26. Februar 2025
Was wäre für viele kleine Fußballer das größte Ereignis? Nun, zweifellos gehört dazu: An der Seite von Jamal Musiala (der übrigens auch gerne Schach spielt) als Einlaufkind aufs Spielfeld zu gehen. Die elfjährige WCM Lilian Schirmbeck hatte am Dienstagabend in Prag ein vergleichbar spannendes Erlebnis in der Schachwelt: Sie durfte Seite an Seite mit der deutschen Nummer eins, GM Vincent Keymer, in den Saal einlaufen - beim siebten Schachfestival in Prag, das heute beginnt und bis 7. März dauert. Denn beide werden gemeinsam in einer Sonderwertung Masters/Futures geführt, ihre Punkte zusammengeführt. „Ich bin sehr aufgeregt, mit Vincent in einem Team zu spielen", sagte Lilian Schirmbeck, gleichzeitig sei sie aber auch "glücklich, dass sich mein großer Wunsch erfüllt hat. Wir werden beide unser Bestes geben". Unabhängig von diesem eher unterhaltsamen Part tritt Keymer in Prag im Masters an, Lilian im Mädchenturnier. In Tschechien findet ein Stelldichein der Großmeister statt, aber auch der Talente und der ambitionierten Breitensportler.
Insgesamt starten unter den 478 Spielerinnen und Spielern auch 53 Deutsche. Der Modus im Hotel Don Giovanni hat der ausrichtende Novy Bor Chess Club an Tata Steel Chess in Wijk aan Zee angelehnt – er und besteht aus einem Masters-, Challenger- und Futures-Turnier.
Dass sie bei einem solch stark besetzten Turnier als eine der jüngsten Teilnehmerinnen dabei ist, hat Lilian ihrem Erfolg bei der Jugend-Mannschafts-EM im vergangenen Sommer auf Rhodos zu verdanken – und dann letztlich auch noch dem Losglück. Lilian Schirmbeck und Alicia Kovalskyy wurden im vergangenen Juni mit 10:4 Punkten Dritte im U12-Wettbewerb, hinter der Türkei und Polen. Und Voraussetzung für einen Start in Prag war ein Medaillengewinn auf internationaler Bühne. „Leider haben wir nur die Zusage für eine deutsche Teilnehmerin bekommen, die ich nominieren durfte“, so Bundesnachwuchstrainer IM Bernd Vökler: „Die Entscheidung fiel mir so schwer, weil es beide verdient gehabt hätten. Also habe ich das über ein Computerprogramm auslosen lassen.“ Lilian Schirmbeck hatte Glück, im Grunde sogar zweifaches Losglück – und wurde nun nicht nur mit der Teilnahme, sondern auch mit diesem besonderen Turnierauftakt und einer ausgelosten Teamwertung (ein Futures- und ein Masters-Teilnehmer bilden ein Duo) an der Seite von Vincent Keymer beschenkt. Der stolze Papa Markus Schirmbeck hielt den besonderen Augenblick mit der Videokamera fest. Nun muss sie sich, als eine der Jüngsten und mit der zweitniedrigsten Elo-Zahl, in neun Runden gegen überwiegend ältere Gegnerinnen (meist Jahrgang 2011) beweisen. „Ich traue ihr in diesem interessanten Turnier aber sehr viel zu“, sagt Vökler, „sie ist trotz ihrer Jugend schon eine stabile Spielerin.“
Aufsaugen wird die junge Dame vom SK Halle 1946 aus Westfalen auch das Flair dieser Veranstaltung, die sehr gut organisiert ist. Das Festival wächst stetig – nicht nur in Bezug auf Beliebtheit und Spielerstärke. Vor allem im Masters ballt sich die Prominenz. Wie gut das Turnier besetzt ist, zweigt sich daran: Der tschechische GM Thai Dai Van Nguyen, der im Januar das Challengers-Turnier in Wijk aan Zee gewinnen konnte, liegt nur auf Rang neun der Setzliste. Topgesetzt ist der 2755-Elo-Mann GM Yi Wie aus China (die Nummer acht der Welt) vor Indiens GM Rameshbabu Praggnanandhaa (2741), GM Quang Liem Le (Vietnam, 2739) – und Keymer, aktuell mit 2731 Elo. „Das Feld ist wieder sehr stark“, sagte er am Rande der Veranstaltung: „Runde für Runde wird eine Herausforderung.“
Der deutsche Aspekt: Im D-Open sammeln sich gleich 44 Spielerinnen und Spieler aus dem DSB-Bereich. Nur Tschechien stellt mit 101 Spielern und Spielerinnen mehr Teilnehmer. Auch hier noch sehr viele deutsche Titelträger: GM Hagen Poetsch, WGM Hanna Marie Klek, WGM Fiona Sieber, IM Christopher Noe, IM Adrian Gschnitzer, FM Tobias Kolb, FM Oliver Stork, FM Christian Glöckler, FM Julius Chittka, FM Simon Knudsen, FM Jonas Gallasch, FM Jakob Weihrauch. (mw)
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36312