10. April 2018
Vom 10. bis 27. März war Berlin im Fokus der Schachwelt, als sich hier acht der weltbesten Schachspieler trafen, um den Herausforderer von Weltmeister Magnus Carlsen zu ermitteln. Eintrittskarten waren besonders am ersten Wochenende und in der letzten Turnierwoche rar. Aus ganz Deutschland reisten die Fans an, um vielleicht doch noch ein Ticket zu ergattern. Für alle denen dies nicht gelungen ist, blieb nur ein Platz vor dem eigenen Computermonitor oder - was noch viel besser ist - in Gemeinschaft mit anderen Fans beim sogenannten Public Viewing.
Public Viewing war dann auch unser Stichwort. In einer Aktion baten wir die Vereine so ein Public Viewing durchzuführen und darüber für unsere Website zu berichten. Im Gegenzug erstatteten wir den Vereinen die anfallenden Kosten für den Zugriff auf die Live-Übertragung.
Am 16. März, während des Kandidatenturniers, haben wir die ersten Berichte veröffentlicht. Nun möchten wir auch die restlichen Berichte folgen lassen. Viel Spaß bei der Lektüre!
Beim Public Viewing des Kandidatenturniers zur Schachweltmeisterschaft am Sonntag, den 11. März lauschten etwa 15 passionierte Schachspieler aller Spielstärken den Ausführungen von IM Werner Beckemeyer. Es gelang dem Kommentator ein ums andere Mal die live aus dem Kühlhaus in Berlin übertragenen Züge mit besonderen Anmerkungen zu versehen. Das Billerbecker Publikum agierte dabei gewissermaßen als Co-Kommentator und trug Varianten bei, die dann gemeinsam mit IM Beckemeyer im Plenum analysiert wurden. Wesentlich zum Gelingen des Nachmittags trugen auch die Partien der Akteure im fernen Berlin bei. Keine Spur von vorsichtigem Abtasten, wie sonst bei den Anfangsrunden solcher Events. Insbesondere die Partie von Liren Ding gegen Fabiano Caruana hatte es den Zuschauern angetan. Regelmäßig trafen die Billerbecker Zuschauer in ihrer Analayse dabei Züge, die auch tatsächlich aufs Brett kamen und vorher nicht in den live laufenden Großmeisterkommentaren des Veranstalters angesprochen wurden. So durfte sich ein ums andere Mal einer der Schachfreunde von seinen Kameraden auf die Schulter klopfen lassen, wenn er derjenige war der den tatsächlich ausgeführten Zug vorgeschlagen hatte. Emotionaler Höhepunkt des Tages war dann der Biltzkampf zwischen Alexander Grischuk gegen Wesley So kurz vor der 40 Züge-Zeitkontrolle. Die internationale Übertragung aus Berlin hielt direkt auf die beiden Akteure, deren Anspannung zum Greifen war. Mit dem Sieg Grischuks endete dann auch das erste Public Viewing der Schachgeschichte in Billerbeck. Für den Erfolg der Veranstaltung dürfen sich der Deutsche Schachbund mit seiner Initiative das Turnier kostenlos als Liveübertagung in die Vereine zu tragen sowie die Verantwortlichen des SV Türme auf die Schultern klopfen.
Volker Flöter
Quelle: schachverein-billerbeck.de/grossartige-partien-zum-ersten-public-viewing-in-billerbeck
„Einen Kasten Bier und ein halbes Schwein“ setzte Großmeister Thomas Pähtz auf Schachrijar Mamedjarow angesichts von seiner Stellung gegen Wladimir Kramnik. Wladimir hatte gerade das Remis ausgeschlagen und seinen Bauern nach h4 vorgeschoben.
