30. November 2011
Am 4. Juni wurde auf dem 101. Bundeskongress des Deutschen Schachbundes in Bonn das DSB-Führungsgremium für die kommenden zwei Jahre gewählt. Nach genau 100 Tagen Amtszeit am 12. September haben wir auf diesem Weg begonnen, Ihnen die Chance zu geben, die neue Mannschaft - also das DSB-Präsidium und seine Referenten - in der Rubrik Vorgestellt persönlich kennen zu lernen. Wir haben dabei allen bewusst die gleichen sechs Fragen gestellt. Nach Niklas Rickmann, Vizepräsident Verbandsentwicklung, Sportdirektor Horst Metzing, Michael S. Langer, Vizepräsident Finanzen, Stellvertretender DSB-Präsident, Dr. Christian Warneke, 1. Vorsitzender der Deutschen Schachjugend, Joachim Gries, Vizepräsident Sport, Dan-Peter Poetke, Referent für Frauenschach, Helmut Escher, Referent für Seniorenschach, Klaus Deventer, Referent für Leistungssport, Ralph Alt, Bundesturnierdirektor, folgt heute Walter Pungartnik, Referent für Breitenschach.
Warum haben Sie auf dem DSB-Bundeskongress in Bonn für das Amt kandidiert?
Ganz ehrlich, ich war gar nicht auf dem diesjährigen Bundeskongress und ich hatte auch nicht vor, für ein Amt zu kandidieren. Nachdem aber mein Vorgänger Ralf Schreiber überraschenderweise nicht mehr für das Amt des Breitenschachreferenten kandidierte und auch kein anderer Kandidat aus der Versammlung bereit war, diese Aufgabe zu übernehmen, bin ich per Telefon angesprochen und gebeten worden, mich für das Amt des Breitenschachreferenten des DSB zur Verfügung zu stellen. Nach kurzer aber reiflicher Überlegung habe ich mich zur Kandidatur bereit erklärt, wohl wissend, das es besser gewesen wäre einen jüngeren Kandidaten zu wählen, denn ich bin immerhin Baujahr 1940. Mein Hauptgrund lag darin begründet, dass ich mit meiner Kandidatur verhindern wollte, den wichtigen Breitenschachbereich vielleicht für Jahre beim DSB verwaist zu lassen. Ich bin ja schon seit ca. 1986 Breitenschachreferent beim Schachverband Württemberg bin und auch jahrelang als Kommissionsmitglied im Breitenschachbereich des DSB aktiv gewesen. Aus Württemberg weiß ich, welche Chancen und Möglichkeiten hinsichtlich einer breiteren Mitgliederbasis und einer eventuellen positiven Mitgliederentwicklung damit verbunden sein können.
An welchen Projekten möchten Sie in den kommenden zwei Jahren mitarbeiten?
Vorrangig möchte ich vorerst die laufenden Projekte von Ralf Schreiber übernehmen und wo es sinnvoll erscheint anpassen, nachkorrigieren oder eventuell bündeln, um vielleicht noch eine bessere Akzeptanz und Erfolg bei den Vereinen und Schachspielern für diese Breitenschachaktionen und Projekten zu errechen. Dies kann nur mit der aktiven Hilfe der Breitenschachreferenten der Landesverbände und mit weiteren interessierten Schachfreunde, sowie in Zusammenarbeit mit den Vereinen und den übergeordneten Organisationen, wie Kreise, Bezirke und Verbände gelingen. Um diese Unterstützung möchte ich Sie recht herzlich bitten, denn nur Sie als Schachspieler und als Verein können diese Aktionen vor Ort wirklich leisten und erbringen. Mein Anteil kann nur im ideengebenden, beratenden und u.U. im unterstützenden Bereich, bis hin zu eventuellen finanziellen Zuschüssen und Anreizen (Ausschreibung von Preisen), liegen. Ferner werde ich mich stark machen, dass 2012 endlich wieder einmal eine Kommissionssitzung Breitenschach stattfinden wird.
