21. Juni 2015
Nach der Niederlage in der fünften Runde für unseren Vierer gegen die Gastgeber aus Österreich, waren die Runden 6 und 7 von entscheidender Bedeutung um den zweiten Platz einzufahren und damit ein gutes Ergebnis zu erzielen. Die deutschen Frauen brauchten auch Punkte um in die Medaillenränge zu gelangen, es stand also viel auf dem Spiel.
In der sechsten Runde warteten die Slowenen auf die deutsche Mannschaft, wie bereits erwähnt, eine zentrale Runde, nach der bitteren Niederlage. Aber auch die die Slowenen sind, wie die Deutschen, mit einer starken Mannschaft angereist. Vorne mit zwei Großmeistern und zwei starken FIDE-Meistern. Zwar ist Deutschland in dieser Konstellation leichter Favorit, aber wenn es danach ginge, müsste man ja gar nicht erst ans Brett gehen. Es entwickelte sich eine spannende Begegnung.
Matthias Blübaum spielte mit den schwarzen Steinen seine geliebte Französische Verteidigung, erreichte schnell Ausgleich und versuchte auf den vollen Punkt zu drücken. Sein Gegner GM Jure Borisek jedoch ließ sich nicht in eine schlechtere Stellung zwingen und so wurde im Endspiel die Punkteteilung vereinbart.
Dennis erwischte an seinem 18. Geburtstag - ganz herzlicher Glückwunsch aus Hamburg - nicht seinen besten Tag, die Eröffnung verlief normal. Er konnte sich einen leichten Vorteil erarbeiten, doch sein Gegner GM Matej Sebenik spielte zäh und nutzte den ersten Moment, an dem Dennis den falschen Weg einschlug, aus, um die Partie zum Gewinn zu führen.
An Brett 3 sammelte Andreas frühzeitig einen Bauer ein. Dafür gab er seinem Gegner einen Entwicklungsvorsprung, in einer sehr komplizierten Stellung stand Andreas auf einmal relativ schlecht und musste sich sehr zäh verteidigen. Doch dann stellte sein Gegner FM Boris Markoja quasi einzügig einen Springer ein und Andreas gewann die Partie.
Das tragischste Ende aus deutscher Sicht war in der Partie von Elisabeth Pähtz zu finden. Zunächst war die Stellung relativ lange ausgeglichen bis sie dann unter Druck geriet und in einem schlechteren Endspiel endete. Doch sie fand interessante Verteidigungsideen, bis sie in Zeitnot, in inzwischen wieder beinah ausgeglichener Stellung, die Partie einzügig einstellte. Eine bittere Niederlage, aber ein Fehler der in Zeitnot passieren kann.
Also, eine ärgerlich 1,5:2,5-Niederlage machte alle Hoffnungen auf den Sieg des Turniers zunichte. Nun galt es - immer noch auf dem zweiten Platz - diesen auch zu halten.
6 | Slowenien | Elo | 2½:1½ | Deutschland | Elo |
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1 | GM Jure Borisek | 2571 | ½:½ | GM Matthias Blübaum | 2600 |
2 | GM Matej Sebenik | 2512 | 1:0 | GM Dennis Wagner | 2569 |
3 | FM Boris Markoja | 2372 | 0:1 | IM Andreas Heimann | 2551 |
4 | FM Jernej Spalir | 2361 | 1:0 | IM Elisabeth Pähtz | 2458 |
6 | Slowenien | Elo | 0:2 | Deutschland | Elo |
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1 | WIM Laura Unuk | 2121 | 0:1 | WGM Sarah Hoolt | 2283 |
2 | Ivana Hrescak | 2057 | 0:1 | WIM Judith Fuchs | 2286 |
Die deutschen Frauen machten es in der sechsten Runde deutlich besser. Mit 2:0 konnte Slowenien geschlagen werden.
Sarah Hoolt spielte gegen WIM Laura Unuk eine sehr starke Partie. In einer Eröffnung, die Schwarz eine Spielstellung gibt, wusste Sarah was zu tun ist und gewann die Partie in souveräner Art und Weise.
