† Robert Hübner

6. Januar 2025

Robert Hübner bei einem Vortrag beim Schachgipfel 2019 in Magdeburg

Robert Hübner, einer der stärksten deutschen Schachspieler aller Zeiten, lebt nicht mehr. Er verstarb am 5. Januar 2025 in einem Krankenhaus in Köln-Dellbrück an den Folgen einer Krebserkrankung. Er wurde 76 Jahre alt. Das deutsche Schach verliert mit ihm eine außergewöhnliche Persönlichkeit und einen hervorragenden Analytiker unseres schönen Sports. In diesen schweren Zeiten sind unsere Gedanken bei seiner Familie, seinen Freunden und allen, die von seiner Leidenschaft für das Schachspiel berührt wurden.

Robert Hübner, 1970

Robert Hübner wurde am 6. November 1948 in Porz, einem heutigen Stadtteil von Köln, geboren. Im Alter von fünf Jahren erlernte er von seinem Vater Hans, einem Studienrat der mehrere Sprachen unterrichtete, das Schachspiel. Rund vier Jahre später wurde er Mitglied im Eisenbahnschachverein Turm Köln. Gerade 13 Jahre alt geworden spielte er bereits 1961 mit seinem Verein in der Endrunde der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft der BRD mit. Hübner spielte an Brett acht und Köln wurde hinter der BSG Eckbauer und 1836 München Dritter.
Sein großes Talent kam rund zwei Jahre später bei den BRD-Jugendmeisterschaften in Bad Schwalbach sehr deutlich zum Ausdruck. In einem Rundenturnier belegte er Platz eins mit sagenhaften vier Punkten Vorsprung! In den nächsten Jahren folgten vordere Plätze bei internationalen Jugendturnieren und -meisterschaften. Ebenso erfolgreich startete er bei den Erwachsenen durch, wie 1968 mit dem Gewinn des internationalen Turniers in Büsum. Darüber veröffentlichte er 2018 ein vielbeachtetes Buch im Schachverlag von Arno Nickel.

In Palma de Mallorca 1970 folgte der internationale Durchbruch zur erweiterten Weltspitze. Beim Interzonenturnier, einer Vorstufe zur Weltmeisterschaft, belegte er hinter dem überragenden Robert Fischer den geteilten zweiten Platz mit Bent Larsen und Jefim Geller. Das bedeutete die Qualifikation für die Kandidatenwettkämpfe, die ebenso auch Wolfgang Uhlmann (DDR) gelang, der Sechster wurde. In den Kandidatenwettkämpfen (K.o.-System) unterlag Uhlmann Larsen mit 3½:5½ und Hübner dem Exweltmeister Tigran Petrosjan mit 3:4. Dieser Wettkampf wurde von Hübner abgebrochen, da im Turniersaal in Sevilla (Spanien) zuviel Straßenlärm hereindrang. Petrosjan, der schwerhörig war, konnte dagegen sein Hörgerät abstellen.

In den nächsten beiden WM-Zyklen verfehlte Hübner die Kandidatenwettkämpfe nur knapp, auch weil er beruflich sehr eingespannt war und sich nicht ausgiebig vorbereiten konnte. Erst beim Interzonenturnier 1979 in Rio de Janeiro (Brasilien) gelang ihm wieder der große Wurf und er teilte mit Petrosjan und Lajos Portisch Platz eins. Der Erfolg brachte ihn sogar in die Bild-Zeitung ("Schon mit fünf setzte er den Papi matt"). Die "Welt am Sonntag" schrieb, er habe ihn Rio zwölf Pfund Gewicht verloren, was Hübner mit "Mir neu" kommentierte. Auch der Spiegel brachte eine große Story über Hübners Erfolg:

Der Kölner Schachspieler Dr. phil. Robert Hübner, 31, braucht nur 500 bis 600 Mark im Monat. Er wird Millionär wider Willen, wenn er dias Ziel erreicht, das er sich gesteckt hat: Hübner, seit neun Jahren Großmeister, will Weltmeister werden, und schon ein Sieg im Kampf um den Titel dürfte die erste Million einbringen. Jahr für Jahr könnte er dann wohl eine halbe hinzuverdienen, solange er weltbester Schachspieler bliebe.

[...]

Geld und Ruhm sind es nicht, die das sensible und physisch schwache 60-Kilo-Schachgenie aus Köln in die kräfteraubenden Kandidatenkämpfe treiben. Die Einnahmen würden nur Hübners Kontostand, nicht aber den Stil seines Lebens verändern. Er führt es ohne Familie und ohne Auto in einer Ein-Zimmer-Wohnung fast ohne Möbel, in der es weder Telephon noch Fernsebgerät gibt.