Als zweiten Schwerpunkt sehe ich eine verbesserte Vereinsberatung durch den DSB mit dem Überbegriff „Der DSB-Vereins-Service“. Dieses Konzept gibt es ansatzweise bereits, und zwar im Breitenschachbereich - nur die meisten Schachfreunde und Vereine kennen diese Möglichkeit noch gar nicht. Diese Broschüre, Handhabung oder Leitfaden genannt, kann von der DSB-Homepage schon heute als Download abgerufen werden.
Immer wieder höre ich von Schachfreunden die Frage "Wo kann ich entsprechende Ideen, Anregungen, Hinweise und Tipps über Aktionsmöglichkeiten mit Durchführungshilfen/Beratung erhalten?" Sie finden dies in dieser Broschüre, die in Frage- und Antwortform aufgebaut ist. Das zukünftige Ziel soll jedoch sein, dieses Service-Angebot für alle Bereichen des DSB wie Jugend, Schulschach, Spielbetrieb, Leistungsschach, Öffentlichkeitsarbeit usw. auszubauen, damit dieser Service zu einem echten Dienstleistungsangebot des DSB für alle aktiven Vereine und Schachspieler wird.
Um als neuer DSB-Breitenschachreferent die erfolgreichen Projekte von Ralf Schreiber jedoch voranzutreiben und zukunftgerecht weiter entwickeln zu können, bitte ich um Unterstützung sowohl vom DSB-Präsidium als uach durch die Vereine und ihre Mitglieder, denn ohne die „Schaffer in den Vereinen“ läuft nichts!
Ein generelles Problem ist die schwindende Mitgliederzahl im Deutschen Schachbund. Was spricht Ihrer Meinung nach dafür, dass man Schach in einem Verein spielen sollte?
In einem gut geführten Schachverein findet man ein umfangreiches Angebot von Schachspielmöglichkeiten, gesellige Kontakte, Unterhaltung, soziale Bindungen und nicht zuletzt Chancen, sich persönlich ehrenamtlich einzubringen. Ferner können Sie Ihre Spielstärke durch Schachkurse und Schachtraintraining ausbauen und verfeinern, sowie Erfahrungen mit anderen Vereinskollegen austauschen. Auch die Familie muss nicht unbedingt zu kurz kommen, denn in vielen Vereinen gibt es auch Angeboten für die ganze Familie wie gesellige Veranstaltungen, Feiern aller Art, Gartenfeste, Wanderungen, Ausflüge und vieles mehr.
Beim Schachspiel in Bekannten- oder Freundeskreis, oder über die vielen Internet-Schachanbieter können sie natürlich auch einige dieser aufgeführten Möglichkeiten nutzen, aber die ganze Vielfalt der aufgezeigten Angebote können sie nur in einem Schachverein finden!
Aber trotzdem, muss sich auch ein Schachverein um diesen modernen Medien- und Internetbereich kümmern und die Chancen, die sich daraus ergeben können, nutzen. Ich denke dabei schwerpunktmäßig an Trainingsmöglichkeiten und Öffentlichkeitsdarstellung (Homepage u.d.g.). Dies ist eine weiterer und wichtiger, ausbau- zukunftsträchtiger, Baustein in einem aktiven Schachverein.
Schach wird in der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Wie kann Ihrer Meinung nach dieser Zustand positiv verändert werden?
