25. April 2025
Nationalspielerin WGM Jana Schneider fand es "teilweise schon überwältigend", was sie am Freitag in der Stadthalle Deggendorf erlebte, "so viele Menschen, die uns spielen sehen wollen." In der Tat drängten sich die Fans dicht an dicht um die spannendsten Bretter bei der Zentralen Endrunde der Schach-Bundesligen in Deggendorf. Das galt nicht nur für Jana Schneider und ihre gewonnene Partie gegen WGM Alicja Sliwicka (Rodewischer Schachmiezen) für den weiterhin souveränen Tabellenführer in der Frauenbundesliga, SC Bad Königshofen - sondern auch für viele anderen Duelle. Genannt sei hier nur die Partie der beiden Kumpels und Nationalspieler in der Bundesliga, GM Vincent Keymer und GM Dmitrij Kollars.
Ein eher unspektakuläres Remis, "nicht gerade spannend", wie Keymer sagt - aber eben zwei Lieblinge der Fans. Beide waren sich am Ende einig, dass die Punkteteilung in Ordnung ging. "Im Grunde hatte keiner von uns eine große Siegchance", so Keymer im Gespräch mit dem DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit. "Ausgeglichen halt", ergänzte Kollars, "auch wenn Vincent ein bisschen was versucht hat:"
Interessante Partien zuhauf. Da störte es auch nicht, dass das Star-Aufgebot durchaus überschaubar war in Deggendorf. Viele hatten mehr Stars erwartet - vielleicht sogar einen Weltmeister wie GM Dommaraju Gukesh, der aber nicht einflog. Sehr zum Leidwesen auch der Reporter von Chessbase India, die aber trotzdem zu berichten wussten, es handle sich bei der Bundesliga-Endrunde um die größte Liga der Welt und "the most beautiful chess venue". Einen wunderschönen Veranstaltungsort hatten sie also vorgefunden. Als Beweis sendeten sie Bilder von Kirchentürmen, Heiligenfiguren, grünen Parks und einer modernen Stadthalle nach Indien. Wahrlich beautiful, dieses Niederbayern. Nur gibt es leider am ICE-Bahnhof Plattling keine Taxis - dafür aber eine Waldbahn nach Deggendorf. Die hätte Gukesh gefallen.
Einen indischen Hochkaräter konnte der Ausrichter, Professor Johannes Grabmeier vom SV Deggendorf dennoch gesondert begrüßen: GM Arjun Erigaisi, die Nummer vier der Welt, kämpfte und siegte für den Topfavoriten Düsseldorfer SK. 6,5:1,5 gegen die SG Solingen - morgen könnten die Rheinländer schon Meister sein. Erigaisi schwärmte nach seiner Partie gegen GM Max Warmerdam im Interview mit Matthias Wolf und Levian Raschke vom DSB-Team Öffentlichkeit. Er liebe die Bundesliga. "Ich finde wirklich, dass es die stärkste Liga der Welt ist", so der Inder: "So viele Top-Spieler, eine tolle Location und Atmosphäre." Ja, sagte er lächelnd: "Sehr nett hier." Und anspruchsvoll.
Neben Keymer gleich vier Top 20-Spieler mit Erigaisi, GM Anish Giri, GM Wesley So und GM Mamedyarov Shakhriyar. Dazu die deutschen Nationalspieler GM Matthias Blübaum und Kollars. Die schauten auch begeistert am DSB-Mikrofon vorbei. "Mir gefällt es hier richtig gut", so Blübaum, "es ist nicht so einfach, eine so große Veranstaltung zu organisieren. Ich bin sehr zufrieden, wie das hier geplant wurde." Blübaum war auch zufrieden mit seinem Schwarz-Remis, "ein normales Ergebnis", und nahm sich Zeit für ewinige Fans - und eine Plauderrunde mit GM Jan Gustafsson, dem streamenden Bundestrainer.
SG Solingen | 1½:6½ | Düsseldorfer SK |
FC St. Pauli | 3½:4½ | SV Werder Bremen |
OSG Baden-Baden | 4½:3½ | Schachfreunde Deizisau |
SV Deggendorf | 3:5 | FC Bayern München |
USV TU Dresden | 4:4 | SF Bad Mergentheim |
SC Heimbach-Weis-Neuwied | 2:6 | SC Viernheim |
SK Kirchweyhe | 4:4 | SV Mülheim Nord |
Ergebnisse: DSB-Ergebnisdienst | Schachbundesliga e.V.
