Trauerflor über den Deutschen Meisterschaften: Gedenkminute für Gregor Johann. Tetyana Kostak holt den Titel, Hagen Poetsch gewinnt das Kandidatenturnier.

Katharina Reinecke

Es gibt Momente, da fällt es schwer, sich wieder aufs Sportliche zu konzentrieren. Heute, am siebten Tag der Deutschen Meisterschaften in Ruit, war so ein Moment. Schachspielen mit dem Gefühl der Trauer, einem Kloß im Hals, ja: auch mit Tränen in den Augen – das ist hart. Fast alle im Spielsaal kannten Gregor Johann, der auf tragische Weise beim Wandern ums Leben gekommen ist. Die deutsche Schachfamilie hat ein anerkanntes und vor allem sehr beliebtes Mitglied verloren, betonte Bundesturnierdirektor Michael Rütten. Es war sichtlich nicht einfach für ihn, aber er fand sehr bewegende Worte der Würdigung für Gregor Johann, der nur 55 Jahre alt wurde. Bevor wieder gespielt wurde, gab es eine Gedenkminute und alle erhoben sich. Danach fiel es aber vielen Spielerinnen und Spieler sichtlich schwer, sich sofort in ihre Partien zu stürzen. Aber sie taten es. Gregor hätte es so gewollt.

Deutsche Frauen-Einzelmeisterschaft

Heute fielen auch Entscheidungen in zwei Turnieren. Bei der Deutschen Einzelmeisterschaft der Frauen gewann WFM Tetyana Kostak ihr Heimspiel, freute sich kurz – und wollte danach aber nur noch „heim zur Familie. Die Woche war anstrengend“. Die 53-Jährige vom Schachclub Strateg Stuttgart spielte zum Abschluss Remis gegen Anna Wilmink und war mit ihren sieben Punkten nicht mehr von der Spitze zu verdrängen. Glückwunsch an die neue Deutsche Meisterin. Zweite wurde WFM Jovana Miljkovic vor Kristin Braun.

Katharina Reinecke

Deutsche Einzelmeisterschaft / Kandidatenturnier

Die zweite Entscheidung heute: GM Hagen Poetsch und FM Marco Dobrikov sicherten sich die beiden ersten Plätze, die im kommenden Jahr zur Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft berechtigen. Bei Hagen Poetschs Analyse kamen jedoch Zweifel auf, ob ihm das wirklich so wichtig ist. Dazu muss man wissen: Poetsch spielt auch sehr erfolgreich das Computerspiel Tetris. Vor einem Jahr wurde der Deutsche Tetrismeister von 2020 auch noch Weltmeister im Tetris in der DAS-Variante. „Damit habe ich im Leben ja eigentlich schon alles erreicht“, grinste er schelmisch, um dann aber doch einzuräumen: „Das Kandidatenturnier zu gewinnen ist schwerer als Tetris-Weltmeister zu werden.“

Katharina Reinecke

Deutsche Einzelmeisterschaft / Meisterklasse

In der DEM-Meisterklasse behauptete GM Dmitrij Kollars durch das Remis gegen GM Rasmus Svane seine Führung nach sieben von neun Runden – mit 4,5 Punkten. Dahinter platzieren sich vier Verfolger mit vier Zählern.

German Masters der Frauen

Beim German Masters der Frauen krault WGM Kateryna Dolzhykova auch nach der siebten Runde weiter auf der Erfolgswelle. Mittlerweile hat sie mit WGM Fiona Sieber (Sieg gegen FM Lara Schulze) die Führung übernommen. Beide sind mit 5,5 Punkten super unterwegs. Da Dolzhykovas Partie gegen Dora Peglau schon recht früh erfolgreich beendet war, hätte sie auch mal einen Blick auf die Konkurrenz werfen können. Das hat sie aber nicht wirklich interessiert. Und das scheint momentan auch ihr Rezept zu sein: „Ich gucke nicht auf die anderen, sondern konzentriere mich auf mein Schach. Der Rest kommt von alleine.“ Ähnlich unbelastet ging auch die U18-Meisterin Coco Lepu Zhoo das Turnier an – und auch bei ihr zahlt sich das aus. Mit der geringsten Elo-Zahl als Außenseiterin angetreten, besiegte sie heute in einer exotischen Partie Steffi Arnhold, und hat jetzt schon 4,5 Punkte. Damit gehört sie zum Verfolgerfeld. (mw)

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