Indem sich die Schachvereine vor Ort so oft wie möglich öffentlich präsentieren und auch in der örtlichen Presse wahrnehmbar sind. Es genügt einfach nicht still und leise (wie es Schachspieler gewohnt sind) dem reinen Schachspiel nachzukommen und nur nach dem schachlichen Erfolg der Mannschaft oder des Einzelspielers zu streben, sondern die vorher aufgeführten schachsportlichen und öffentlichen Aktivitäten auch zu „leben“. Dazu gehört auch das schachliche Engagement in den Schulen mit Schachkursen, Schachturniere und vor allen Dingen mit Schach-AGs - ein Riesenchance für den aktiven Schachverein, ganz besonders im Bereich der Ganztagesschulen, denn SCHACH hat ein sehr gutes Image in der Bevölkerung und bei den meisten Eltern. Diese Chancen müssen Schachvereine vermehrt nutzen. Und ganz wichtig ist dabei, diese Aktionen müssen auch in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, unter dem Motto: „Tue Gutes und rede, bzw. schreibe/berichte darüber!“
Was halten Sie für die bemerkenswerteste Entwicklung im modernen Schach?
Die unglaubliche Entwicklung der Schachcomputer und Schachprogramme, von der Schachspielstärke bis hin zum Training und der Möglichkeit von zu Hause aus in der ganzen Welt SCHACH zu spielen. Wer hätte dies in den Anfangsjahren der ersten Schachcomputer, in den 1980er Jahren, für möglich gehalten. Wohl nur ganz wenige. Ich glaube, dass dies auch einen rasanten quantitativen Anstieg der allgemeinen Spielstärke und des Spitzenschachs hervorgerufen hat. Nur wir haben dies in allen Organisationsbereichen, vom Verband bis hin zu den Vereinen, noch nicht so richtig akzeptiert. Oft wird dieser Bereich nur als Konkurrent betrachtet, ich glaube da müssen wir alle umdenken.
Und wie würden Sie für Schach werben?
Die beste Werbung für SCHACH sind alle schachlichen und außerschachlichen Aktionen, die SCHACH im Allgemein oder einen Schachverein im Speziellen, für eine breite Öffentlichkeit attraktiv, interessant und bekannt machten. Dieser Grundsatz sollte sowohl im Verein als auch bis hin zum DSB konsequent umgesetzt werden. Die Schachorganisation, vom DSB bis hin zu den Landesverbänden, müssen dafür, neben den schon bestehenden Konzepten, ständig angepasste Weiterentwicklungen anbieten, die Vereine beraten, entsprechende Werbemittel bereitstellen und diesen Grundsatz auch vorleben. Bestes Beispiel ist die Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft - wohl einer der erfolgreichsten Turnierserie im DSB Bereich - die in der Saison 2011/12 bereits ihre elfte Auflage erlebt.
ZUR PERSON:
Walter Pungartnik, Jahrgang 1940, hat das Schachspiel mit ca. elf Jahren in der Schule, heutzutage „Schach-AG“ genannt, erlernt. Seit 1961 lebt der geborene Österreicher in Deutschland und ist seit 1972 deutscher Staatsbürger. 1966 hat der Bazillus SCHACH nach eigenen Worten „wieder zugeschlagen und seit dem war ich wieder Mitglied in mehreren Schachvereinen, ab 1976 bei der SVG Vaihingen/Enz in Württemberg, deren 1. Vorsitzender ich von 1978 bis 1997war“. Etwa um 1985 fand Walter Pungartnik durch eine Ausbildungsmaßnahme Zugang zum Schachverband Württemberg (SVW) und wurde ein Jahr später zum Breitenschachreferent des SVW und im gleichen Jahr zum Referenten im Bezirk Unterland gewählt. Seit 1991 arbeitet er parallel als SVW-Vizepräsident im Präsidium mit. Auch die Arbeit im DSB ist ihm seit 1988 nicht ganz unbekannt, da er seit dieser Zeit, in der Kommission Breitenschach, fast immer mit an Bord war.
P.S.: Sollten Sie im Übrigen Fragen an Walter Pungartnik haben, so schicken Sie diese bitte per E-Mail an breitenschach@schachbund.de oder an presse@schachbund.de.
Eine vertrauensvolle Kommunikation spiegelt nicht zuletzt stets eine gute Öffentlichkeitsarbeit wider. Und dieses sinnvolle Ziel können und wollen wir gemeinsam erreichen!
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 123