18. November 2024
Schachturniere mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus ganz Europa auf Lichess, Seminare zu Safe Sports und Coaching mit Teilnehmerinnen der Schacholympiade 2024 – ein hochinteressantes Paket. Und das gibt es am Wochenende des 30. November und 1. Dezember. Ein vollgepacktes, spannendes Programm im Rahmen des Mädchen- und Frauenschachs unter dem Dach der European Chess Union (ECU).
Lilli Hahn ist Mitorganisatorin der Veranstaltung. Das Wochenende beschreibt sie im Gespräch mit Levian Raschke vom DSB-Öffentlichkeitsteam so: „Das Schachwochenende ist eine Veranstaltung für den Breitensportbereich. Wir haben Turniere, Trainingsprogramme, Vorträge - und hoffen mit diesem Angebot vielen Mädchen und Frauen Freude zu machen.“
Alleine am Samstag finden drei Schachturniere online statt. Darunter auch die „Schlacht der Föderationen“, wobei die jeweilige Spielerin für ihr Land antritt. Die drei Bestplatzierten des Turnier können sich auf ein Coaching mit IM Dinara Wagner freuen. Doch nicht nur die Turniere sind ein Highlight, betont Lilli Hahn: „Der europäische Gedanke ist natürlich die Besonderheit. Das heißt, jeder kann mitspielen, egal ob Titelträgerin oder ganz normale Spielerin.“ Die Turniere sind übrigens auch offen für alle männlichen Schachfreunde – Gleichberechtigung mal andersrum...
Dazu gibt noch andere Angebote, wie die Seminare und Coachings am Sonntag. Die Seminare leiten Emilia Castelao zum Thema „Safer Play bei Schachturnieren“, beim Thema „Marketing Damenschach“ können sich die Teilnehmerinnen (bei diesen Kursen sind wirklich nur Mädchen und Frauen zugelassen) auf WIM Ayelen Martinez freuen. Die Seminare haben ein Ziel: „Wir versuchen, mit den Kursen möglichst unterschiedliche Themen abzudecken und somit unterschiedliche Gruppen für den Schachsport zu begeistern“, sagt Lilli Hahn. Dazu tragen auch die Coachings einen wichtigen Anteil bei. Denn direkt nach den Seminaren gibt es spezifische Schachcoachings für Spieler mit einer Elo unter 1700, sowie spielstärkeren Spielern mit einer Elo von über 1700. Das Intermediate Training wird von WGM Tereza Rodshtein geleitet, für die Fortgeschrittenen ist IM Ekaterina Atalik verantwortlich. Die Trainingseinheiten sind Teil von Hahns zweitem Ziel: mehr Angebote schaffen. Reine Frauen –und Mädchenangebote in den einzelnen Landesverbänden sind selten – oder oft gar nicht existent: „Wir möchten ein Zusatzangebot schaffen, das für die Verbände ohne zusätzliche Kosten verbunden ist. Die Verbände können das Angebot bewerben und die Mädchen haben die Möglichkeit bei den Veranstaltungen teilzunehmen.“
Das Schachwochenende soll auch den Blick auf die aktuelle Situation der Frauen im deutschen Schachsport lenken. Unter den knapp 97 400 Mitgliedern im Deutschen Schachbund sind nur 9 600 Frauen. Nicht einmal 10 Prozent beträgt also der Frauenanteil. Lilli Hahn, ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Schachjugend (DSJ), sieht die Entwicklung hier mit zwiespältigen Gefühlen: „Wie haben einerseits an der Spitze viele gute Spielerinnen und wir haben ein sehr starkes Frauen-Nationalteam“, sagt sie: „Ich glaube trotzdem, dass Frauen nach wie vor eine viel zu kleine Rolle im DSB spielen. Wir sind die klare Minderheit – und das sollte sich perspektivisch ändern.“ In Bezug auf die nackten Zahlen hat Hahn jedenfalls eine klare Meinung: „Es ist auf jeden Fall ein Problem, dass es nur so wenige Frauen im DSB gibt. Man sieht, dass auch bei den Mädchen und Frauen eben doch ein Grundinteresse an Schach besteht. Aber um die zehn Prozent endlich zu überschreiten, muss man auch ein Angebot schaffen, bei dem Mädchen und Frauen sich wirklich wohlfühlen – und nicht nur das Gefühl haben mitspielen zu dürfen.“ Mehr Frauen im Schach würden zudem einen entscheidenden Vorteil bedeuten: „Ich bin der Meinung, dass im Sport Vielfalt immer sehr bereichernd ist. Die Schachszene kann davon auch profitieren, wenn sie diverser ist“, bekräftigt die Mitorganisatorin des Schachwochenendes. Natürlich kann das 3. ECU Schachwochenende der Frauen und Mädchen die aktuelle Lage nicht schlagartig verändern, aber Lilli Hahn betont: „Die Hoffnung ist schon, dass durch die Veranstaltung mehr Frauen und Mädchen zum Schachsport finden. Vor allem aber soll das Wochenende auch Spaß machen und eine Möglichkeit geben für den internationalen Austausch.“
So könnte das dritte ECU-Schachwochenende neben tollen Angeboten für Frauen und Mädchen aus ganz Europa noch mehr bewirken: Es soll die Schachszene nachhaltig beeinflussen mit einem klaren Ziel: mehr Frauen und Mädchen an den Brettern braucht das Land. (lr)
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36203