Judith Fuchs, an Brett 2, hatte mit der Drachen-Verteidigung von Ivana Hrescak zu tun. Ich habe schon einige starke Partien von Judith gegen den Drachen gesehen. Trotzdem wird es diese Partie sicher in ihr „best of“ schaffen. Sie zeigte fundierte Eröffnungskenntnisse, die ihr im Übergang zum Endspiel eine Stellung mit Läuferpaar einbrachte. Außerdem hatte ihre Gegnerin einen anfälligen Doppelbauern. Es dauerte nur noch wenige Züge bis Judith die Stellung nach Hause brachte. Die Damen sind mit der sechsten Runde also weiterhin gut im Rennen.
Auf Slowenien folgte Tschechien, ebenfalls eine starke Mannschaft mit einem Großmeister, zwei IM und einem FM. Allesamt bei mehr als 2400 Elopunkten. Eine weitere hart zu knackende Nuss also. An Brett 1 spielte Matthias Blübaum gegen GM Vlastimil Babula, der auch in Deutschland, u.a. als Spieler in der Bundesliga, bekannt ist. Matthias führte die weißen Steine und erarbeitete sich eine bessere Stellung. Doch „wie aus dem Nichts“ bot sich Schwarz eine taktische Option, die große Rechentiefe erforderte. Babula sah die taktische Zugfolge und konnte so eine Gewinnstellung erreichen, die er sauber nach Hause brachte.
Dennis erspielte sich sehr schnell Ausgleich, die Partie gegen IM Tadeas Kriebel, plätscherte vor sich hin, bis Dennis sich einen kleinen Vorteil erspielen konnte. Allerdings war dies ein sehr fragiler Vorteil und nach einer Ungenauigkeit endete die Partie sehr schnell Remis.
Andreas spielte eine sehr starke Partie gegen Jiri Kociscak. In einer Italienischen Partie stand Andreas mit Weiß schnell deutlich besser und nachdem er weiteren zusätzlichen Druck aufbauen konnte, brach sein Gegner zusammen. Kurz nachdem Andreas eine Qualität gewann, gewann er auch die Partie.
Elisabeth kam leicht schlechter aus der Eröffnung heraus, allerdings musste man sich keine ernsthaften Sorgen machen. Zu Beginn des Mittelspiels hatte die deutsche Nummer 1 der Frauen bereits vollen Ausgleich erreicht und steuerte die Partie in ein solides Remis.
Das 2:2 ist sicher nicht das, was sich die Mannschaft vor der Runde ausgemalt hat. Außerdem wurde ein Platz eingebüßt und Deutschland steht auf dem dritten Platz, die beiden letzten Runden können dazu genutzt werden, den zweiten Platz zurück zu gewinnen.