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Und Fischer soll 1970, noch bevor er selbst Weltmeister wurde, von Hübner als einem künftigen Weltmeister gesprochen haben. Dazu Hübner: »Ich halte dieses Zitat für erfunden.«

[...]

Auf die Kandidatenkämpfe bereitet sich der Kölner Großmeister so intensiv vor wie bislang auf keine andere Aufgabe. Schon vor einem Jahr gab er seinen Job an der Universität Köln auf. Dort hat er Papyri aus Ägypten entziffert und kommentiert, die in Griechisch geschrieben und 1200 bis 2300 Jahre alt sind.

In den Kandidatenwettkämpfen schaltete Hübner zwei Ungarn aus (Andras Adorjan 5½:4½, Lajos Portisch 6½:4½) und stand danach im Finale gegen den in der Schweiz lebenden Exil-Russen Viktor Kortschnoi. In Meran (Italien) 1980 ging Hübner 2:1 in Führung. Kortschnoi schaffte in der siebten Partie den Ausgleich, als Hübner nach einem Turmverlust durch Springergabel in zuvor ausgeglichener Stellung aufgab. Davon erholte sich der Deutsche nicht mehr und auch die nächste Partie ging verloren. Beim Stand von 3½:4½ gab er den Wettkampf auf und Kortschnoi wurde somit Herausforderer von Weltmeister Anatoli Karpow. Hier dominierte Karpow mit 11:7.

Das Kandidatenfinale 1980 blieb Hübners größter Erfolg. In der Weltrangliste kletterte er im Juli 1981 hinter Karpow und Kortschnoi bis auf Platz drei - mit gegenüber heutigen Zahlen vergleichsweise bescheidenen 2640 Elo.

Zwei Anläufe zu Weltmeisterschaften unternahm Hübner noch. Beide Male erreichte er die Kandidatenwettkämpfe. 1983 endete das Viertelfinale gegen Exweltmeister Wassili Smyslow nach 14 Partien unentschieden und laut Reglement mußte nun das Los entscheiden. Smyslow gewann. 1991 unterlag Hübner im Viertelfinale Jan Timman mit 2½:4½.

Nationalmannschaft

Robert Hübner, 1982 bei der Schacholympiade in Luzern

Robert Hübner hatte von 1965 bis 2002 251 Einsätze in der west- und gesamtdeutschen Nationalmannschaft. Sein Debüt gab er bei der Mannschafts-Europameisterschaft in Hamburg, seinen ersten Olympiaeinsatz hatte er 1968 in Lugano (Schweiz). 1972 und 1990 erreichte er jeweils die Goldmedaille am ersten Brett bei den Schacholympiaden. Nach Mannschaftssilber 2000 in Istanbul (Türkei) und den bei zukünftigen Schacholympiaden geplanten Dopingkontrollen beendete er seine Nationalmannschaftskarriere. Zwei jahre später spielte er aber noch einmal beim Mitropa-Cup mit.

Hübners Bilanz in 251 Partien: 106 Siege, 126 Unentschieden und nur 19 Niederlagen!*

2019 wurde Robert Hübner Ehrenmitglied des Deutschen Schachbundes. Zuvor hatte er bereits andere Auszeichnungen erhalten: 1978 die Goldene Ehrennadel des DSB und 1981 das Silberne Lorbeerblatt des Bundespräsidenten.

Mit Robert Hübner starb einer der größten Schachmeister, die Deutschland je hervorgebracht hatte. Er war der beste deutsche Schachspieler seit Emanuel Lasker (1868-1941, Weltmeister 1894-1921) und Siegbert Tarrasch (1862-1934, lange die Nummer zwei der Welt nach Lasker).

Danke Robert für all das was Du geleistet und uns hinterlassen hast. Wir werden Dich immer in Erinnerung behalten! (fh)

* In der Summe sind es nur 249 Partien. In unserer Datenbank fehlen leider die beiden Ergebnisse vom Länderkampf 1972 gegen Luxemburg.

Update 07.01.2025: Der Präsident des Luxemburgischen Schachverbandes, Olivier Jeitz, schickte uns ein Bild und weitere Informationen zum Wettkampf. Damit konnten wir Hübners Bilanz um zwei Siege erhöhen. Nachfolgend das Bild aus dem 1981er Buch zum 50-jährigen Jubiläum des luxemburgischen Verbandes.

Links Robert Hübner, hier gegen G. Philippe

// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 11552

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