29. September 2015
"Wir sind auf der Titelseite der FAZ!" begrüßte mich Hans Bodach im Parkhaus des Leipziger Hauptbahnhofes am Sonnabendmorgen. Jedenfalls glaubte ich das zu hören und fragte ungläubig "Frankfurter Allgemeine Zeitung?" "Nein, Leipziger Volkszeitung." Na immerhin, auch das muß man erstmal schaffen! Wann findet man sonst schon etwas über Schach als Aufmacher auf regional bedeutsamen Presseerzeugnissen. Außerdem stand der Bahnhof auf diese Weise nicht negativ in den Schlagzeilen, denn an diesem Wochenende fuhr auf Europas größtem Kopfbahnhof überhaupt nichts! Wegen Bauarbeiten verkehrten für 72 Stunden keine Züge.
Ob der fehlende Durchgangsverkehr schuld daran gewesen ist, das nicht die geplanten 100 Bretter besetzt werden konnten? Durchaus möglich, wobei die Laufkundschaft sich doch eher selten spontan an die Bretter setzt. Zudem sind die Promenaden im Bahnhof mit ihren vielen Geschäften und Cafes immer gut besucht und laden zum Verweilen ein. Und natürlich lud auch Schach zum Verweilen ein.
36 Bretter waren aufgebaut, 32 Bretter konnten am Ende besetzt werden. Turnierleiter Hans Bodach entschied sich für ein Uhrensimultan der vier Großmeister Lothar Vogt, Uwe Bönsch, Raj Tischbierek und Klaus Bischoff. Jeder bekam genau wie ihre 7 bis 9 Gegner je eine Stunde Bedenkzeit. Die Aufteilung von je acht Gegnern auf die Meister ließ sich leider nicht ganz umsetzen. So bekam es Tischbierek mit neun Gegnern zu tun, während Bischoff nur sieben Kontrahenten zu bearbeiten hatte.
Ungleich wie die Brettanzahl war auch der Bedenkzeitverbrauch der vier Meister. Während Klaus Bischoff gewohnt schnell von Brett zu Brett huschte, nahm sich der DSB-Sportdirektor und amtierende Geschäftsführer Uwe Bönsch etwas mehr Zeit für seine acht Partien. Nicht nur einmal lief an gleich mehreren Brettern seine Uhr. So stand am Brett von Pascal Auggenthaler am Ende die Frage im Raum, ob die Partie durch Matt oder Zeitüberschreitung beendet wurde. Matt beim 12-jährigen Pascal oder Zeitüberschreitung bei Bönsch. Die Stellung war jedenfalls materiell auch klar für den Großmeister entschieden.
Einziger Bezwinger des großmeisterlichen Quartetts war übrigens der 12-jährige Kasimir Lieberwirth. Er gewann damit nicht nur wie alle anderen erfolgreichen Mitstreiter einen Buchpreis, sondern durfte sich auch den Fragen eines Reporters der Leipziger Volkszeitung stellen. "Ich habe eine gute Kombination gefunden und dann ergab sich der Sieg zwangsläufig" diktierte er dem Journalisten in den Schreibblock. Auch das stand am Tag darauf in der Zeitung, zusammen mit einem Foto von Raj Tischbierek, der sich in der einstigen Heimatstadt über den Besuch seiner Familie freuen durfte. Die Eltern und seine Schwester plazierten sich über Stunden direkt am Spielareal.
GM Klaus Bischoff | GM Uwe Bönsch | GM Lothar Vogt | GM Raj Tischbierek |
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1 Thomas Broß | 1 Pascal Auggenthaler | 1 Stefan Kratzsch | 1 Peter Bald |
½ Jens Dechering | 1 Konstanze Ortlepp | 1 Jonael Bosch | ½ Olaf Dobierzin |
1 Joey Deutsch | ½ Heiko Dietrich | ½ Wolfram Hille | 1 Wolfgang Kretschmar |
1 Heiko Hübner | 1 Jürgen Rudolph | 1 Jens Lehnich | 1 Louis Amon Poster |
1 Klaus Kläber | ½ Hannes Schille | 0 Kasimir Lieberwirth | 1 Dirk Rose |
1 Klaudia Ortlepp | 1 Dietmar Weser | 1 Peter Naumann | 1 Noah Rose |
1 Adam Seidel | 1 Werner Schröter | 1 Rene Schilling | 1 Steffen Schille |
1 Peter Langer | 1 Ronald Klatt | 1 Michael Apitzsch | |
1 Martin Michalek | |||
6½:½ | 7:1 | 6½:1½ | 8½:½ |
Mehr Fotos vom Simultan gibt es demnächst. [Update 16.05.2019: Fotogalerie]
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 20265