7 | Deutschland | Elo | 2:2 | Tschechien | Elo |
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1 | GM Matthias Blübaum | 2600 | 0:1 | GM Vlastimil Babula | 2552 |
2 | GM Dennis Wagner | 2569 | ½:½ | IM Tadeas Kriebel | 2459 |
3 | IM Andreas Heimann | 2551 | 1:0 | FM Jiri Kociscak | 2474 |
4 | IM Elisabeth Pähtz | 2458 | ½:½ | IM Vojtech Rojicek | 2414 |
Pl. | Mannschaft | Land | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | MP | BP |
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1. | Österreich | * | 3 | 3 | 2½ | 2 | 2½ | 3 | 2½ | 13 | 18,5 | |||
2. | Slowakei | 1 | * | 2 | 3½ | 1½ | 2½ | 3 | 4 | 9 | 17,5 | |||
3. | Deutschland | 1 | 2 | * | 2 | 3½ | 1½ | 2½ | 3 | 8 | 15,5 | |||
4. | Tschechien | ½ | 2 | * | 2½ | 2 | 1 | 2½ | 3 | 8 | 13,5 | |||
5. | Italien | 1½ | ½ | 1½ | * | 2 | 3½ | 4 | 2½ | 7 | 15,5 | |||
6. | Kroatien | 2½ | 2 | 2 | * | 2 | 2 | 2 | 1½ | 7 | 14,0 | |||
7. | Slowenien | 2 | 1½ | 2½ | ½ | 2 | * | 2 | 2 | 6 | 12,5 | |||
8. | Schweiz | 1½ | 1½ | 3 | 0 | 2 | * | 1½ | 2 | 4 | 11,5 | |||
9. | Ungarn | 1 | 1 | 1 | 1½ | 2 | 2 | 2½ | * | 4 | 11,0 | |||
10. | Frankreich | 1½ | 0 | 1 | 1½ | 2½ | 2 | 2 | * | 4 | 10,5 |
7 | Deutschland | Elo | 1:1 | Tschechien | Elo |
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1 | WGM Sarah Hoolt | 2283 | 0:1 | Kristyna Novosadova | 2211 |
2 | WIM Judith Fuchs | 2286 | 1:0 | Martina Fuskova | 1969 |
Pl. | Mannschaft | Land | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | MP | BP |
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1. | Ungarn | * | 1½ | 1 | 2 | 2 | 2 | 1½ | 2 | 13 | 12,0 | |||
2. | Italien | * | 1½ | 1 | 1½ | 1½ | 1 | 1½ | 2 | 12 | 10,0 | |||
3. | Slowakei | ½ | * | ½ | 1 | 2 | 1½ | 2 | 2 | 9 | 9,5 | |||
4. | Deutschland | 1 | ½ | 1½ | * | 1 | 2 | 1 | 2 | 9 | 9,0 | |||
5. | Österreich I | 0 | 1 | 1 | 1 | * | ½ | 1½ | 1½ | 7 | 6,5 | |||
6. | Schweiz | 0 | ½ | 0 | 1½ | * | 1 | 2 | ½ | 5 | 5,5 | |||
7. | Tschechien | 0 | ½ | 0 | 1 | 1 | * | 1 | 2 | 5 | 5,5 | |||
8. | Slowenien | ½ | 1 | ½ | 0 | ½ | * | 1½ | 1 | 4 | 5,0 | |||
9. | Österreich II | ½ | 0 | ½ | 0 | 1 | ½ | * | 2 | 3 | 4,5 | |||
10. | Kroatien | 0 | 0 | 0 | 1½ | 0 | 1 | 0 | * | 3 | 2,5 |
Die Frauenmannschaft erspielte sich heute ein 1:1. Auch sie waren gegen die Mannschaft aus Tschechien Favorit.
Sarah stand nach der Eröffnung deutlich besser. In einer Spanischen Partie zeigte sie sich bestens vorbereitet. Im Mittelspiel koordinierte sie dann ihre Figuren und wollte mit g4 einen direkten Angriff gegen den gegnerischen König starten. Unglücklicherweise erwies sich eben dieser Vorstoß als der Verlustzug, da er eine taktische Zugfolge zuließ, die Sarah anscheinend übersehen hatte. Danach war die Stellung zu schlecht, auch wenn Sarah weiter kämpfte, um noch auf einen halben Punkt zu hoffen.
Damit fand sich Judith in einer komplett ausgeglichenen Stellung dem Zwang ausgesetzt, diese für die Mannschaft gewinnen zu müssen. Das tat sie in hervorragendem Stil. Sie baute Druck auf und die Gegnerin, vielleicht schon in der freudigen Erwartung der Punkteteilung, fand nicht die beste Fortsetzung. Nach einer Kampfpartie von 74 Zügen war das 1:1 gesichert.
Die deutschen Damen sind damit auf dem 4. Platz, einen halben Brettpunkt hinter Platz 3 der Slowakei. Es ist also noch nichts verloren!
Wir drücken weiterhin fest die Daumen!
Jonathan Carlstedt
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19893