Live-Partien: Lichess | Chess
Pl. | Mannschaft | MP | BP | 26.4. | 27.4 |
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1. | Düsseldorfer SK (N) | 24:0 | 70,0 | Heimbach (11.) | Viernheim (2.) |
2. | SC Viernheim (M) | 21:3 | 62,5 | Solingen (8.) | Düsseldorf (1.) |
3. | OSG Baden-Baden | 20:4 | 58,0 | Kirchweyhe (10.) | Mülheim (15.) |
4. | Schachfreunde Deizisau | 15:9 | 52,0 | Mülheim (15.) | Kirchweyhe (10.) |
5. | SV Werder Bremen | 12:12 | 48,0 | Deggendorf (14.) | Bayern (12.) |
6. | USV TU Dresden | 12:14 | 46,0 | - | Hamburg (7.) |
7. | Hamburger SK | 11:13 | 50,0 | Mergentheim (13.) | Dresden (6.) |
8. | SG Solingen | 11:13 | 47,5 | Viernheim (2.) | Heimbach (11.) |
9. | FC St. Pauli (N) | 10:14 | 44,0 | Bayern (12.) | Deggendorf (14.) |
10. | SK Kirchweyhe | 9:15 | 43,0 | Baden-Baden (3.) | Deizisau (4.) |
11. | SC Heimbach-Weis-Neuwied | 8:14 | 42,5 | Düsseldorf (1.) | Solingen (8.) |
12. | FC Bayern München | 8:16 | 41,5 | St. Pauli (9.) | Bremen (5.) |
13. | SF Bad Mergentheim (N) | 7:19 | 42,0 | Hamburg (7.) | - |
14. | SV Deggendorf (N) | 7:17 | 41,5 | Bremen (5.) | St. Pauli (9.) |
15. | SV Mülheim Nord | 7:17 | 39,5 | Deizisau (4.) | Baden-Baden (3.) |
16. | SK Doppelbauer Turm Kiel | - | - |
In der Frauenbundesliga führten GM Elisabeth Pähtz und IM Dinara Wagner (beide siegreich) als deutsche Top-Spielerinnen das Feld an. Hinzu kamen noch zwei Top-20-Spielerinnen mit GM Alexandra Kosteniuk und GM Nino Batsiashvili. Die wurde prompt von WGM Hanna Marie Klek auseinandergenommen. "Es lief sehr gut bei mir", sagte sie - leider nicht beim Rest des Teams. Kleks Sieg war der einzige für die SF Deizisau gegen den SK Schwäbisch Hall.
Elisabeth Pähtz, sichtlich erholt, hatte auf das grenke Open verzichtet, um für die Bundesliga wieder fit zu sein. Sie gewann auch prompt ihre Partie gegen WIM Tea Gueci - und die OSG Baden-Baden das Spiel gegen Bayern München mit 5,5:0,5. "Ich fühle mich gut und freue mich wirklich darüber hier zu sein", sagte Pähtz, wenngleich sie kein großer Fan der gemeinsame Endrunde mit der Bundesliga ist. Der Kontakt zu den Männern sei aus Zeitgründen ohnehin überschaubar, zudem hätten viele Frauenteams den Eindruck, dass die Topstars der Männer viel mehr im Focus stehen würden. "Es ist familiärer und der Blick aufs Frauenschach intensiver, wenn wir bei der Endrunde unter uns sind." Das sehen auch andere so, wie Jürgen Müller, der Vorsitzende des SC 1957 Bad Königshofen. "Meine Spielerinnen sehen es zum großen Teil so: Hier sind sie wie ein Blumenstrauß auf dem Tisch", so Müller, "bei einer eigenen Endrunde wären sie die Kronleuchter."
Aber, um der Wahrheit genüge zu tun: Zahlreiche Spielerinnen finden es gut, mal gemeinsam mit den Männern zu spielen. "Ich finde, das ist schon was Besonderes", so WGM Hanna Marie Klek. "Ich liebe dieses Event", sagte CM Alina Fichte-Rath von der SG Löberitz, während ihr Blick in den Saal schweifte, "gerade weil es so groß ist." Übrigens: Die Männer blieben in "ihrer" Bundesliga diesmal unter sich - keine der sieben Frauen, die in dieser Saison schon zum Einsatz kamen, wurde in der Bundesliga nominiert.
Apropos Kronleuchter, um das Bild von Jürgen Müller nochmal aufzugreifen: Von einigen Seiten kam Kritik an den Lichtverhältnissen in der Stadthalle in Deggendorf. "Das ist hier viel zu duster", sagte Stefan Martin, der Teamchef des SC Viernheim, "bei uns wollten sie mal ein Bundesligaspiel wegen ähnlich schlechter Lichtverhältnisse abbrechen." Man habe damals zusätzliche Lampen rankarren müssen. Martin beschwerte sich offiziell bei den Referees. Klaus Deventer, verantwortlicher Schiedsrichter für die Frauenbundesliga, räumte - ebenso wie seine Kollegen - das Manko ein, "aber wir können nichts machen". Tatsächlich geben die Leuchten im ansonsten sehr schicken Saal nicht mehr her, wie auch eilends herbeigerufene Saaltechniker einräumten. "Wir hatten noch nie Beschwerden", sagten sie. Tja, Schachspieler und -spielerinnen sind halt anspruchsvoll. Wobei, man konnte auch da das Glas halbvoll sehen. Wie FM Lara Schulze: "Mein Platz wurde kurz vor Rundenbeginn noch verlegt", sagte sie, weg vom dunklen Vorhang am Saalende, mehr in die Mitte, "ich wurde also upgegradet." Sprach es und lachte. Erst recht, weil sie auf dem Brett auch beste Sicht hatte - und gegen IM Eline Roebers siegte.
