7. Dezember 2005
Thriller im Gepäck
Schach-Bundestrainer Bernd Vökler aus Apolda über Elisabeth Pähtz, Computer und Olympia 2008.
Interview der Thüringischen Allgemeinen vom 30. November - mit freundlicher Genehmigung des Redakteurs:
Seit 2003 ist der Apoldaer Bernd Vökler als Bundestrainer für den deutschen Schachnachwuchs verantwortlich. Der WM-Titel von Elisabeth Pähtz in Istanbul war auch sein bisher größter Erfolg. TA sprach mit dem 42-jährigen Fide-Meister.
Was macht ein Schachtrainer während eines WM-Turniers?
Neben der schachlichen Vorbereitung - ich war für die drei deutschen Starter Sarah Holt, Elisabeth Pähtz und Hannes Rau zuständig - spielt die Vermeidung des Lagerkollers eine große Rolle. Immerhin dauerte die WM 15 volle Tage. So sind wir am Ruhetag gemeinsam durch Istanbul gebummelt.
Wie läuft ein Tag ab?
Nach einem ziemlich festen Schema. Theoretische Vorbereitung am Vormittag. Nach dem Mittagessen haben wir über die Partie gesprochen. Neben den Varianten musste das Ziel definiert werden. 13 Runden sind sehr lang und manchmal ist ein Remis ein gutes Resultat. 15.30 Uhr begann die Partie. Danach wird analysiert und sich auf die neuen Kontrahenten eingestellt.
Wie groß ist der Anteil eines Trainers im Schach?
Schwer zu sagen. Letztlich spielen die Akteure selbst und nicht alle schachlichen Ideen des Trainers sind auch etwas wert in der tatsächlichen Auseinandersetzung am Brett.
Was trauen Sie Elisabeth Pähtz für die Zukunft zu?
Ich traue ihr eine Elozahl von 2500 zu. Wenn sie die Bundeswehr gut nutzt und trainiert, könnte sie unter die Top-Five der Frauen kommen. Als Erfurter Schachspieler wünsche ich mir ihre Rückkehr in die Bundesliga zum Erfurter SK.
Was sind ihre Stärken und was ihre Schwächen?
Elisabeths Stärken sind ohne Zweifel ihr Gedächtnis, die ausgeprägte Fähigkeit der Variantenberechnung, das Feeling für Möglichkeiten auf dem Brett. Nachholbedarf hat sie in Sachen Selbstdisziplin. Würde sie sich selbst besser organisieren, wären ihre Ergebnisse noch besser.
Wie steht es um die anderen Talente in Deutschland?
Mit Blick auf die Schach-Olympiade 2008 in Dresden werden die besten Spieler in einem Olympiateam zusammengefasst. Die 15-jährige Leipzigerin Melanie Ohme und die 14-jährige Dresdnerin Elena Winkelmann waren zuletzt WM-Fünfte. Nun müssen und wollen sie sich an Elisabeths WM-Titeln messen lassen.
Liegt Schach im Trend?
Der Schachbund begreift die Olympiade 2008 zumindest als Chance und will damit werben. Immerhin ist die Schacholympiade nach Fußball-WM und Leichtathletik-WM drittgrößter Teamwettbewerb in der Welt.
Ist es im Zeitalter der Computer leichter, Schach zu lernen?
Es ist heute möglich, Schach zu lernen und zu spielen ohne einen Verein, ohne Verband, selbst ohne Partner. Ich halte aber weiter Schulschachgruppen und Kinderturniere, engagierte Eltern, Trainer und Vereine für unverzichtbar.
Nimmt man zu Turnieren eigentlich noch Bücher mit?
Nein. Außer Belletristik. So hatte Elisabeth zwei Thriller im Gepäck. Alle Informationen sind im Laptop zugänglich. Ich hatte aus alter Tradition ein Brett mit echten Holzfiguren dabei, aber das ist wirklich die Ausnahme.
Das Gespräch führte: Axel EGER
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 4041