Gut besucht war das Public Viewing zum Kandidatenturnier im Erfurter Schachklub. Der Einladung zum Plausch über Schach, Kandidaten und Berlin waren ein Dutzend Kinder und Jugendliche des ESK sowie mehrerer Vereinsmitglieder gefolgt. Einige prominente Gäste konnte der Erfurter Präsident Joachim Brüggemann außerdem begrüßen. Die Präsidentin des Thüringer Schachbundes Diana Skibbe, Kristin Müller Ludwig und Thomas Ulrich von Medizin Erfurt sowie einige Bekannte versammelten sich am Freitag am Nachmittag im Nachwuchsleistungszentrum am Nettelbeckufer in Erfurt. IM Bernd Vökler berichtete von seinen Erlebnissen vom ersten Wochenende im Kühlhaus und nahm die aktuellen Partien unter die Lupe. IM Christian Troyke schlug die Wette übrigens ein. Sein Vertrauen in Kramnik erwies sich als unbegründet. Die Wettschuld wurde übrigens gleich eingelöst. Mettbrötchen und freie Getränke für alle Teilnehmer sorgten für extra gute Laune. Insgesamt eine gelungene Werbung für Schach und den Erfurter Schachklub.
Bernd Vökler
Es war der erwartet große Andrang beim zweiten Public Viewing in Grunbach. Der in der Region mit seinen Seminaren sehr bekannte Schachtrainer GM Zigurds Lanka glänzte ein ums andere Mal mit seinen Ausführungen zu den Partien. Zumal die Weltklasse-Protagonisten im fernen Berlin ein ums andere Mal sich nicht an die Ratschläge aus seinen Seminaren halten. Der Weltranglistenfünfte Lewon Aronjan verweigerte einen klassischen Batterieaufbau mit Läufer und Dame. Wie ein vergleichbaren Partieaufbau zum Gewinn geführt wurde konnte Lanka anhand einer rasch herausgesuchten Partie von dem immer noch in der Schachszene allgegenwärtigen Garri Kasparow, der glänzend gewann. Publikumsliebling Aronjan übersah zudem eine parallele Blockade, die ebenfalls in den Seminaren von Lanka thematisiert wird und musste folgerichtig eine Niederlage gegen den Wahlamerikaner Fabiano Caruana hinnehmen. Im Ergebnis sprachen die Teilnehmer eine Einladung an Lewon Aronjan aus, zukünftig an den regelmäßig in Grunbach stattfindenden Lanka-Seminaren teilzunehmen. Schachrijar Mamedjarow remisierte leicht mit den schwarzen Steinen gegen Alexander Grischuk. Nachdem er diesem zwei schwache Doppelbauern zugefügt hatte, blieb nur eine Zugwiederholung mitzugehen. Sergej Karjakin konnte sich in einem Zeitnotduell gegen Wesley So durchsetzen, nachdem sich der Turm des US-Amerikaners als außergewöhnlich unbeweglich gezeigt hatte. Zu guter Letzt remisierte Dauerspieler Wladimir Kramnik gegen den Chinesen Liren Ding. Wladimir Kraminik scheut weder Risiko noch Dauereinsatz um zu Punktgewinnen zu kommen. Für GM Ding war es das siebte Remis im siebten Spiel, trotz kämpferischer Partieanlage mit ungleicher Materialverteilung.
Die Veranstaltung war gute Werbung für das nächste Public Viewing, wenn Großmeister Spyridon Skembris wieder die Kommentatorenrolle übernimmt. Da wird es die 12. und drittletzte Runde des Turniers sein. Nach den Ergebnissen von heute scheint sich ein Duell von Mamedjarow und Caruana anzudeuten, wobei Letzterer die besseren Karten für den Turniersieg zu haben scheint. Die Veranstalter freuen sich weiter über regen Zulauf!
Dirk König
Anlässlich der 9. Runde des Kandidatenfinales, das nur drei U-Bahnstationen weiter in Kreuzberg stattfindet, hatten wir die Ehre, dem Berliner Publikum die deutsche Nummer eins ("seit Ewigkeiten") und die aktuelle Bronzegewinnerin der Schnellschach-Weltmeisterschaft zu präsentierten. Humorvoll und kenntnisreich kommentierte Elisabeth Pähtz von 15 Uhr bis zum Ende der Partie zwischen Caruana und Ding. Spannend blieb es bis zum Schluss. Den Zuschauern machte es sichtlich Spaß, auch weil "Elli" hin und wieder aus dem Nähkästchen plauderte und das Publikum in ihre Überlegungen miteinbezog. - Autogramme mit hübschem Bild gab es auch.