"Die Deggendorfer haben hier wirklich alles gegeben", lobte Ingrid Lauterbach, die Präsidentin des Deutschen Schachbundes, "und eine schöne Veranstaltung auf die Beine gestellt." Der SV Deggendorf hatte sich die Zentrale Endrunde zum 100. Geburtstag gesichert. "Wir haben uns damit das schönste Geschenk gemacht", sagte Grabmeier - und wurde gleich noch globaler: "Schach ist ein mächtiges Instrument zur internationalen Verständigung." Und in der Tat: Im niederbayerischen Deggendorf saßen rund 200 Spielerinnen und Spieler aus über 30 Nationen am Brett. "Hochkarätiges Schach, eine herausragende Veranstaltung" schwärmte Markus Schäfer, der Präsident der Bundesliga: "Danke, dass wir hier sein dürfen." (mw)
Kurz noch zum Sportlichen. Hatte manch einer auf einen Ausrutscher der Tabellenführer SC Bad Königshofen und Düsseldorf gehofft, um noch einmal Spannung in die Liga zu bekommen, so wurde er enttäuscht. Die Rodewischer Schachmiezen, übrigens schon vor der Wende Freundschaftsverein von Königshofen und heute Reisepartner, haben es zwar in der Vergangenheit auch schon geschafft, die Königshofenerinnen zu besiegen (und das sogar zweimal in Unterzahl, wie Teamchef Müller betonte) - aber diesmal gab sich der Tabellenführer keine Blöße. "Wir waren froh, dass sie vollzählig gekommen sind und mit ihrem stärksten Aufgebot. Da mussten wir alles geben", so Jana Schneider. "Wir haben uns gut vorbereitet und alle Spielerinnen eingeschworen nicht übermütig zu werden", sagte Müller: "Uns ist aber klar, dass es noch ein hartes Stück Arbeit bis zum Titelgewinn wird." Morgen mehr dazu.
Eine bittere Niederlage im Abstiegskampf erlebte das SZ Seeblick Dippoldiswalde. Man führte bereits 2,5:0,5 gegen den direkten Konkurenten SG Löberitz - bis die Zeitnot und enge Stellungen noch für drei Niederlagen sorgten. Ein Drama zu später Stunde in einem scholn sehr leeren Saal. "Es war ein wichtiges Spiel", sagte Mirjam Peglau, die in ihrer Partie gegen Alina Fichte-Rath eine Zugwiederholung vermied, aufs Ganze ging und siegte. Am Ende zu wenig, weil sich ihr banger Blick auf die anderen Bretter bestätigte. "Jetzt müssen wir es halt in den anderen Runden noch rocken." (mw)
TuRa Harksheide | 3½:2½ | Hamburger SK |
SG 1871 Löberitz | 3½:2½ | SZ Seeblick Dippoldiswalde |
SG Solingen | 5:1 | SV Hemer 1932 |
SC 1957 Bad Königshofen | 5:1 | Rodewischer Schachmiezen |
Schachfreunde Deizisau | 1½:4½ | SK Schwäbisch Hall |
OSG Baden-Baden | 5½:½ | FC Bayern München |
Ergebnisse: DSB-Ergebnisdienst | Schachbundesliga e.V.
Live-Partien: Lichess | Chess
Pl. | Mannschaft | MP | BP | 26.4. | 27.4 |
---|---|---|---|---|---|
1. | SC 1957 Bad Königshofen | 18:0 | 42,5 | Harksheide (7.) | Hamburg (4.) |
2. | OSG Baden-Baden | 16:2 | 38,5 | Deizisau (8.) | Hall (3.) |
3. | SK Schwäbisch Hall (M) | 13:5 | 37,0 | Bayern (11.) | Baden-Baden (2.) |
4. | Hamburger SK | 11:7 | 30,5 | Rodewisch (5.) | Königshofen (1.) |
5. | Rodewischer Schachmiezen | 11:7 | 28,5 | Hamburg (4.) | Harksheide (7.) |
6. | SG Solingen | 9:9 | 28,0 | Löberitz (9.) | Dippoldiswalde (10.) |
7. | TuRa Harksheide | 9:9 | 26,5 | Königshofen (1.) | Rodewisch (5.) |
8. | Schachfreunde Deizisau | 7:11 | 24,0 | Baden-Baden (2.) | Bayern (11.) |
9. | SG 1871 Löberitz | 5:13 | 20,0 | Solingen (6.) | Hemer (12.) |
10. | Seeblick Dippoldiswalde (N) | 4:14 | 16,5 | Hemer (12.) | Solingen (6.) |
11. | FC Bayern München (N) | 3:15 | 16,5 | Hall (3.) | Deizisau (8.) |
12. | SV Hemer 1932 (N) | 2:16 | 15,5 | Dippoldiswalde (10.) | Löberitz (9.) |
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36380