | * | 2 | 3½ | 2½ | 2½ | 1½ | 3 | 10 | 18,0 | ||
4. | Tschechien | 1½ | ½ | 2 | * | 2½ | 2 | 1 | 3 | 2½ | 8 | 15,0 | ||
5. | Italien | 1½ | 1½ | ½ | 1½ | * | 2 | 4 | 3½ | 2½ | 7 | 17,0 | ||
6. | Kroatien | 2½ | 1½ | 2 | 2 | * | 2 | 2 | 1½ | 2 | 7 | 15,5 | ||
7. | Schweiz | 1½ | 1½ | 3 | 0 | 2 | * | 3 | 2 | 1½ | 6 | 14,5 | ||
8. | Slowenien | 2 | 1½ | 2½ | ½ | 2 | 1 | * | 2 | 2 | 6 | 13,5 | ||
9. | Frankreich | 1½ | 0 | 1 | 1½ | 2½ | 2 | 2 | * | 2½ | 6 | 13,0 | ||
10. | Ungarn | 1 | 1 | 1 | 1½ | 2 | 2½ | 2 | 1½ | * | 4 | 12,5 |
Jonathan Carlstedt
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19897