Wir bedanken uns sehr herzlich bei Elisabeth und drücken ihr die Daumen für das Erreichen ihrer dritten GM-Norm - 2500 Elo hatte sie schon 2016 erreicht.
Sie kommentiert heute übrigens auf WorldChess - ja genau, die Blonde neben Ilja Zaragatski. Ab heute ist die Seite nur noch gegen Bezahlung erreichbar, bei uns beim Public Viewing allerdings verfügbar.
Meine Bilder sind leider sehr bescheiden. Ich hoffe noch auf Fotos von Frank Hoppe, der zu Beginn kurz da war.
Brigitte Große-Honebrink
Quelle: SC Kreuzberg - Elisabeth Pähtz begeistert das Berliner Publikum
Und hier wie gewünscht einige Bilder von mir, als es noch nicht so voll war:
Nach dem Ende der 12. Runde des Kandidatenturniers fühlten sich die Teilnehmer des Public Viewing an den guten alten Marcel Reich-Ranicki erinnert, der das "Literarische Quartett" mit dem Brechtzitat "... und so sehen wir betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen" beendete. Nach nunmehr 12 gespielten Partien liegen der Erstplatzierte und der Spieler auf Platz 5 nur den Hauch von einem halben Punkt auseinander. Der Verlauf der Übertragung vom Samstag trug einiges dazu bei. Zunächst einigte sich Alexander Grischuk mit Lewon Aronjan in einer spanischen Partie auf Remis. Aber insbesondere im Fernduell der beiden Führenden Fabiano Caruana gegen Sergej Karjakin und Schachrijar Mamedjarow gegen Ding Liren zeichneten sich kämpferische Partien ab. Karjakin, der nach der 6. Runde noch auf dem letzten Platz lag, opferte in der Russischen Verteidigung gegen den führenden Caruana eine Qualität (Turm gegen Läufer). Durch diesen Abtausch erhielt Karjakin einen unangreifbaren Läufer im Zentrum der wichtige Felder unter Kontrolle hielt. Nach einer Öffnung der Stellung konnte Caruana nicht mehr alle Drohungen abwehren und gab nach 48 Zügen auf. Auch dem bis dahin Zweitplatzierten Mamedjarow erging es nicht besser. Ausgangs der Eröffnung hätte energisches Spiel ihm noch Vorteile einbringen können. Er verpasste diese Chance und der chinesische Großmeister kam immer besser ins Spiel. Letztlich brachte eine Kombination den Bauerndurchbruch und einen damit verbundenen Figurengewinn den Sieg. Sergej Karjakin hat damit die Führung übernommen und liegt gleichauf mit Fabiano Caruana, einen halben Punkt vor dem Trio Alexander Grischuk, Ding Liren und Schachrijar Mamedjarow. Bei noch ausstehenden zwei Runden am Montag und Dienstag ist für Spannung gesorgt.
Das Public Viewing am Samstag war die vorerst letzte Veranstaltung dieser Art und wurde vor etwa 20 Zuschauern durch Großmeister Spyridon Skembris souverän kommentiert. Den Teilnehmern wurde interessantes Hintergrundwissen aus der Sicht eines mit viel Erfahrung ausgestatteten Trainers vermittelt. Insgesamt waren die Public-Viewing-Veranstaltungen eine tolle Werbung für den Schachsport und für den Schachclub Grunbach. Insgesamt konnten über 70 Gäste an der drei Veranstaltungen begrüßt werden.
Dirk König
Quelle: schachclub-grunbach.de/public-viewing
Darüberhinaus berichteten die Schondorfer Nachrichten von der Veranstaltung.
DSB-Turnierseite zum Kandidatenturnier
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 23083