9. Februar 2025
Am heutigen Sonntag endet das Trainingslager für die Kaderathleten und -innen des Deutschen Schachbundes in der Sportschule Oberhaching, morgen reisen alle ab. Es waren anstrengende Tage, wie aus dem Camp vermeldet wird. „Wir haben nur drei Trainingslager pro Jahr“, sagt Frauen-Bundestrainer GM Yuri Yakovich, „daher sind die Sitzungen immer sehr intensiv. Wir konnten aber eine Vielzahl von Mittel- und Endspielthemen behandeln.“ Auf Eröffnungsvorträge habe er diesmal bewusst verzichtet – zu dicht war der Lehrplan. Auch aus dem Trainingsraum der männlichen Kaderathleten kommt die Rückmeldung, man habe kaum Zeit und Muße für andere Dinge als Schach gehabt – obwohl die Sportschule reichlich Möglichkeiten für Ablenkung bietet. Kurzum: Es sei spannend gewesen, man habe viel gelernt – von einem wahren Meister seines Fachs. Manches davon klingt geheimnisvoll für Nicht-Insider. Der indische Talentschmied GM Ramachandran Ramesh habe als Trainer tiefe Einblicke „in die Schachpsychologie“ gegeben, so Athletensprecher GM Rasmus Svane.
Die beiden Trainer vor Ort haben vieles gemeinsam. Vorneweg ihr freundliches Wesen – sie lächeln sehr gerne. Aber auch ihre Detailverliebtheit, die Früchte trägt: Beide haben im Nachwuchsbereich ihre Meriten und gemeinsam mit ihren Schützlingen sehr viele Titel gesammelt – Ramesh gilt mit Blick auf über 70 Gold-Medaillen bei Welt- und Asienmeisterschaften als erfolgreichster Nachwuchstrainer der Welt. „Wir habe einen sehr jungen Kader“, sagt DSB-Sportdirektor Kevin Högy, „deshalb passt diese Konstellation sehr gut.“
Dreieinhalb Jahre arbeitet Yuri Yakovich nun bereits mit seinen „Girls“, wie er sie liebevoll nennt: „Wir kennen uns mittlerweile sehr gut, in unserem Team herrscht eine tolle Atmosphäre – unabhängig davon, wer gerade dabei ist.“ Diese Atmosphäre ist wichtig für Talente wie die 15jährige WFM Charis Peglau, die im Laufe der Woche zum Team stoßen konnte. „Ihre Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften im Nachwuchsbereich sprechen für ihr Potenzial“, sagt der Bundestrainer. Gut möglich, dass in den Nationalmannschaftskader im Laufe des Jahres noch Bewegung kommen wird – zumal GM Elisabeth Pähtz bereits angekündigt hat, dass sie die Mannschafts-Europameisterschaft im Herbst aus privaten Gründen wohl nicht spielen werde. Welche personellen Pläne hat Yakovich? „Die Kandidatinnen für das Nationalteam liegen in ihrer Spielstärke sehr nahe beieinander, daher ist es heute unmöglich zu sagen, wer eingeladen wird – sicher ist nur, dass Spieler mit über 2400 Elo in jedem Fall nominiert werden. Die restlichen Plätze sind völlig offen.“
Bei den Männern lehrte der Inder Ramesh, bekannt für seine Schachschule "Gurukul" in Chennai, die schon hunderte von starken Spielern hervorgebracht hat – und an der auch viele Topstars unterrichtet wurden. In Oberhaching wurden aus Schachspielern, sonst eher nachaktive Eulen – nun ja: Lerchen. Schon um acht Uhr (für Schachspieler wahrlich eine unchristliche Zeit) wurden die Spieler mit dem Bus von der Unterkunft zur Sportschule gefahren. Nach dem Frühstück ging es sofort an die Trainingsarbeit, die in der Regel so aussah: Ramesh saß den Spielern mit einem Laptop gegenüber, jeder hatte sein eigenes Brett – und dann wurden konkrete Stellungen und Partien besprochen, die er vorbereitet und bereits analysiert hatte. Rasmus Svane: „Inhaltsmäßig besprechen wir mit Ramesh einiges zur Schachpsychologie, unsere Herangehensweise an das Spiel - und wie wir uns weiterentwickeln können. Vieles geht da in Richtung Variantenberechnung.“
Klingt nach rauchenden Köpfen. Muss auch so sein, in einem Schach-Trainingslager, dass um 13 Uhr nur durch das Mittagessen und einen kurzen Spaziergang unterbrochen wird. Von 17.30 bis 19 Uhr war dann Sportzeit: Handball, Fußball, Basketball. Nach dem Abendessen wurde tatsächlich nochmal kurz trainiert, bevor der Shuttlebus kam. Der Tag klang für viele mit Gesellschaftsspielen oder am Computer aus. „Abends versuchen wir früh schlafen zu gehen, um für den nächsten Tag wieder fit zu sein“, sagt Rasmus Svane. Klingt wirklich nach anstrengenden Tagen. (mw)
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 36292